Fröttstädt. Wie der Fröttstädter Gunter Rothe seit zwölf Jahren Deutschlands größten 100-Kilometer-Lauf organisiert.

Ultrafreundlichst. So pflegt Gunter Rothe Briefe und Mails zu unterschreiben. Es ist eine Grußformel, die zu ihm passt. Zum einen ist der Chef des Vereins Lauffeuer Fröttstädt ein wirklich sehr freundlicher Mensch. Zum anderen organisiert er seit nunmehr zwölf Jahren Deutschlands teilnehmerstärkstes 100-Kilometer-Rennen, ein leuchtendes Markenzeichen der deutschen Ultralauf-Szene.

Auch zur morgigen 13. Auflage des „Thüringen Ultra“ erwarten die Fröttstädterrund 250 Einzelstarter. „Mit 111 Finish­ern fing am 7.7.2007 alles an“, erzählt Rothe. Seitdem stieg die Teilnehmerzahl beständig an.

Dazu kommen noch die vor allem als Magnet für die regionale Läuferschaft funktionierenden Zweier- und Viererstaffeln, so dass auf dem landschaftlich schönen wie anspruchsvollen Rundkurs insgesamt 400 Starter unterwegs sein werden.

Der Lauf würde auch noch ein paar mehr vertragen. Doch das einzigartige Flair auf der Streuwiese im Zielgelände will Rothe nicht aufgeben. Wenn die ersten Läufer heute hier ihre Zelte aufbauen, wird Fröttstädt zum fröhlichen Familiencamp, in dem tags darauf so lange gewartet wird, bis der letzte Starter applausbegleitet angekommen ist.

Geboren wurde die Idee 2005 in der Nacht von Biel, beim legendären 100-km-Lauf. „Was die Schweizer können, schaffen wir auch“, sagte sich Rothe, der als passionierter Ultraläufer damals dort am Start war. Ein Jahr lang hat er anschließend am Computer Karten gesichtet, getüftelt, ist Wege abgelaufen. Dann stand die Streckenführung. Anders als der Klassiker Rennsteiglauf richtet sich der „Thüringen Ultra“ nicht nach dem berühmten Höhenweg – er überquert ihn nur. Vielleicht steckt gerade darin sein Reiz. Zum einen sind über den Kamm des Thüringer Waldes , zweimal hoch und zweimal runter, 2150 Höhenmeter zu bewältigen. Zum anderen bietet der Kurs über manch unbekannte, aber reizvolle Wege führend, immer wieder beste Aussichten.

Ein böses Omen scheint die 13 in der Zählung der Läufe nicht zu werden. In der vergangenen Woche haben sie noch gebangt. Die Waldbrandgefahr war akut geworden. Rothe telefonierte täglich mit dem Forstamt. Inzwischen kam Entwarnung. Die kühlen Nächte produzieren genügend Tau, so dass aktuell nur Waldbrandwarnstufe 3 gilt. Kein Problem für den Lauf.

An Wetterkapriolen haben sie fast alles erlebt in zwölf Jahren. Die Regenschlacht 2017, als sich schon morgens an der Glasbachwiese alle Schleusen des Himmels öffneten – und nicht wieder schlossen. Oder die Gluthitze von 2015. Am Verpflegungspunkt bei Friedrichroda hing ein Thermometer im Baum und zeigte 38 Grad Celsius im Schatten.

In dieser Woche ist Rothe jeden Tag auf den Beinen. Am Mittwoch haben sie zu zweit die Strecke markiert, an Abzweigen die markanten gelben Pfeile mit dem U auf den Weg gesprüht und Flatterbänder aufgehängt – auf dem kompletten 100-Kilometer-Kurs. Macht für jeden eine Sechs-Stunden-Schicht. Gestern wurden die Fahrzeuge beladen, die nachmittags die 18 Verpflegungspunkte, während des Laufes wahre Marktstände der Motivation, belieferten.

Anfangs war der „Ultra“ ei­ne Veranstaltung der Fröttstädter Feuerwehr. Doch weil das Budget des Laufes inzwischen auf 20.000 Eu­ro gewachsen ist, gibt es jetzt den Verein Lauffeuer, der für das Sportliche zuständig ist, während die Feuerwehr weiter die Versorgung übernimmt.

Fünf Leute kümmern sich das ganze Jahr über um den Lauf, in den letzten drei Tagen vor dem Start sind es 25 – einschließlich des eigens frei gestellten Gemeindearbeiters. Rothe, im richtigen Leben Restaurator der Stiftung Schloss Friedenstein,verschiebt seine eigene Startzusage immer bis ganz zuletzt hinaus. Steht die Organisation, ist er über die 100 Kilometer dabei. Auch morgen wird er früh um vier im Schein der flackernden Öllampen an der Startlinie stehen, nachdem er das letzte kleine Fragezeichen am Verpflegungspunkt Jobs­stein klären konnte.

Der Cheforganisator nimmt seinen Heimlauf natürlich weniger als Wettkampf, er ist sozusagen eher dienstlich unterwegs. „Eine Stunde könnte ich bestimmt schneller sein“, sagt der 55-Jährige. Doch er verweilt an jedem Verpflegungspunkt, spricht mit den Helfern, fragt nach.

Allein gelassen wird hier niemand. Auch die Läufer nicht. Der RSC Waltershausen-Gotha eskortiert per Rad die Spitze und den Schluss. Und für den Fall der Fälle sitzt Rothes Ehefrau Sabine am Telefon im Fröttstädter Infopunkt. „Jeder Läufer hat die Handynummer meiner Frau auf der Startnummer stehen“, sagt der Laufchef und lacht.

Was für ein Service. Einfach ultrafreundlichst.