Eisenach. Der rastlose Jubilar spricht im Interview über die Amtszeiten als Eisenacher Chefcoach, seine Tätigkeit als Spielervermittler und den Saisonverlauf des ThSV

Einen Termin mit Handball-Trainer-Legende Hans-Joachim Ursinus zu bekommen ist schwierig. Als Geschäftsführer der Firma „U & I Transfer Sports Management“ ist er ständig auf Achse. Kaum zu glauben, dieser Mann begeht am Dienstag, 21. Januar, seinen 75. Geburtstag. Vom September 1974 bis April 1992 war er Cheftrainer der BSG Motor Eisenach und des nach der Wiedervereinigung gegründeten ThSV, bei dem er 2006 nochmals als Feuerwehrmann einsprang. Wir sprachen mit dem Jubilar.

Andere Menschen Ihres Alters haben sich schon längst zur Ruhe gesetzt, Sie sind ständig auf Achse?

Durch unsere Firma schaue ich mir viele Handballspiele von der mittleren Leistungsebene bis zum Spitzensport live vor Ort an, Thüringenliga, Oberliga, Spiele im hessischen Raum, aber auch in der 1, Bundesliga. Natürlich bin ich auch bei meinem Verein direkt vor der Haustür, beim ThSV Eisenach. Ich bin aber auch im Ausland unterwegs, beispielsweise in Veszprem und in Prag.

Ein Leben für den Handballsport. Was ist Positives, was Negatives haften geblieben?

Ein Leben ohne Sport kann ich mir nicht vorstellen. Insbesondere der Handballsport hat eine rasante Entwicklung genommen. Er ist eine echte Herausforderung für Spieler, Trainer und begeistert die Zuschauer. Meine berufliche Entwicklung, die mit 23 Jahren als Hochschullehrer an der Sporthochschule in Leipzig begann, sich mit 29 Jahren in der 1. Liga als Trainer fortsetzte und mich nun über Jahrzehnte bekleidet, im Kurzfazit: eine tolle Zeit. Negatives? Jeder Abschnitt hatte Sonnen- und Schattenseiten, aber das zeichnet das Leben aus und macht stark.

Wer prägte Ihre ganz persönliche Entwicklung? Wer waren Ihre unmittelbaren Weggefährten in all den Jahren?

Zuerst ganz klar mein Vater. Er hat mir die Liebe, den Ehrgeiz und den Enthusiasmus für den Handballsport vermittelt und meine Mutter hat alles begleitet, was manchmal auch nicht ganz einfach war. Als Leistungssportler beim europäischen Spitzenverein SC DHfK Leipzig prägte mich Paul Tiedemann, damals einer der weltbesten Handballer, als erster 100 Länderspiele absolvierend, zunächst als Mitspieler, danach als mein Club- und Auswahltrainer. Später Eisenachs Handball-Legende Trainer Werner Aßmann, der mich als Spieler in die Wartburgstadt holte. Während meiner Zeit bei Motor Eisenach mein langjähriger Weggefährte als Mitspieler, Mannschaftskapitän und Co-Trainer Rainer Osmann; mit ihm als Partner verband mich von 1974 an über fast zwei Jahrzehnte eine erfolgreiche Zusammenarbeit und Freundschaft. Als ich zum ThSV Eisenach zurückkehrte, im November 2006, der Verein am Abgrund des Leistungshandballs stand und der Fortbestand auf allen Ebenen abgesichert werden musste, half mir mein ehemaliger Mannschaftskapitän Detlef Henkel als Co-Trainer in vielfältiger Weise. Diesen Weggefährten bin ich besonders dankbar.

Zwei Mal Trainer in Eisenach, mit dem Comeback im November 2006 und dem jähen Ende im November 2008. Wie bewerten Sie mit Abstand die beiden Amtsperioden in Eisenach?

Der erste Abschnitt, das waren 18 Jahre, nahezu 900 Spiele auf der Eisenacher Bank. Dass ich dabei nur eine Handvoll der Spiele gefehlt habe, ist das größte Geschenk, was ich als Trainer bekommen konnte. Sportlich gesehen, dieser ungleiche, oft unfaire Wettbewerb gegenüber den Sportclubs, bekleidet von der fanatischen Handballbegeisterung des Eisenacher Publikums. Auch die zweite Amtsperiode habe ich insgesamt in positiver Erinnerung. Der Abschluss war nicht schön. Es tat weh, eine Sache nicht zu vollenden.

Der ThSV Eisenach spielt wieder in der 2. Liga. Wie bewerten Sie den bisherigen Saisonverlauf?

Die zweite Handballbundesliga hat eine ganz andere Qualität als die 3. Liga. Erfolge sind hier wesentlich schwerer zu erreichen. Nach vier Siegen in vier aufeinanderfolgenden Heimspielen setzten bei einigen unrealistische Träume ein. Zuletzt mussten vier Niederlagen hingenommen werden. Die Wahrheit liegt also irgendwo in der Mitte. Der erste Teil der Saison ist für den Wiederaufsteiger als positiv einzustufen. Herausragend, auch in der Zahl, die Unterstützung durch die Zuschauer. Kritisch sehe ich das Abwehrspiel, insbesondere im Innenblock. Da fehlt die Beinarbeit, die eine ganz große Rolle spielt. Es wird zu viel „mit langen Armen“ gearbeitet, die bei konsequenten Schiedsrichtern die Gefahr von Zeitstrafen erhöht. Für den bald beginnenden zweiten Teil der Punktspielsaison wünsche ich mir mehr Einsatzzeiten für die deutschen Spieler, die auch ihre Qualitäten haben.

Sie gehören dem neu gebildeten Ehrenrat des ThSV Eisenach an. Wo wollen Sie sich speziell einbringen?

Wenn ich gefragt werde stehe ich beratend zur Seite. Wenn Hilfe gebraucht wird, als Repräsentant, als Markenbotschaften des ThSV mit Sponsoren und Partnern zusammenzuarbeiten, werde ich dabei sein.

Wie verleben Sie den Tag Ihres 75. Geburtstages?

An meinem 60. Geburtstag war ich bei der WM in Tunesien, an meinem 73. war ich bei einer EM und nun verbringe ich meinen 75. bei den Spielen der Hauptrunde der aktuellen EM in Wien. Es ist also ansonsten ein ganz normaler Tag wie jeder andere. Eine „Ein-Mann-Feier in Wien“…

Rückblickend auf 75 Jahre, was würden Sie anders machen?

Nichts. Ich bin insgesamt zufrieden.