Erfurt. 24 lange Jahre war Peter Gösel (77) Chef des Landessportbundes in Thüringen. Mit uns blickt er zurück auf eine bewegte Zeit.

Heute vor 30 Jahren, an ei­nem langen Kongress-Sonnabend, gründete sich in Bad Blankenburg der Landessportbund Thüringen. Der hiesige Sport schuf damit die Strukturen, die ihn später zum Erfolgsmodell reifen ließen. Von Anfang an dabei war Peter Gösel. Zunächst als Vize, seit 1994 als Präsident. Das Amt hatte der Gisperslebener 24 Jahre inne – so lange wie kein anderer Landessportchef in Deutschland. Bei einer Pause während einer Fahrradtour rund um Erfurt blickt der 77-Jährige auf eine bewegte Zeit zurück.

Sie sind gar nicht außer Atem. Stehen Sie so gut im Training?

Ich radle regelmäßig, mindestens drei Mal in der Woche. Meist auf dem Gera-Radweg und dann über den Ringelberg zurück. Da komme ich auf gut 30 Kilometer.

Erinnern Sie sich noch an den damaligen Gründungstag?

Sehr gut. 190 Delegierte aus den ehemaligen drei Bezirken waren da. Dennoch lief alles geordnet ab. Viele Gespräche waren im Vorfeld zwischen den DTSB-Vorständen Erfurt, Gera und Suhl geführt worden. Auch ich hatte als Präsident kandidiert – und verdientermaßen verloren gegen Manfred Thieß.

Den Sie dann dreieinhalb Jahre später nach dessen erzwungenem Rückzug wegen Stasivorwürfen beerbten…

Die intensive Arbeit für alle, auch für mich, begann aber sofort. Ich erinnere mich an die ersten Sitzungen, die gingen teils von 17 bis 24 Uhr. Es war ja alles Neuland. Doch wir wollten als Dach des Sports den Vereinen ein guter Partner sein.

Gab es keine Hilfe?

Die gab es. Was ich ganz hoch einordne, war die Partnerschaft mit dem Landessportbund Rheinland-Pfalz, der uns in den Anfangsjahren in allen Fragen sehr unterstützte, dabei aber nie versucht hat, uns zu bevormunden.

Was waren für Sie die Höhepunkte dieser langen Zeit?

Die wichtigen Wegmarken haben wir sicher in der ersten Dekade gesetzt. Mit Bernhard Vogel als Ministerpräsident rückte der Stellenwert des Sports noch einmal ein ganzes Stück nach oben. Ein Glücksfall für Thüringen. Entscheidend war auch, dass wir damals als eines der ersten Länder ein Sportfördergesetz bekommen haben. 2018 konnte ich dann das überarbeitete neue Gesetz noch mit auf den Weg bringen. Das erfüllt mich mit Freude und Stolz.

Wie steht der LSB heute da?

Jeder Sechste in Thüringen treibt Sport im Verein. Aus 196.000 Mitgliedern zur Gründung sind nun 365.000 geworden. Die Zahl hat sich also fast verdoppelt. Ein Wert, an dem auch das System der Sportgymnasien seinen Anteil hat.

Sie sind seit Ihrem Abschied der erste Ehrenpräsident des LSB. Mit welchen Verpflichtungen?

Keinen. Dafür bin ich zu wenig eingebunden. Das stört mich nicht. Eher schon, dass es zu diesem 30. Gründungsjubiläum seitens des LSB keine Erinnerung, keine Feier gibt. Und sei sie noch so klein. Andere große Organisationen machen es doch auch.

Nicht einfach in Zeiten von Corona.

Trotzdem hat das, wie ich finde, etwas mit Respekt zu tun gegenüber den Frauen und Männern der ersten Stunde. In zehn Jahren, zum nächsten Jubiläum, werden manche, die damals dabei waren, wohl schon nicht mehr unter uns sein.

Sie können einfach nicht vom Sport lassen, oder?

Ich bin seit 40 Jahren Vorsitzender von Motor Gispersleben. Mein Herzensprojekt, den neuen Kunstrasenplatz, habe ich noch auf den Weg gebracht. Der ist jetzt fertig, nun suche ich nach einem Nachfolger. Wir sind ein großer Verein mit acht Abteilungen. Das kostet Kraft. Und die brauche ich auch noch für die Kegelbahn. In der Landesliga der Senioren bin ich weiter gern aktiv.

Ihr Wunsch an und für den Sport?

Ich wünsche mir, dass der LSB auch in den nächsten 30 Jahren ein zuverlässiger Dienstleister für seine Verbände und Vereine bleibt. In dieser aktuell schwierigen Zeit brauchen sie die Hilfe des Landessportbundes und der Politik mehr denn je.