Jena. Zur Hauptversammlung der Intershop Communications AG. Die Umstellung des Geschäftsmodells geht zu Lasten des Umsatzes.

Die Intershop Communications AG aus Jena ist ein schwieriger Fall. Vor nicht ganz 21 Jahren an die Börse gegangen und zwischenzeitlich mit mehr als 11 Milliarden Euro bewertet, ist das Unternehmen nach Absturz des Neuen Marktes und einer ganzen Reihe von Vorstandswechseln inzwischen in halbwegs ruhigem Fahrwasser angekommen. Zur Hauptversammlung am gestrigen Mittwoch in Jena wurde aber deutlich, dass noch immer Aktionäre der ersten Stunde dabei sind, die sich von der Hoffnung auf ein wenig Kapitalrendite noch nicht verabschiedet haben.

In diesem Jahr bleibt es bei der Hoffnung. Der Spezialist für die Entwicklung und den Vertrieb von Software für Online-Shops hat im letzten Jahr seine Organisation ordentlich umgebaut. Das Vertriebsmodell hat sich radikal verändert. Die sogenannte E-Commerce-Software wird kaum noch verkauft. Stattdessen wird die digitale Infrastruktur für den Online-Shop, Lagerhaltung und Anbindung in andere Software-Dienste der Kunden als Komplettpaket mit Service-Dienstleistungen für einen bestimmten Zeitraum vermietet, wie Vorstandschef Jochen Wiechen den Aktionären erläuterte. Drei Jahre sind Standard, es geht auch länger. Der Umsatz für Intershop hängt auch davon ab, wie viel Umsatz ein Kunde mit dem jeweiligen Portal erreicht. Dafür muss Intershop schneller arbeiten: „Nach Vertragsabschluss muss ein Shop in drei oder vier Monaten online sein, nicht nach einem Jahr.“ Diese Veränderungen kosten Umsatz, weil Kunden eben nicht mehr gleich eine große Summe zahlen, sondern über Jahre gestreckt. 2018 sank der Umsatz auf 31,2 Millionen Euro, der Verlust betrug fast sechs Millionen Euro.

Auch das erste Vierteljahr 2019 verlief holprig: Zehn Prozent weniger Umsatz als noch ein Jahr zuvor. Reichlich sieben Millionen Euro standen zu Buche, bei gut zwei Millionen Euro Verlust. Der Umbau der Vertriebsorganisation braucht Zeit, um zu wirken. Trotzdem sieht man sich auf dem richtigen Weg: 40 Neukunden sollen in diesem Jahr insgesamt gewonnen werden, 15 waren es 2018.

Daraus sollen sechs Millionen Euro zusätzlicher und wiederkehrender Umsatz entstehen, denn Kunden unterschreiben für mehrere Jahre. Der größte Aktionär, die Beteiligungsgesellschaft Shareholder Value, steht hinter dem Kurs. „Wir haben nicht erwartet, dass so eine Transformation ohne Probleme verläuft", sagt der Vertreter der Gesellschaft vor den Aktionären. Im Zuge einer Kapitalerhöhung hält die Gesellschaft mit Sitz in Frankfurt inzwischen etwa 32 Prozent der Anteile. Den Aktionären liegt das Angebot vor, für 1,39 Euro pro Aktie ihre Anteile zu verkaufen. Seit Wochen pendelt der Aktienkurs um dieses Niveau herum. Dass die angepeilte Neukundenzahl binnen eines Monats nach außen hin stillschweigend von 50 auf 40 reduziert wurde, gefällt aber auch den Frankfurtern nicht.

Da spielt auch keine Rolle, dass der angenommene Umsatz pro Kunde steigt. Vorstandschef Jochen Wiechen entschuldigt sich schließlich für die missglückte Kommunikation. Womöglich besteht Aussicht auf Besserung: Vorstand Markus Klahn erläutert, dass Abschlüsse im Juni bevorstehen. Das letzte Quartal des Jahres will man wieder schwarze Zahlen schreiben. Die Prognose sieht vor, bereits in diesem Jahr bei 35 Millionen Euro Umsatz zu liegen und in einem Jahr auf 50 Millionen zu wachsen. An diesen Zahlen hat der Vorstand nichts geändert.

Vielleicht dürfen die Aktionäre dann mit einer kleinen Kapitalrendite rechnen.

Ein Interview mit Vorstand Jochen Wiechen steht unter www.thueringer-allgemeine.de