Erfurt/Gera. Peter Ohm und Hagen Ludwig vom Verband Deutscher Grundstücksnutzer beantworten Leserfragen zum Thema Nachbarrecht.

Kaum zeigt sich die Sonne wieder öfter, kommt Leben in die Vor-, Haus- und Kleingärten. Es wird umgegraben, gesät, gegrillt und gemäht. Doch die Freude über den Frühling wird oft getrübt durch Streit mit dem Nachbarn. Laub fällt auf das fremde Grundstück, der Rasenmäher nervt, und der Grilldunst stört. Wer darf also was – und wie lange? Leserfragen zum Nachbarrecht beantworteten Peter Ohm und Hagen Ludwig vom Verband Deutscher Grundstücksnutzer beim Telefonforum.

Wie wir gehört haben, steht unser Nachbar unter Quarantäne wegen Corona-Verdacht. Er läuft aber ständig in seinem Garten herum. Darf er das?

Die zuständigen Gesundheitsämter erklären dazu: Frische Luft ist gut und stärkt die Abwehrkräfte. Deshalb kann man sich bei Quarantäne in seinem eigenen Garten ebenso wie auf dem Balkon oder der Terrasse aufhalten, sofern sich dort keine nicht-infizierten Menschen aufhalten. Der erforderliche Abstand zu ihrem Nachbarn dürfte gegeben sein, sofern sie auf einen Plausch direkt am Gartenzaun verzichten.

Mein Nachbar hat einen Zwinger, in dem er drei Hunde hält. Ständig wird gebellt und gekläfft. Mein Nachbar sagt, Hunde bellen nun mal, das müsse man hinnehmen. Stimmt das auch in einem Wohngebiet?

Das gelegentliche Anschlagen eines Hundes müssen Sie hinnehmen. Allerdings müssen Hunde artgerecht und so gehalten werden, dass der Nachbar nicht durch ununterbrochenes und ständiges Bellen gestört wird, besonders während der Nacht- und Mittagsruhe. Eine konkrete gesetzliche Regelung dazu gibt es zwar nicht, aber einige Gerichte haben die Grenze bei 30 Minuten Bellen am Tag und zehn Minuten ununterbrochenem Bellen gezogen. Andere Richter halten eine solche strenge Vorgabe für unrealistisch. In ihrem Fall könnte jedoch wichtig sein, dass die Zwingerhaltung in reinen Wohngebieten in der Regel untersagt ist und in allgemeinen Wohngebieten meist zumindest auf zwei Hunde begrenzt wird. Hier kann eine Nachfrage bei der örtlichen Baubehörde helfen.

Wenn mein Nachbar den Grill anschmeißt, können wir uns meist nicht mehr im Garten aufhalten. Es qualmt unsäglich. Vom fachgerechten Grillen hat er anscheinend keine Ahnung. Müssen wir das ständig hinnehmen?

Das Thema Grillen ist ein Dauerbrenner. Auch im vergangenen Jahr hatten wir dazu sehr viele Leserfragen. Zur Anzahl der möglichen Grillabende gibt es keine Pauschalaussage. Im Streitfall zeigen die Richter jedoch meist Grenzen auf, die sich sehr am Einzelfall orientieren und zwischen einmal monatlich und 25-mal im Jahr liegen. Wichtig ist, um 22 Uhr ist Nachtruhe, auch am Grill. Zudem hat der Nachbar seinen Grill so aufzustellen und zu betreiben, dass Sie durch Rauch und Gestank nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Bei der von Ihnen geschilderten Rauch- und Rußentwicklung handelt es sich wahrscheinlich sogar um ein Verstoß gegen die Immissionsschutzgesetze des Bundes und des Landes. In dem Fall begeht ihr Nachbar eine Ordnungswidrigkeit, die mit Geldbußen bestraft werden kann.

Oft sonnt sich mein Nachbar – für uns gut einsehbar – nackt in seinem Garten. Uns ist das peinlich, besonders wenn wir mit Gästen auf der Terrasse sitzen. Der Nachbar meinte nur, auf seinem Grundstück könne er tun und lassen, was er wolle. Stimmt das?

Ganz so einfach ist das nicht. Grundsätzlich darf man sich in seinem Garten auch unbekleidet sonnen. Man sollte dafür aber einen geeigneten Platz suchen, der nicht so ohne Weiteres einsehbar ist. Fühlen sich Nachbarn oder vorbeigehende Spaziergänger berechtigt gestört, droht dem Sonnenanbeter ein Ordnungsgeld wegen Belästigung der Allgemeinheit. Dabei kommt es aber sehr auf die Bewertung Einzelfalls an.

Wir haben kurz vor Weihnachten ein neues Reihenhaus bezogen und möchten jetzt den Garten gestalten. Haben wir dabei bestimmte Vorgaben zu beachten?

Sie sollten sich vor allem vorab über die Grenzabstände informieren, die laut Thüringer Nachbarrechtsgesetz für verschiedene Gruppen von Bäumen und Sträuchern einzuhalten sind. Sehr stark wachsende Bäume wie Tannen, Pappeln oder Linden müssen zum Beispiel vier Meter entfernt von der Grundstücksgrenze entfernt gepflanzt werden. Für manche Bäume gilt indes nur eine Entfernung von 1,5 Metern. Mit stark wachsenden Sträuchern wie Flieder oder Wacholder ist ein Abstand von einem Meter einzuhalten. Detaillierte Informationen dazu finden Sie im Paragrafen 44 bis 52 des Nachbarrechtsgesetzes. Wenn Sie einen Baum oder einen Strauch pflanzen wollen, der dort nicht angegeben ist, sollten Sie sich im Gartencenter oder in der Baumschule beraten lassen. Gehen Sie kein Risiko ein, denn ansonsten könnte der Nachbar später die Beseitigung der Pflanze verlangen. Zudem sollten Sie sich über mögliche örtliche Vorgaben informieren. So kann ein Grünordnungsplan die Bepflanzung ausschließlich mit heimischen Bäumen und Sträuchern vorsehen.

Unser Nachbar hat vor vielen Jahren etwa einen halben Meter von unserer Grundstücksgrenze entfernt eine Hecke gepflanzt. Zunächst fanden wir sie schön, doch mittlerweile ist sie schon über zwei Meter hoch und nimmt uns das Licht. Können wir etwas dagegen unternehmen?

Sie können einen Rückschnitt verlangen, denn bei einem Grenzabstand von einem halben Meter darf eine Hecke laut Nachbarrechtsgesetz höchstens 1,50 Meter hoch werden. Das Zurückschneiden kann aber nur in der vegetationsfreien Zeit vom 1. Oktober bis 28. Februar gefordert werden. Sie müssen sich also noch etwas gedulden.

Unser neuer Nachbar hat jetzt eine Hecke direkt an die Grundstücksgrenze gepflanzt. Sie wird also bald zu uns rüber wachsen. Wie sollen wir das lösen? Eigentlich wollen wir keinen Streit.

Laut Gesetz können sie notfalls per Klage die Beseitigung der Hecke verlangen, wenn sie weniger als 25 Zentimeter von ihrer Grundstücksgrenze entfernt steht. Dazu haben sie fünf Jahre Zeit. Die Frist beginnt in dem Jahr, das der Anpflanzung folgt. Sie können mit ihrem Nachbarn aber auch jederzeit – möglichst schriftlich – etwas vereinbaren. So können Sie zum Beispiel festlegen, dass Sie die Hecke künftig als gemeinsame Einfriedung betrachten. Gleichzeitig legen Sie fest, wie hoch sie maximal werden sollte und wer für die Pflege verantwortlich ist. Der Abstand wird übrigens von der Mitte der Hecke – dort, wo sie aus dem Boden tritt – bis zur Grundstücksgrenze gemessen. Das gilt auch für Bäume und Sträucher.

Unser Nachbar hat jetzt eine Pergola als Kletterhilfe für Pflanzen an die Grenze gesetzt. Wir fragen uns wie er die künftig pflegen will, ohne unser Grundstück zu betreten. Was sagen sie dazu?

Grundsätzlich muss eine solche Pergola mindestens 50 Zentimeter von der Grenze entfernt stehen. Ist sie höher als zwei Meter, entsprechend weiter weg. Das setzt aber nicht die Regelungen zu den Grenzabständen von Pflanzen außer Kraft. Pflanzt der Nachbar dort zum Beispiel stark wachsende Sträucher, muss er einen Abstand von einem Meter einhalten.

Um auf unserer kleinen Acker zu kommen, durften wir – und auch schon unsere Eltern – immer einen schmalen Pfad über das Grundstück des Nachbarn benutzen. Nach einem Streit will uns das jetzt verbieten. Um auf das Feld zu gelangen, müssten wir jetzt einen Umweg von vier Kilometern in Kauf nehmen. Wir dachten, uns auf Gewohnheitsrecht berufen zu können. Stimmt das?

Nein, das können Sie leider nicht. Das hat auch der Bundesgerichtshof in einem ähnlichen Fall jüngst noch einmal bekräftigt. Auf ein sogenanntes Wegerecht aus Gewohnheit können sich Nachbarn bei Streitigkeiten nicht berufen. Gesichert ist das Wegerecht nur, wenn es ins Grundbuch eingetragen ist. Auch ob in ihrem Fall das Notwegerecht greift, ist fraglich. Das muss der Nachbar nur einräumen, wenn die ordnungsmäßige Benutzung ihres Ackers anders nicht möglich ist. Versuchen Sie, sich mit dem Nachbarn zu einigen und bieten Sie ihm ein angemessenes Entgelt für die Eintragung eines Wegerechts ins Grundbuch an. Zahlen müssten Sie ohnehin, auch wenn ein Gericht Ihnen das Notwegerecht einräumen würde.

Mein Nachbar hat mehrere Bäume eindeutig zu nah an die Grundstücksgrenze gepflanzt. Als ich ihn darum gebeten habe, diese umzusetzen, hat er schroff abgelehnt und mich auch noch beleidigt. Sollte ich ihn jetzt verklagen, und wie läuft das ab?

Sie sollten auf alle Fälle erst einmal eine außergerichtliche Einigung anstreben. Dafür gibt es Thüringen die Schiedsstellen mit geschulten ehrenamtlich tätigen Einwohnern ihrer Gemeinde. Ein Schiedsverfahren hat gerade bei Nachbarschaftskonflikten viele Vorteile. Beide Parteien werden an einen Tisch geholt, um eine gemeinsame Lösung zu finden. Und man kann sich auch danach noch in die Augen schauen. Die Kosten für ein Verfahren liegen bei etwa 50 Euro und sind damit wesentlich geringer als mögliche Gerichtskosten. Und ebenso wie vor Gericht erhalten Sie einen sogenannten vollstreckbaren Titel, das heißt ein Ergebnisprotokoll, auf dessen Umsetzung sie bestehen können. Scheitern alle Schlichtungsversuche, steht Ihnen natürlich der Weg zum Gericht jederzeit offen. Nähere Informationen zu ihrer zuständigen Schlichtungsstelle erhalten Sie unter anderem beim Ordnungsamt Ihrer Gemeinde.

Wir wohnen in einer Einfamilienhaussiedlung. Unser Nachbar hantiert jeden Tag, auch sonn- und feiertags, lautstark auf seinem Grundstück mit verschiedenen Maschinen wie Rasenmäher und Laubbläser. An wen sollten wir uns wenden?

Laut Lärmschutzverordnung sind vermeidbare Arbeiten und damit verbundener Lärm von Geräten und Maschinen an Sonn- und Feiertagen zu unterlassen. An Werktagen darf der Rasenmäher nur zwischen 7 und 20 Uhr genutzt werden. Zudem sind örtliche Reglungen zur Mittagsruhe einzuhalten. Laubbläser gehören zu den Geräten, die werktags nur von 9 bis 13 Uhr und 15 bis 17 Uhr betrieben werden dürfen. Weisen Sie Ihren Nachbarn noch einmal darauf hin und bitten Sie ihn, die Beeinträchtigung zu unterlassen. Ändert sich nichts, sollten Sie sich an das Ordnungsamt ihrer Gemeinde wenden. Um die Belästigung zu dokumentieren, sollten Sie ein Lärmprotokoll darüber führen, wann und wie lange Ihr Nachbar lärmt.