Axel Lukacsek über die Corona-Krise und wie die Sportler sich die Langeweile vertreiben.

Die Motoren heulten auf, Reifen quietschten, der Staub wirbelte durch die Luft, das Wasser spritzte. Bei der Rallye Mexiko haben die Veranstalter vor ein paar Tagen einfach so getan, als würde es das lautlose und unsichtbare Virus gar nicht geben. Corona kennen sie dort nur als Heilsbringer. Die Biermarke eines belgischen Brauerei-Konzerns ist nämlich einer der Hauptsponsoren des Spektakels auf vier Rädern. Wegen Corona sagt man in Mexiko keine Rallye ab. Dank Corona wird dort eine ausgetragen.

Als das inzwischen weltweite Problem nicht mehr zu leugnen und zu befürchten war, dass die Piloten und ihre Mannschaften wegen der strikten Reiseregelungen auf dem ganzen Erdball vielleicht nicht mehr nach Hause kommen würden, trat man doch schließlich auf die Bremse – und schaltete die Ampel auf Rot.

Auch in Deutschland hat man verständlicherweise so seine Probleme, dass der Alltag von hundert auf null zurückgefahren wurde. Kein Fußball mehr? Dann findet eben Fußball statt! Beim FC Schalke 04 wurde dafür tüchtig in die Tasten gehauen. Just zum eigentlichen Anpfiff des legendären Revierderbys gegen Borussia Dortmund verbreitete der Bundesligist den Twitter-Verlauf vom Duell im November 2017, als die Knappen nach einem 0:4 noch ein 4:4 schafften. In Erinnerungen schwelgen kann gut ablenken, wenn einem die Decke auf den Kopf fällt.

Manch Profi bat Fans schon um Vorschläge, welchen Film, welche Serie vielleicht ebenso die Zeit vertreiben kann. Aber wer nicht in Quarantäne muss, darf sich durchaus bewegen – und entdeckt sogar Beschäftigungen aus Kindertagen. Abwehrspieler Toni Leistner vom 1. FC Köln verschickte ein Foto via Instagram wie er auf dem Spielplatz an einer Reckstange turnt.

Es ist fast schon rührend, wie sich manch Bundesligist um seine Jungs kümmert. Als wären sie noch Kinder. Vor dem Tor abgebrüht, im Strafraum wird jeder Gegner abgekocht – aber zu Hause nicht mal ein Spiegelei braten können. Wahrscheinlich hat Eintracht Frankfurt große Angst, dass seine Angestellten ohne fremde Hilfe verhungern werden. Jedenfalls bietet der Klub allen Spielern nun täglich drei Mahlzeiten zum Mitnehmen an. Man wolle unnötige Restaurantbesuche vermeiden, hieß es.

Auch bei Union Berlin gibt es was Ordentliches zwischen die Zähne. Aber nur virtuell. Der Klub ist auf die Idee gekommen, wenn schon bis auf Weiteres die Stadiontore nicht öffnen dürfen, wenigstens online ein paar Bratwürste zum Stückpreis von 2,50 Euro zu verkaufen. Das Geld wird als Spende verbucht und das Beste daran: alles völlig kalorienfrei.

Dass praktisch die ganze Sportwelt in die Knie gezwungen wird, ist tatsächlich neu. Aber es ist nicht das erste Mal, dass eine Epidemie ein Fußballspiel heimsucht. Als im Jahr 2009 die Schweinegrippe grassierte, waren zwei Kicker vom Regionalligisten Hannover 96 II erkrankt, so dass das Punktspiel gegen die Reserve des FC St. Pauli abgesagt werden musste. Sechs Wochen später rollte schließlich doch der Ball.

Nun aber ist zu befürchten, dass die Pause länger dauert. Sie bedroht inzwischen sogar die Olympischen Spiele in Tokio. Aber auch die Herren der Ringe mussten sich in der Vergangenheit mit solchen Problemen herumschlagen. 1956 fanden die Wettbewerbe in Melbourne statt. Jedoch weigerte sich die australische Regierung partout, die komplizierten Quarantänebestimmungen lockern. Die Pferde hätten normalerweise sechs Monate vorher in Großbritannien, Irland oder Neuseeland in Quarantäne gemusst. Man wollte die einheimischen Schafherden vor eingeschleppten Krankheiten schützen. Weil keine Einigung erzielt wurde, fanden im Juni nun in Stockholm die Reiterspiele statt – und vom 22. November bis 8. Dezember die anderen Wettbewerbe wie geplant in Melbourne.

Bis es weitergeht, ist Geduld gefragt, und Humor. Fußball-Nationalspieler Toni Kroos ist in Madrid in der Quarantäne gefangen. Aber niemand muss sich sorgen. Er esse viel Nudeln – und Klopapier sei auch noch reichlich da, verkündete der Kicker grinsend. Ist schließlich ja auch das Wichtigste.