Erfurt. Eine Studie sieht bis 2030 in Thüringen zwischen 2000 und 3000 Arbeitsplätze in den Bereichen der Antriebs- und Fahrwerksfertigung gefährdet.

Thüringen möchte die Anwendungsmöglichkeiten für Kurzarbeitergeld erweitern. Es solle künftig nicht mehr nur zum Bewältigen von Konjunkturkrisen genutzt werden, sondern auch „zur Bewältigung des Strukturwandels in einer Branche“. Wir benötigen neue Ansätze, um in Zeiten des Umbruchs Arbeitsplätze zu sichern, sagte gestern Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) zum Abschluss des „Branchendialogs Automobil“ in Erfurt.

Nach seinen Angaben sind bei Herstellern von Antriebs- und Fahrwerkskomponenten in Thüringen derzeit zwischen 2000 und 3000 Arbeitsplätze gefährdet. Besser sei es, diese Beschäftigten im Betrieb gut auf neue Aufgaben und Anforderungen vorzubereiten.

Der Minister betont, dass aktuell bereits die Automobilindustrie samt ihrer Zuliefererbranche vom Strukturwandel betroffen sei, künftig aber aufgrund der Digitalisierung praktisch alle Wirtschaftszweige vor neuen Herausforderungen und einem Wandel stehen würden. Er unterstütze daher ein sogenanntes Transfer-Kurzarbeitergeld.

Dieses Kurzarbeitergeld solle auch bei strukturbedingtem Produktions- und Arbeitsausfall gezahlt werden, also wenn beispielsweise ein tiefgreifender technologischer Wandel wie aktuell in der Automobilindustrie zu bewältigen sei.Tiefensee bekräftigte zudem seinen Vorschlag, betroffene Unternehmen bei der Qualifizierung der Beschäftigten zu unterstützen.

Insolvenzen sind die ersten Vorboten

So sollten dafür das Bilden von Firmenverbünden möglich sein und die Mindestanzahl von Weiterbildungsstunden während der Kurzarbeit gesenkt werden.

Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums verstärke die momentane Konjunkturflaute in der Automobilindustrie und die damit verbundene geringe Nachfrage im In- und Ausland noch zusätzlich die Situation. Thüringen wolle bisher aber nicht von einer allgemeinen Krisenstimmung sprechen. Allerdings komme die Transformation der Branche heftiger, als das viele Firmenchefs noch vor wenigen Jahren angenommen hätten, so Tiefensee.

Laut einer Studie des „Chemnitz Automotive Institute“ (Cati) sind thüringenweit in den Produktionsbereichen Antrieb und Fahrwerk rund 19.000 Menschen beschäftigt. Wegen des Strukturwandels der Branche würden bis 2030 etwa 15 Prozent dieser Arbeitsplätze wegfallen. Die Insolvenz von Firmen wie Mitec und JD Norman sowie angekündigte Standortschließungen etwa bei Autotest oder Plastic Omnium sind laut Wirtschaftsministerium lediglich Vorboten der Entwicklung.