Erfurt. Hans-Peter Meinhardt, Präsident des EHC Erfurt, und Eishockey-Trainer Fred Carroll über neue Ziele und eine alte Halle.

Die beste Thüringer Eishockey-Mannschaft, die TecArt Black Dragons aus Erfurt, startet an diesem Wochenende mit neuen Gesichtern in die Spielserie der Oberliga Nord. Der Kanadier Fred Carroll übernahm den Drittligisten als Trainer, während seit Jahresbeginn mit Hans-Peter Meinhardt, Mitglied der Geschäftsleitung der Mediengruppe Thüringen, ein neuer Präsident beim EHC Erfurt im Amt ist. Beim Sporttalk „Im Steigerwaldstadion“ sprechen beide Protagonisten mit den Moderatoren Marco Alles und Gerald Müller über die bevorstehende Saison, über die schwierige Hallensituation, Ausbildung von Talenten und die mühevolle Sponsorensuche.MANNSCHAFTFred Carroll: Der erste Eindruck von meiner Mannschaft ist gut. Wir haben zu Beispiel Braunlage geschlagen. Jetzt müssen wir versuchen, den nächsten Schritt auch taktisch zu gehen. Wir haben viele einheimische Spieler. Das ist dann auch eine Sache der Ehre, wenn du für deinen Heimatverein spielst. Die wollen sich beweisen, dass sie gut genug sind. Es wird aber nicht einfach. Wir haben 48 Spieltage. Dafür ist unser Kader recht klein. Hans-Peter Meinhardt: Die sportliche Leitung hat eine gute Mannschaft zusammengestellt. Wir haben nicht die Stars. Deshalb ist es wichtig, dass jetzt die Mannschaft harmoniert. EISHOCKEY-WURZELNFred Carroll: Ich habe in Kanada ein Symposium an der Uni verpasst und musste ein Jahr Pause machen. Ich habe überlegt, was ich machen soll. Da wollte ich Polizist werden und bin für drei Jahre zur Armee. Dort wurde Eishockey gespielt. Das war 1984. Zu dieser Zeit bin ich nach Deutschland gekommen und wollte nach zwei Jahren zurück, um meine Polizeikarriere fortzusetzen. Aus zwei Jahren wurden drei, dann waren es vier. Und dann bin ich hier ganz schön lange geblieben. ZWEITE LIGAFred Carroll: Ich habe damals in der 2. Liga in Bad Nauheim angefangen. Das ist heute nicht mehr mit damals zu vergleichen. Wir hatten vielleicht sieben, acht Profis. Heute sind in der zweiten Liga alle Profis. Die Struktur jetzt in unserer Spielklasse ist genau wie vor 20 Jahren in der zweiten Liga. FASZINATION EISHOCKEYHans-Peter Meinhardt: Ein Freund von mir hat gesagt, du musst unbedingt mal mit zum Eishockey kommen. Ich habe gefragt, was will ich da? Das interessiert mich nicht! Ich bin mitgegangen und war von der ersten Minute an fasziniert, weil es keine Langeweile im Eishockey gibt. Es gibt nur Torszenen. Es ist faszinierend von der Geschwindigkeit, von der Härte, vom dem Einsatz, der dort gezeigt werden muss. LEBENSERFAHRUNGFred Carroll (über seine Erkrankung vor zwei Jahren): Ich habe die letzten zwei Jahre vieles gelernt über das Leben. Ich bin lockerer und nicht so ernst wie früher. Ich habe mehr Geduld und mehr Verständnis. Ich habe gelernt, das Leben zu genießen. Früher war ich ein harter Hund. Heute sehe ich manche Dinge anders. Trotzdem nehme ich meinen Job natürlich ernst.

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MEINHARDT ÜBER CARROLL Ich schätze seine Souveränität und seine Ausgewogenheit. Für ihn geht es nicht nur um den sportlichen Erfolg der ersten Mannschaft. Das ist für uns eine wichtige Option, weil wir in Erfurt stark auf den Nachwuchs setzen. Wir möchten, dass der Nachwuchs behutsam an den Profibereich herangeführt wird und dass er aber auch sieht, welche Anforderungen dort gestellt werden. Insofern passt Fred Carroll optimal zu Erfurt.

HALLENAUSBAUHans-Peter Meinhardt: Wir haben den Wink in alle Gremien gesendet, wir brauchen keinen Neubau, aber eine Renovierung der Halle. Die Halle stammt aus den 60er-Jahren. Dass wir noch altes, gelbes Licht, zerkratzte Banden haben, das kann man irgendwann auch nicht mehr sarkastisch sehen. Wir sind optimistisch, denn wir haben die politischen Signale vernommen, dass man etwas tun möchte. Wir wollen, dass die Halle was Licht, Bande und Kältetechnik betrifft, ganz schnell auf ein Mindestmaß an Standard gebracht wird. Und dann geht es um eine kleine Erweiterung. Wenn alles fertig sein sollte, sehen wir einen Zeitrahmen der nächsten vier Jahre.

KARTOFFELHALLEFred Carroll: In der Saison 1999/2000 war ich das erste Mal in Erfurt, als ich in Hannover gespielt habe. Die Halle war ausverkauft, aber der erste Gedanke war damals: Können die hier vielleicht Licht anmachen? Aber mittlerweile ist das gelbe Licht Gewohnheit. Es ist immer ein Gesprächsthema, egal wo du in Deutschland bist. Da wird immer über die Lichtanlage gesprochen. TREUE FANSHans-Peter Meinhardt: In der vergangenen Saison sind wir mit 500 Zuschauern im Schnitt rausgegangen. Die Erwartung ist, dass wir 700 Fans im Schnitt erreichen. Das ist natürlich eine extreme Steigerung. Aber der Vorstand hat es sich zur Aufgabe gemacht, in Zukunft nach außen hin eine deutlich stärkere Präsenz zu zeigen. Ich wünsche mir, dass wir da über die Stadt Erfurt hinauskommen. Denn wir sind der größte Eishockey-Verein in Thüringen. Letztendlich ist aber immer der sportliche Erfolg entscheidend. ETATHans-Peter Meinhardt: Es ist kompliziert, neue Sponsoren zu gewinnen. Es war auch eine große Leistung des alten Präsidiums, mit einem kleinen Etat in der 3. Liga mitspielen zu können. Im Moment geben sich alle damit zufrieden, dass wir keine Ambitionen haben, in die DEL2 aufzusteigen. Da bräuchten wir ein anderes Budget und eine andere Halle. Das sehen wir nicht. Das ist aus unserer Sicht zu diesem Zeitpunkt nicht realistisch. Wir machen das nicht, um professionelles Eishockey hier zu haben. Bei uns geht es um den Nachwuchs. In dem Verein spielen 130 Kinder und Jugendliche in acht Mannschaften. Dafür brauchen wir die erste Mannschaft, denn wir brauchen die Idole. SAISONSTARTFred Carroll: Natürlich können wir auch die Tilburg Trappers zum Saisonauftakt ärgern. Da müssen wir taktisch diszipliniert spielen und kämpfen. Wir haben nichts zu verlieren. Hans-Peter Meinhardt: Man sollte gegen Tilburg die Messlatte nicht zu hoch hängen. Aber wenn wir zum Favoritenschreck werden, dann hätten wir unser Ziel erreicht. SAISONZIELFred Carroll: Ich bin immer jemand, der sagt, frage mich in zehn, zwölf Spieltagen. Und dann kann ich besser sagen, ob wir eine Überraschung schaffen. Natürlich wollen wir in die Pre-Play-Offs kommen. Wenn wir das schaffen, wäre das auch für unsere Fans eine positive Saison. Hans-Peter Meinhardt: Die Pre-Play-Offs sind avisiert, also ein einstelliger Tabellenplatz.