Erfurt. Von Mitte April bis Anfang Mai haben die Thüringer Industrie- und Handelskammern ihre jährliche Ausbildungsumfrage in den regionalen Unternehmen durchgeführt. Die Firmen äußerten sich zu ihren Ausbildungsplänen, -erfahrungen und -erwartungen.

Von Mitte April bis Anfang Mai haben die Thüringer Industrie- und Handelskammern ihre jährliche Ausbildungsumfrage in den regionalen Unternehmen durchgeführt. Das teilt die Kammer in einer Presseinformation mit.

Die Ergebnisse bestätigen die Entwicklungen der vergangenen Jahre: Die niedrigen Schulabgängerzahlen und der anhaltende Trend zum Studium wirken sich verschärfend auf die Bewerbersituation in der dualen Ausbildung aus. Die Unternehmen reagieren darauf mit unterschiedlichen Strategien.

Die wichtigsten Ergebnisse:

Für Unternehmen wird es immer schwieriger, offene Ausbildungsplätze zu besetzen.

Stärker als im Bundesdurchschnitt (32 Prozent) ist die Thüringer Wirtschaft von der sinkenden Nachfrage betroffen. In jedem zweiten Betrieb (43 Prozent) blieben Ausbildungsplätze unbesetzt. Damit wird es für die Unternehmen eine immer größere Herausforderung, ihre Fachkräfte über die Ausbildung von eigenem Nachwuchs zu sichern. Im Durchschnitt blieben in den Firmen 2,1 angebotene Ausbildungsplätze unbesetzt. Im Vorjahr waren es noch 1,7 Plätze.

Jeder dritte Betrieb erhält gar keine Bewerbungen mehr.

36 Prozent der Unternehmen gaben an, im vergangenen Jahr gar keine Bewerbungen erhalten zu haben. Rund zwei Drittel (64 Prozent) der Betriebe, die ihre Plätze nicht besetzen konnten, erhielten keine geeigneten Bewerbungen.

Digitalisierung schreitet voran.

Die Bedeutung der digitalen Kompetenzen beim Nachwuchs nimmt an Bedeutung zu. Für zwei Drittel der Betriebe sind IT-Kenntnisse der Jugendlichen in Zukunft von steigender oder gleichbleibend wichtiger Relevanz. Auch Kommunikationsfertigkeiten, strukturiertes Arbeiten und selbstständiges Handeln gewinnen bei der Einstellung von Azubis an Bedeutung. Verschiedene Betriebe gaben an, dass sie interdisziplinäres Arbeiten fördern, z.B. durch Azubi-Projekte.

Bessere Chancen für Flüchtlinge und lernschwächere Jugendliche.

Ausländische Mitbürger rücken verstärkt in den Fokus der Betriebe. In Zukunft wollen mehr Betriebe geflüchtete Menschen ausbilden. Insgesamt 28 Prozent gaben an, sich dafür bereits zu engagieren oder dies zu planen, bundesweit sind es 29 Prozent. Für 94 Prozent der Unternehmen sind dabei ausreichende Deutschkenntnisse (B1) das wichtigste Kriterium bei der Einstellung – gefolgt von ausreichenden schulischen und beruflichen Kenntnissen (57 Prozent) und der Notwendigkeit eines vorherigen Betriebspraktikums (47 Prozent). Auch lernschwächere Jugendliche haben beste Chancen. Für diese bieten die Unternehmen verschiedene Unterstützungsangebote in Form von berufsorientierenden Praktika, Einstiegsqualifizierungen und ausbildungs-begleitenden Hilfen. Sie arbeiten dabei intensiv mit Beratungsdienstleistern und der Agentur für Arbeit zusammen.

Unklare Berufsvorstellungen bleiben die größte Herausforderung. Die Devise lautet: Berufsorientierung stärken.

Für mehr als jeden zweiten Betrieb (58 Prozent) sind die unklaren Vorstellungen vieler Jugendlichen vom künftigen Beruf die größte Herausforderung. Die berufliche Orientierung muss daher weiter ausgebaut und praxisorientierter umgesetzt werden. Es sollten Beschäftigungsperspektiven, Verdienstmöglichkeiten und Karrierechancen in der Beruflichen Bildung aufgezeigt werden – insbesondere in Bereichen, in denen dies derzeit noch nicht umfassend erfolgt, wie beispielsweise in den Gymnasien.

Hemmnisse in Motivation und Umgang größer als fachliche Defizite.

Die Zahl der Unternehmen, die Ausbildungshemmnisse feststellten, blieb weitgehend konstant. Dabei stehen Hemmnisse bei der Leistungsbereitschaft und Motivation (71 Prozent) und der Belastbarkeit (68 Prozent) deutlich vor fachlichen Defiziten wie das mündliche und schriftliche Ausdrucksvermögen (57 Prozent) und mathematischen Kenntnissen (55 Prozent).

Unternehmen richten sich an neue Bewerbergruppen wie Studienabbrecher und schaffen neue Anreize.

Die Baby-Boomer-Generation nähert sich der Rente, so dass perspektivisch zahlreiche erfahrene Mitarbeiter in den Betrieben ersetzt werden müssen. Um qualifizierte Bewerber zu finden, erweitern die Personalabteilungen ihren Radius. So werden auch aktiv neue Zielgruppen wie Studienabbrecher (41 Prozent der Befragten) angesprochen. Jeder zweite Geschäftsführer will zukünftig sein Ausbildungsmarketing verbessern oder hat dies bereits getan. Jeder vierte Befragte bietet seinen Azubis materielle oder finanzielle Anreize. Hier dominieren die Beihilfe zur Mobilität, überdurchschnittliche Vergütungen und sogar ein höherer Urlaubsanspruch.

Die Ergebnisse bestätigten die Aktivitäten der Thüringer Wirtschaft gemeinsamen mit ihren Industrie- und Handelskammern, teilt die IHK mit.