Die Thüringer haben in der Corona-Pandemie viel Zeit zu Hause verbracht. Neue Bedürfnisse sind entstanden. So will die Wohnungswirtschaft darauf reagieren.

Thüringens Wohnungswirtschaft stellt sich auf neue Wohntrends und -bedürfnisse von Mietern nach der Corona-Pandemie ein. "Während der Lockdowns ist die Wohnung über Nacht zum Mittelpunkt des Lebens geworden. Neue Ansprüche an Wohnungszuschnitte, Nutzbarkeit und Infrastruktur entstanden und werden bleiben", sagte der Geschäftsführer des Verbandes der Thüringer Wohnungswirtschaft, Frank Emrich, der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Darauf würden sich die 178 kommunalen und genossenschaftlichen Unternehmen, die der Verband vertritt, einstellen. Alle aktuellen Entwicklungen im Corona-Liveblog

Allein 2020 seien von ihnen 443 Millionen Euro in Neubau, Instandhaltung und Modernisierung investiert worden. 2021 seien 550 Millionen Euro geplant. Die Investitionen würden in den kommenden Jahren weiter steigen. "Wir stecken derzeit in einem Modernisierungszyklus und haben ein Zeitfenster von einem guten Jahrzehnt, um auf veränderten Bedarf zu reagieren."

Flexiblere Wohnungen mit teilbaren Räumen

Emrich nannte als eine Reaktion auf den anhaltenden Trend zum Homeoffice flexiblere Wohnungen mit teilbaren Räumen beispielsweise durch Schiebetüren. "Aus einer Drei-Raum-Wohnung kann man so eine Drei-Raum-Wohnung mit Büro machen." Zudem könnten Gemeinschaftsräume in Wohnquartieren tags als Büros und abends für Treffen und Feiern genutzt werden.

Geübte Praxis sei zudem, Wohnungen zusammenzulegen – gerade in Plattenbauten. "Als sie entstanden, wurden viele Einraumwohnungen gebaut. Heute sind größere Wohnungen gefragt." Teil der Modernisierung sei zudem der Anbau von Balkonen oder Aufzügen, aber auch mehr Hitzeschutz sowie der verstärkte Einsatz von Solaranlagen. "Aber das alles geht nicht ohne eine bessere Förderung vom Land, um Mietsteigerungen zu dämpfen." Der Verband hatte kürzlich gefordert, dass Thüringen seine Wohnraumförderung von derzeit 50 Millionen Euro auf 150 Millionen Euro jährlich erhöht.

Abriss von leerstehenden Wohnungen in ländlichen Regionen

Emrich erwartet nicht, dass die Erfahrungen der Corona-Monate dazu führen, dass viele Menschen aufs Land ziehen werden. "Das ist derzeit nicht erkennbar." Er glaube, dass sich der Drang, vom Land in die Städte zu ziehen, aber etwas abschwächen werde, wenn die Infrastruktur stimme. Derzeit stünden vor allem in ländlichen Regionen etwa 20.000 Wohnungen leer, davon müssten nach Schätzungen etwa 10.000 in den nächsten Jahren abgerissen werden. "An der Bevölkerungsprognose für Thüringen können wir nichts ändern."

Die Verbandsunternehmen bewirtschaften nach Angaben von Emrich rund 264.000 Wohnungen. Sie seien die größten Vermieter in Thüringen. Die durchschnittliche Bestandsmiete betrage 5,54 Euro pro Quadratmeter kalt in den Städten Erfurt, Weimar und Jena und im Schnitt 4,87 Euro in den anderen Gebieten.