Berlin. Drei Jahrzehnte nach der Maueröffnung sind die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen Ost und West immer noch sichtbar. Doch die Kluft ist zuletzt kleiner geworden.

Die ostdeutschen Bundesländer haben nach Medienberichten in den vergangenen Jahren wirtschaftlich deutlich aufgeholt. Die Unzufriedenheit ist dennoch weiterhin hoch.

„Die Wirtschaftskraft Ostdeutschlands ist von 43 Prozent im Jahr 1990 auf 75 Prozent des westdeutschen Niveaus im Jahr 2018 gestiegen und entspricht damit nahezu dem Durchschnitt der Europäischen Union“, heißt es im neuen Jahresbericht der Bundesregierung zur Deutschen Einheit, aus dem das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) und das „Handelsblatt“ am Wochenende zitierten. Im zurückliegenden Jahresbericht hatte es mit Blick auf 2017 noch geheißen, die Wirtschaftskraft verharre mit 73,2 Prozent in etwa auf dem Vorjahresniveau. Über den neuen Bericht will das Bundeskabinett kommenden Mittwoch beraten.

Osten durch Abwanderung junger Menschen belastet

Löhne, Gehälter und verfügbare private Einkommen erreichen demnach inzwischen etwa 85 Prozent des westdeutschen Niveaus. Der Abstand sei noch geringer, wenn man die unterschiedlichen Lebenshaltungskosten in Ost und West berücksichtige, hieß es.

Die Regierung zieht laut RND-Bericht eine positive Bilanz der Entwicklung nach 1989: „Das Zusammenwachsen Deutschlands und die Angleichung der Lebensverhältnisse sind seither weit vorangekommen.“ Belastet sei der Osten durch die zurückliegende Abwanderung vor allem junger Menschen sowie den Geburtenrückgang der 1990er Jahre.

Auch um die Zufriedenheit ist es im Osten nicht gut bestellt. In dem Jahresbericht wird den Angaben zufolge auf eine Umfrage verwiesen, bei der 57 Prozent der Ostdeutschen angegeben hatten, sie fühlten sich als „Bürger zweiter Klasse“. Diese Unzufriedenheit hat die AfD in ihren Wahlkämpfen im Osten zuletzt stark thematisiert. Für Brandenburg und Thüringen entwarf sie Plakate mit dem Slogan „Vollende die Wende“.

Ostdeutsche arbeiten nach 30 Jahren Wende immer noch länger

Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch kritisierte den Bericht als „einzige Lobhudelei“. „Natürlich ist viel geleistet worden, von Ost- und Westdeutschen“, sagte Bartsch dem RND. „Aber dass nach 30 Jahren Ostdeutsche weiterhin länger arbeiten müssen und dafür weniger Geld bekommen, ist eine von vielen nicht akzeptablen Fakten. Es bleibt viel zu tun.“

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt zitierte der RND mit den Worten: „Menschen in abgehängten Regionen vertrauen keinem Staat, der sie augenscheinlich vergessen hat.“ Um Regionen, wo die Menschen über Ärztemangel, Funklöcher und ein spärliches Nahverkehrsangebot klagen, will sich die Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse der Bundesregierung kümmern. Ein Treffen der Kommission mit Vertretern der Ländern soll nach Auskunft des Innenministeriums am kommenden Freitag im Kanzleramt stattfinden.

Das könnte Sie auch interessieren: