Erfurt. Im Gespräch mit dem Thüringer Fußball-Verband engagieren sich die Erfurter im Namen vieler Vereine für einen Stopp der Spielzeit in den Juniorenklassen.

Idyllisch liegt das Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) des FC Rot-Weiß Erfurt im Cyriaksgebreite unweit der Ega, in einer der schönsten Gegenden der Stadt. Während ein paar Meter weiter mannigfaltig die Blumen blühen, ist man im NLZ optimistisch, auch die eigene Nachwuchsarbeit wieder zum Blühen zu bringen.

Zum einen bemüht sich der FC Rot-Weiß seit Monaten, die drohende Aberkennung des NLZ-Status durch den Deutschen Fußball-Bund doch noch zu verhindern. Zum anderen engagiert er sich im Interesse vieler Vereine dafür, den Thüringer Fußball-Verband bei der Entscheidung, die Saison nicht nur im Erwachsenenbereich, sondern auch im Nachwuchs bis ins Jahr 2021 zu Ende spielen zu lassen, noch zum Umdenken zu bewegen.

Denn im Juniorenbereich hätte die Fortsetzung der Saison nicht für viele kleine Vereine, aber auch für den FC Rot-Weiß und andere, ebenfalls auf den Saisonabbruch hoffende Nachwuchs-Leuchttürme wie Carl Zeiss Jena, Wacker Nordhausen oder JFC Gera, weitreichende Folgen. Beispiel C-Junioren: Die U15 des FC Rot-Weiß führt souverän ihre Verbandsliga-Staffel an, würde eigentlich in die Regionalliga der nächsthöheren Altersklasse U17 aufsteigen. Doch das ginge nicht, denn diese vom Nordostdeutschen Fußballverband organisierte Liga wird bereits in die Saison 2020/21 gestartet sein, während eben diese in Thüringen wegen einer Verlängerung der unterbrochenen Spielzeit ausfallen würde.

Die Erfurter sind einer von zahlreichen leistungssportlich orientierten Vereinen, denen in einem solchen Szenario die besten Talente verloren gehen würden, weil sie sich dann in anderen Bundesländern, deren Regelung nicht mit der der überregionalen Verbände kollidiert, besser weiterentwickeln könnten. Wegen Spielermangels müssten dann in mehreren Altersklassen Mannschaften abgemeldet werden.

„Wir befinden uns aber mit dem TFV in konstruktiven Gesprächen und gehen davon aus, dass es unserem Landesverband gelingen wird, seine Entscheidung nochmals anzupassen“, sagt Steffen Knäbe, sportlicher Leiter des Erfurter NLZ. Der FC Rot-Weiß setzt sich offen für den Abbruch der Saison im Nachwuchsbereich ein. „Wir wollen den drohenden Bruch zwischen dem Verband und den Vereinen vermeiden. Wir müssen jetzt zusammenarbeiten, denn diese Entscheidung hat eine sehr weitreichende und nachhaltige Wirkung. Wenn wir die richtige treffen, können wir gestärkt daraus hervorgehen“, hofft Knäbe auf ein Umdenken des Landesverbandes. Zumal anderenfalls im Sommer keine Transfers getätigt werden könnten. Mit Blick auf alle Thüringer Vereine sagt er: „Durch Corona darf kein Nachteil für die Kinder und Jugendlichen und ihre Vereine entstehen.“ Der würde aber bei einer Saisonfortsetzung entstehen. Viele Kinder könnten die Lust verlieren, wenn sie von September bis März nur noch eine Handvoll Punktspiele hätten.

Diese und einige andere Argumente führt Andreas Ludwig, Vereinspräsident der TSG Stotternheim, in seiner Online-Petition auf, die den Saisonabbruch im Nachwuchs fordert (wir berichteten).

Immer mehr Unterschriften für den Abbruch der Nachwuchs-Saison

Stand Sonntagvormittag wurde diese bereits von rund 2000 Befürwortern – vorwiegend Trainern und Vereinsverantwortlichen – unterschrieben. Mit entsprechenden Begründungen. So schrieb etwa Christoph Tanz, Abteilungsleiter Fußball beim SV Empor Walschleben: „Wir sehen uns als Ausbildungsverein, der seiner gesellschaftlichen Verantwortung absolut gerecht wird. Diese Verantwortung Saison für Saison zu leben, verlangt den Vereinsverantwortlichen, vor allem aber den ehrenamtlichen Übungsleitern eine Menge ab. Die Entscheidung des TFV entzieht allen Aktiven im Nachwuchsbereich über einen langen Zeitraum eine verlässliche Komponente im Alltag der Kinder.“

Von Vereinen aus allen Regionen Thüringens erhält Ludwig Zuspruch für seine Petition, mit dem Credo: Die Fortsetzung der Saison bei den Junioren wäre eine Katastrophe für den Vereinssport, die Kinder und das Ehrenamt.

„Das Feedback, das ich bekommen habe, war bisher zu hundert Prozent positiv“, betont Ludwig, der sogar mitunter das Handy ausschaltet, um nicht den ganzen Tag von der Welle der Dankesbekundungen überrollt zu werden. Er freut sich zwar über den Zuspruch, etwa von einigen Jugendtrainern des FC Carl Zeiss, doch für ihn zählt allein die Sache: „Sollten wir unser Ziel erreichen, ist es mir sowas von egal, wem das auf die Fahne geschrieben wird.“

Denn letztendlich sitzen alle Fußballvereine in einem Boot. Einem, das mit den Männern und Frauen weitersegeln, das aber seine Nachwuchsteams schnellstmöglich ans sichere Ufer schicken möchte.