Erfurt. Wie lange hält die Wirtschaft die Zwangspause durch die Corona-Krise aus? Wirtschaftsminister Tiefensee hofft, dass die Thüringer mithelfen, dass die Produktion nach den Osterferien Schritt für Schritt hochgefahren werden kann.

Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) erwartet, dass aus dem Soforthilfeprogramm des Landes für kleine Unternehmen bis zu 250 Millionen Euro gezahlt werden müssen. Der Bedarf werde nach seiner Einschätzung damit deutlich höher ausfallen als die zunächst geschätzten 175 Millionen Euro, sagte Tiefensee am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Der SPD-Politiker appellierte an die Thüringer, die Regeln zur Eindämmung der Corona-Pandemie einzuhalten, damit die Wirtschaft nach etwa einmonatiger Zwangspause nach dem 20. April Schritt für Schritt wieder hochgefahren werden könne.

Bisher 20.000 Anträge für Soforthilfe in Thüringen

Das Land hatte das Hilfsprogramm Anfang vergangener Woche gestartet. Nach weniger als fünf Tagen lagen bereits rund 20.000 Anträge von Selbstständigen und kleinen Firmen mit bis zu 50 Beschäftigten vor, die durch die Corona-Krise in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind. „Es gibt einen großen Run auf die Hilfen für Unternehmen in Not.“ Das zeige auch, wie problematisch die Lage sei, so Tiefensee. Es dürfte nicht passieren, dass ganze Branchen an den Abgrund gerieten.

Mit der Soforthilfe - seit vergangenen Freitag gibt es auch ein Bundesprogramm - werde gesichert, dass die Wirtschaft etwa einen Monat mit Stillstand oder deutlichen Einschränkungen in der Produktion oder im Geschäftsbetrieb überbrücken könne, sagte der Minister. „Im zweiten Monat sollten wir die Wirtschaft wieder anfahren können.“

Dafür gebe es nach seiner Meinung nach Strategien, die parallel laufen müssten: Die Anzahl der Tests auf das Coronavirus sowie die der Intensivbetten in den Krankenhäusern müsste erhöht und das medizinische und Pflegepersonal sicher geschützt werden.

„Vieles hängt auch vom Verhalten der Menschen ab"

„Vieles hängt auch vom Verhalten der Menschen ab. Angesichts der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Risiken habe ich kein Verständnis dafür, wenn sich Einzelne nicht an die Regeln halten, die die Infektionsgefahr eindämmen sollen.“ Bis zum Ende der Osterferien müsste erreicht werden, dass die Zahl der Neuinfektionen nicht mehr so schnell steige. Zudem müssten Risikogruppen besonders geschützt werden.

„Dann können wir nach dem 20. April auch das wirtschaftliche Leben möglichst schnell wieder hochfahren.“ Automobilzulieferer, die die Thüringens Wirtschaft prägen, aber auch der Maschinenbau oder Handwerksbetriebe mit ihren rund 150 000 Beschäftigten müssten in die Lage versetzt werden, dass sie wieder produzieren und arbeiten könnten.

Sollte die Wirtschaft zwei Monate lang auf Sparflamme wie bisher laufen müssen, wäre das nach Schätzungen allein in Thüringen mit Wertschöpfungsverlusten von fünf bis zehn Milliarden Euro verbunden. Das sei ein immenser Schaden.

Bundeshilfe für kleine Unternehmen und Soloselbstständige startet ab Montag

Ab Montag soll die Auszahlung von Direkthilfen an Millionen von kleinen Firmen, Soloselbstständigen und Freiberufler beginnen. Insgesamt geht es um Bundesmittel von bis zu 50 Milliarden Euro. Bund und Länder einigten sich am Sonntag auf eine Verwaltungsvereinbarung, wie das Finanz- sowie das Wirtschaftsministerium am Sonntag mitteilten. Dadurch könnten die Länder die Bundesmittel ab Montag abrufen, um Zuschüsse schnell und unbürokratisch auszuzahlen.

Wegen der drastischen Auswirkungen der Coronakrise fürchten viele Soloselbstständige um ihre Existenz - also etwa Musiker, Fotografen, Künstler, Heilpraktiker, Dolmetscher oder Pfleger. Viele Geschäfte mussten schließen, Messen, Veranstaltungen und Konzerte wurden abgesagt. Aufträge und Umsätze vieler Solo-Selbstständiger sind weggebrochen.

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Ziel ist es nun, Liquiditätsengpässe bei kleinen Firmen zu überbrücken, die in der Regel keine Kredite erhalten und über keine Sicherheiten oder weitere Einnahmen verfügen. Konkret bekommen Firmen mit bis zu fünf Beschäftigten eine Einmalzahlung von 9000 Euro für drei Monate, Firmen mit bis zu zehn Beschäftigten 15 000 Euro.

Die Antragsteller müssen versichern, durch die Corona-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten zu sein. Die Firmen dürfen sich nicht bereits am 31. Dezember in finanziellen Schwierigkeiten befunden haben. Die Anträge können über Stellen der Ländern gestellt werden, meist sind dies staatliche Förder- oder Investitionsbanken.

Die Bundesregierung geht bei dem milliardenschweren Programm von drei Millionen Selbstständigen und Kleinstunternehmen aus, die es in Anspruch nehmen. Das Bundeskabinett hatte das Programm vor einer Woche beschlossen.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte: „Damit reagieren wir auf die Not vieler kleiner Unternehmen, Selbstständiger, Freiberufler und Landwirte, die dringend auf diese Hilfen angewiesen sind.“

Um die Milliardenhilfen für kleine Firmen sowie etwa mehr Gelder an Krankenhäuser finanzieren zu können, hatte der Bundestag am vergangenen Mittwoch einen Nachtragshaushalt von 156 Milliarden Euro beschlossen. Dafür hatte der Bundestag eine Notfallregel bei der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse genutzt.

Um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abzufedern und Jobs zu schützen, ist neben dem Programm für kleine Firmen etwa ein Rettungsfonds für große Unternehmen beschlossen worden, über den sich der Staat notfalls an angeschlagenen Konzernen beteiligen kann.

Daneben läuft für alle Firmen bereits ein Sonder-Kreditprogramm über die staatliche Förderbank KfW, um Liquidität von Unternehmen zu sichern. In der Wirtschaft gibt es allerdings Kritik am Hilfspaket. Wirtschaftsverbände fordern direkte Zuschüsse auch für mittelständische Unternehmen, außerdem seien Kreditanträge zu aufwendig und dauerten zu lange.

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Kleinunternehmer und Solo-Selbstständige können ab Montag die von der Bundesregierung bereitgestellten Soforthilfen abrufen. Das teilten laut MDR das Bundeswirtschafts- und der Bundesfinanzministerium am Sonntag mit. Bund und Länder hätten dazu eine entsprechende Verwaltungsvereinbarung getroffen. Kleinunternehmen mit bis zu fünf Beschäftigten können einmalig 9.000 Euro erhalten, Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten 15.000 Euro. Das Geld ist vor allem dafür vorgesehen, trotz einbrechender Einnahmen weiterlaufende Zahlungsverpflichtungen etwa für die Miete von Geschäftsräumen abzudecken. Für die Auszahlung sind Behörden oder Förderbanken der Länder zuständig.