Jena. Viele Jahre prägte der FF USV Jena den Frauen-Fußball im Osten Deutschlands mit. Sonntag endet diese Ära. Künftig gibt es Frauen-Fußball unter dem Dach des FC Carl Zeiss.

Noch 90 Minuten. Noch einmal treibt die Fußballerinnen des FF USV Jena die Hoffnung, wenigstens mit einem Sieg die Bundesliga zu verlassen. Und den Verein. Am Sonntag endet gegen 15.45 Uhr mit dem Schlusspfiff der Partie gegen den MSV Duisburg das Kapitel FF USV. Ab der kommenden Saison heißt es für die Spielerinnen, unter dem Dach des FC Carl Zeiss Jena in der 2. Bundesliga neu zu beginnen. Es wird wehmütig zugehen im Ernst-Abbe-Sportfeld. Die Zuversicht aber ist größer.

„Ich habe ein lachendes und ein weinendes Auge, wenn ich an den Sonntag denke“, sagt FF USV-Geschäftsführer Christoph Schliewe. Seit 2017 im Verein, seit einem Jahr Geschäftsführer, hat er maßgeblichen Anteil daran, dass die beiden Jenaer Fußball-Clubs nun die Kräfte bündeln. „Langfristig gesehen ist es die beste Lösung. Wir haben in den Gesprächen eine gute Grundstruktur entwickelt, beide Seiten können sich in die Augen schauen“, betont Schliewe.

Auch beim FC Carl Zeiss sieht man das so. „Wir haben zukünftig ein breites Angebot für Jungen und Mädchen und auch eine professionelle Frauenmannschaft an der Schnittstelle zwischen 1. und 2. Liga. Mit dieser Ausrichtung stärken wir unser Profil und werden damit sicher auch interessanter für bestehende und potenzielle Sponsoren“, sagt FCC-Geschäftsführer Chris Förster.

Schon lange Fusionsgedanken in Jena

Fusionsgedanken gab es im Jenaer Fußball schon lange. Bereits als die frühere FIFA-Schiedsrichterin Anja Kunick von 2012 bis 2014 die Geschicke des FF USV Jena leitete, wurde lose darüber geredet. „Es gab damals schon Annäherungsversuche, aber die waren nicht konkret. Zuvorderst gab es immer wirtschaftliche Aspekte, die ein Für und Wider beeinflussten“, erinnert sich Kunick.

Mit dem FF USV verschwindet der zweite, über Jahre bedeutungsvolle Frauen-Fußball-Club aus dem Osten neben Turbine Potsdam von der Landkarte. 1991 als letzter DDR-Meister erstmals in die Bundesliga auf-, aber chancenlos sofort wieder abgestiegen, etablierte man sich ab 2008 bis 2018 im deutschen Oberhaus. 2010 zog der Club ins Pokalfinale ein, unterlag dem favorisierten FCR 2001 Duisburg aber knapp mit 0:1. Das beste Bundesligaergebnis gab es in der Saison 2013/2014, als die Jenaerinnen Platz fünf belegten.

Große Namen prägen USV Jena

Große Namen prägten in den Jahren den Verein. So waren beispielsweise die frühere DDR-Nationalspielerin Heidi Vater, der ehemalige DDR-Auswahlspieler Konrad Weise und auch die heutige Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg für die sportlichen Belange verantwortlich.

Bekannteste deutsche Spielerin, die aus Jena kommt, ist Nationalspielerin Anna Blässe (VfL Wolfsburg). Aber auch die Zwillinge Sylvia und Julia Arnold spielten beziehungsweise spielen für die Thüringerinnen. Aus den zahlreichen ausländischen Nationalspielerinnen, die für den FF USV aufliefen, ragt die äquatorialguineische Nationalspielerin Genoveva Añonma heraus. Von 2009 bis 2011 spielte die spätere Bundesliga-Torschützenkönigin 50 Mal für Jena und traf dabei 37 Mal.

Was für den Standort Jena sprach, in Zukunft aber auch sprechen wird, ist das Konzept für den Frauen- und Mädchenbereich. Eine duale Ausbildung in enger Zusammenarbeit des Vereins mit dem Sportgymnasium, der Universität und den Hochschulen der Region sorgte für Zulauf an talentierten Spielerinnen. Das ändert sich auch mit dem Namen des Vereins nicht, verspricht Schliewe, der beim FC Carl Zeiss nun wieder als Trainer arbeiten, aber auch im Marketing und hier in erster Linie für den Frauen-Bereich, tätig sein wird.

RB Leipzig mit finanzstarken Ambitionen

Wohin die Reise des Jenaer Frauen-Fußballs als FC Carl Zeiss gehen wird, muss abgewartet werden. Denn immerhin formiert sich mit RB Leipzig nun ein weiterer, vor allem auch finanzstarker Verein in der Region, der Ambitionen hat, ganz nach oben zu kommen.

„RB hat gute Konzepte und ein gutes Image. Wir setzen weiter auf die Integration von Schule und Sport sowie das Familiäre im Frauen-Bereich“, sagt Schliewe. Ob man sich langfristig als Ausbildungsverein definiert und damit in Kauf nimmt, auch über längere Zeit zweitklassig zu sein, wird sich zeigen. In der nächsten Jahren wollen die Jenaerinnen in jedem Fall weiter mithalten.

Zuvor wird es am Sonntag melancholisch. Nach der Partie wollen sich alle bei einer Abendveranstaltung zusammensetzen, der Geschichte des FF USV erinnern und allen Danke sagen, die im Laufe der Jahre für den Verein wichtig waren. Denn der Zusammenhalt, das betont Schliewe, war ein Alleinstellungsmerkmal des Jenaer Frauenfußballs bis jetzt.

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