Berlin. Ärger um EU-Pläne für Mehrweg- und Pfandsysteme: Deutschlands Bier- und Getränkehersteller fürchten schwerwiegende Konsequenzen.

Deutschlands Bierflaschen sind gefährdet: Um Verpackungsmüll zu verringern, plant die EU neue Regeln für Pfandsysteme und Verpackungen. Die sollen in Zukunft für alle 27 Mitgliedsstaaten verbindlich gelten und insgesamt zu mehr Nachhaltigkeit führen.

Doch die Pläne stoßen nicht auf Begeisterung bei den Herstellern: Verbände deutscher Bier- und Getränkehersteller haben Kritik geäußert: Der Vorschlag der EU-Kommission gefährde das deutsche Mehrwegsystem, Milliarden Bierflaschen könnten vernichtet werden. Was steckt dahinter?

Deutschlands Bier-Brauer üben Kritik: Das ist das Problem

Bei den geplanten Regeln handelt es sich um die sogenannte Europäische Verpackungsordnung (PPWR). Die beinhaltet neue Deklarationspflichten, die vorsehen, dass auf Mehrwegverpackungen eine "dauerhafte angebrachte Kennzeichnung" geprägt wird.

In Deutschland lief die Kennzeichnung bisher aber über lösbare Etiketten. Die Folge der neuen Regel: Es müssten neue Flaschen her. Und zwar eine ganze Menge: Derzeit sind laut dem Deutschen Brauer Bund rund vier Milliarden Mehrwegpfandflaschen der 1500 deutschen Brauereien im Umlauf.

Mehrere Getränke- und Mehrwegverbände beklagen darum die EU-Pläne in einer gemeinsamen Pressemitteilung: "Obwohl die Stärkung von Mehrwegsystemen gerade auch im Bereich der Getränkewirtschaft das erklärte Ziel der geplanten EU-Verordnung ist, werden bereits etablierte erfolgreiche und seit Jahrzehnten funktionierende Mehrwegsysteme durch die vorgesehenen Regelungen in ihrer Existenz gefährdet."

Bereits vor 70 Jahren hätten Brauereien und Mineralbrunnen, insbesondere mittelständische Unternehmen, damit begonnen, eigene Systeme aufzubauen. Diese "umweltfreundlichen" Systeme seien nun durch das PPWR gefährdet. Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer Deutscher Brauer-Bund e.V., sagt gegenüber dieser Redaktion: "Die EU handelt eigentlich in der guten Absicht, den Verpackungsmüll zu reduzieren – aber für uns als Brauer bedeutet die EU-Bürokratie, dass unsere Systeme dann zerstört werden, weil die bürokratischen Vorgaben aus Brüssel einfach nicht erfüllbar sind." Laut ihm müsse man ganz neue Flaschen herstellen, um die Vorgaben zu erfüllen.

Bierkästen: Müssen sie auch vernichtet werden?

Nicht nur die Flaschen wären von den Regelungen betroffen, auch die Getränkekästen müssten neu entworfen werden. Die EU-Pläne sehen vor, dass die Luft zwischen den Transportverpackungen verkleinert wird und dann nicht mehr als 40 Prozent beträgt. Die Verbände kritisieren, dass der Transport und die Lagerung durch die neuen Vorgaben unmöglich gemacht werde. Die Kästen, wie sie jetzt existieren, müssten eingeschmolzen werden.

Ulrich Biene, Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit von "Veltins", spricht gegenüber der Westfalenpostvon einer „EU-behördlichen Fehlleistung, die dringend der Korrektur bedarf“. Das Mehrwegsystem in Deutschland sei über Jahrzehnte mit Unterstützung der Verbraucher erfolgreich aufgebaut worden, sagt er. Bei "Veltins" liege der Mehrweganteil bei rund 93 Prozent. Eine Umsetzung der EU-Pläne würde "hohe, nicht tragbare Investitionen" nach sich ziehen. Sie würden zudem dem Verbraucherverhalten nicht gerecht. "Da muss dringend nachjustiert werden", sagt Biene.

Die Getränke-Unternehmen dringen auf eine Korrektur der Pläne und haben an das Europäische Parlament geschrieben. In dem Brief fordern sie, dass die EU das bestehende Mehrwegsystem berücksichtigen und die Regeln nicht einfach so aufstülpen solle. Eichele findet ähnliche Worte: "In letzter Konsequenz müssten wir unser umweltfreundliches Mehrwegsystem komplett einstampfen und vernichten. Das ist ökologischer Irrsinn. Die EU-Kommission ist auf dem richtigen Weg, aber sie muss unser System von der neuen Verordnung ausnehmen, wenn sie es mit dem Umweltschutz ernst meint." (emi)