Anhui. Triathlet Christian Altstadt aus Jena will die Saison in China krönen. Es ist das fünfte Langdistanz-Rennen in diesem Jahr.

Die Nacht auf Sonntag hat er noch gebannt am Fernseher zugebracht, um mit den Deutschen auf Hawaii mitzufiebern und dem einen oder anderen auch mitzuleiden. Zwei Tage später hat sich Christian Altstadt selbst aufgemacht. Der Flug ging zum entgegengesetzten Ende der Erde. Im Südosten Chinas will der Jenaer Triathlet an diesem Sonntag seine Saison krönen. Es könnte eine glänzende werden.

Einer geht noch. Einer muss es noch sein. Seit Wochen hat sich der 32-Jährige auf den Showdown in China gefreut. Auf Einladung der Challenge-Serie als Ausrichter von Lang- und Mitteldistanzrennen ist der sportliche Trip nach Fernost nicht nur für ihn als Triathleten Neuland. Der für den LTV Erfurt startende Jenaer ist dort selbst Teil einer Premiere.

Das Rennen der Challenge-Serie bildet den ersten internationalen Triathlon überhaupt in dem Riesenreich. Entsprechend euphorisch und in schwärmerischer Art preisen die Organisatoren die Wettbewerbe beim Anhui-Challenge über die Lang- und Mitteldistanz an.

Anhui, das ist eine Provinz im Südosten Chinas. Der Triathlon startet in Guangde, einer Stadt umsäumt von zwei Flüssen. Im Wuliangxi River gilt es für Altstadt auch, die erste Etappe, die 3,8 Kilometer Schwimmen, hinter sich zu bringen. Dem Kraulen durch den „malerischen Stadtfluss“, wie es die Rennleitung ankündigt, schießt sich eine „landschaftlich reizvolle Radstrecke“ über 180 Kilometer an, gespickt mit ein paar Höhenmetern. Ein flacher Marathon-Stadtkurs biete ebenso ein „einzigartiges Erlebnis“.

„Es wird ein kleines Abenteuer“, ahnte Christian Altstadt im Vorfeld und sah sich am ersten Abend darin bestätigt. Die Suche nach einem westlich orientierten Restaurant, um ernährungstechnisch vor dem Wettkampf auf Nummer sicher zu gehen, gestaltete sich beispielsweise schwierig. Vor allem, weil Taxifahrer nicht mal ansatzweise englisch verstanden. Mit leerem Bauch aber musste keiner ins Bett. Und sonst lässt der Auftakt keine Wünsche offen. „Alles ist super organisiert. Wir als Profis wurden mit Hingabe empfangen. Dinner, klasse Hotel, sogar Geschenke. Man gibt sich hier unglaublich viel Mühe. Ich bin wirklich positiv überrascht“, schildert der Thüringer seine ersten Eindrücke.

Umso mehr ist der Eisenmann gespannt, inwieweit das Ren­nen selbst dem Schwärmen der Organisatoren standhält. Der Zielbereich im Stadion sei riesig, so Altstadt. Dort wünscht er sich einen „richtig schönen Abschluss“. Was nichts anderes bedeutet, als dass er unter den gut drei Handvoll Profis so weit vorn wie möglich landen will. Er ist der überhaupt einzige Deutsche.

Ein bisschen Ungewissheit schwingt mit. Denn das letzte lange Rennen beim Austria Triathlon in Podersdorf in Österreich ist nicht das gewesen, was sich der Jenaer vorgestellt hatte. „Bei Kilometer 30 war dann Feierabend. Ich bin explodiert“, sagt er mit Blick zurück. Auf der Laufstrecke kam der Einbruch, es genügte zum neunten Platz. Doch die Erkenntnis wuchs, dass er sich übernommen hatte.

Podersdorf ist in diesem Jahr das vierte beinharte Rennen für den Politikwissenschaftler gewesen nach dem Sieg beim Israman Anfang in Israel und dem Challenge in Roth (12.). Gerade vier Wochen zuvor war er Zweiter beim Ostseeman geworden. Mittendrin lag noch der Sprint von Stotternheim bei seinem LTV-Heimrennen, das er über die olympische Distanz (1,5 – 40 – 10) gewonnen hatte. „Man braucht mehr Erholung“, zog Christian Altstadt nach Podersdorf seinen Schluss daraus, dass man vor allem mental mehr Zeit für Erholung braucht, als er sich im Sommer eingeräumt hatte.

Um 100 Prozent im Kopf fit zu sein, hat er sich die gut sieben Wochen zum Regenerieren und zur Vorbereitung auf die Reise nach China genommen. Vor dem fünften Wettkampf über die Mammutdistanz innerhalb von neun Monaten (!) zieht er nicht zuletzt noch zusätzlichen Auftrieb aus dem Doppelsieg von Jan Frodeno und Anne Haug auf Hawaii vor einer Woche. „Wahnsinn“, sagte er in einer ersten Reaktion.

Der Sieg des ersten deutschen Olympiasiegers im Triathlon ist für Christian Altstadt keine Überraschung gewesen. „Jan Frodeno ist der beste Triathlet der Welt – in allen drei Disziplinen ohne Schwäche“, findet der Thüringer. In der Nacht vorm Fernseher hatte er indes auch ein „Rennen für sich“ gesehen. Abgesehen von Sebastian Kienle, der immer stark liefere, hätten die zahlreichen anderen Deutschen alle Probleme gehabt. „Hawaii ist einfach ein außergewöhnliches, mythenbehaftetes Rennen. Dort passiert immer Unvorhergesehenes. Tragödien spielen sich ab. Aber ebenso wird Geschichte geschrieben“, meint Christian Altstadt.

Es klingt beinahe so, als wollte er sich den Traum von Hawaii selbst einmal erfüllen.

Erst mal aber heißt es: Eisern sein im Reich der Mitte.