DLV-Perspektivkader Jonathan Hilbert kritisiert Olympia-Aus für die 50-Kilometer-Strecke

Erfurt. Seit mehr als einem Jahr hat Jonathan Hilbert keinen Wettkampf bestritten. Die Pandemie hat den Geher des SV Einheit Eisenach (LG Ohra-Energie) hart getroffen. Dennoch trainiert der aus Mühlhausen stammende Athlet weiter hochmotiviert für sein großes Ziel, bei Olympia in Tokio dabei zu sein. „Ich hoffe, dass die Spiele im Sommer stattfinden können und es noch Termine für Qualifikationsrennen gibt“, sagt Hilbert.

Obwohl er mit 25 im besten Sportleralter ist, sind die um ein Jahr verschobenen Wettbewerbe in Tokio bereits seine letzte Olympia-Chance als 50-Kilometer-Geher. Denn das Internationale Olympische-Komitee (IOC) hat Anfang Dezember das Olympia-Programm verschlankt und unter anderem auch die 50 Kilometer der Geher gestrichen. Medaillen werden ab 2024 nur noch über 20 km vergeben. Für alle Langstreckengeher ist dies ein herber Schlag. „Ich verstehe es nicht, warum die uns rausschmeißen", sagt Hilbert. Schließlich sei es die längste olympische Strecke und nicht zuletzt das Alleinstellungsmerkmal dieser Sportart.

Begründet hat das IOC die Entscheidung mit der Geschlechter-Gerechtigkeit. 2024 sollen in Paris erstmals exakt gleich viele männliche wie weibliche Athletinnen und Athleten an den Start gehen. Das sei ein „schwachsinniges Argument", findet Hilbert deutliche Worte und verweist darauf, dass die Frauen bei der Weltmeisterschaft seit 2017 ebenfalls die lange Distanz bewältigen: „Es wäre also kein Problem die 50er auch für Frauen mit aufzunehmen."

Der Leichtathletik-Weltverband „World Athletics“ hat derweil angekündigt, einen Mixed-Wettbewerb einzuführen. Bei den Sportlern sorgt dies für wenig Begeisterung. Geher sind in erster Linie Individualsportler. In den Einzelwettbewerben bei WM und EM soll die längste Distanz künftig maximal 35 Kilometer betragen. „Was ist das für eine Strecke? Sogar kürzer als ein Marathon", kommentiert Hilbert kopfschüttelnd. Nicht nur er befürchtet, dass die ohnehin selten im Rampenlicht stehenden Geher dann noch weiter ins Abseits rücken.

Derzeit hält sich der Angehörige der Sportfördergruppe der Thüringer Polizei in Erfurt auf und trainiert für seinen nächsten 50er - wann auch immer der stattfinden wird. Kommt nichts dazwischen, dann fliegt er am Dienstag (13. Januar) ins Trainingslager nach Gran Canaria. Zusammen mit Bundestrainer Ronald Weigel, dem bereits für Olympia qualifizierten Karl Junghannß (Erfurter LAC) und weiteren Auswahlkadern. Zwar sind die Kanaren Risikogebiet, doch mit dem Deutschen Leichtathletik-Verband habe man ein ausgefeiltes Hygienekonzept erstellt. „Wenn wir das einhalten, ist alles safe. Wir fahren nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln, haben einen Arzt dabei und bewegen uns komplett in einer Blase", so Hilbert.

Das Olympia-Aus für seine Spezialdisziplin versucht er zu verdrängen. Zum einen, weil es noch viele Fragezeichen gebe, wie es mit dem Gehen buchstäblich weitergeht, zum anderen, weil er noch drei Sommer vor sich habe, in denen er „so gut es geht performen will". Deshalb sei es enorm wichtig, mental befreit zu bleiben. Weitere Höhepunkte nach Tokio sind 2022 die Europameisterschaft und 2023 die WM in Budapest. Danach „watschelt" keiner mehr 50 Kilometer bis zu einer Goldmedaille. Dafür wird in Paris 2024 eine ungewöhnliche Sportart ihre Premiere unter den fünf Ringen geben: Breakdance!