Weimar. Die AfD-Landtagsfraktion hat Zweifel, ob die von der Landesregierung erlassenen Corona-Beschränkungen rechtens sind. Die Verfassungsrichter in Weimar sollen nun die Verordnungen von Mai, Juni und Juli 2020 prüfen.

Sind die Verordnungen der rot-rot-grünen Landesregierung zur Eindämmung der Corona-Pandemie rechtens? Diese Fragen sollen Thüringens Verfassungsrichter in Weimar beantworten - die AfD-Landtagsfraktion hat Klage eingereicht. An diesem Mittwoch wird sie von Thüringens höchsten Richtern verhandelt. In anderen Bundesländern gab es bereits ähnliche Klagen.

Kaum eine Landtagssitzung vergeht derzeit in Erfurt, ohne dass Mitglieder der AfD-Fraktion oder ihr umstrittener Chef Björn Höcke Zweifel an den von der Landesregierung erlassenen Verordnungen anmelden, die die Infektionszahlen verringern sollen. Höcke kündigte immer wieder Widerstand an - „mit den Möglichkeiten des Rechtsstaats“. Die rot-rot-grüne Landesregierung sieht er auf dem Holzweg, mit Tests könnte man eine „künstliche Pandemie erzeugen“, sagte Höcke in der vergangenen Woche im Landtag und erntete dafür massive Kritik aller anderen Fraktionen.

Verordnungen auf dem Prüfstand

Worum geht es genau vor dem Verfassungsgericht? Die AfD hat Verordnungen vom 12. Mai, 9. Juni und 7. Juli auf den Prüfstand gestellt, auch wegen möglicher formaler Fehler. Es geht also nicht um den Teil-Lockdown, der derzeit gilt. Ein Versuch der AfD, Teile der Regeln aus Frühjahr und Sommer vorab per Eilantrag außer Vollzug zu setzen, hatte vor dem Verfassungsgericht keinen Erfolg. Dabei ging es unter anderem um das Abstandsgebot von 1,5 Metern sowie das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen beispielsweise im Nahverkehr.

Wie begründeten die Richter ihr Nein zu dem Eilantrag im Juni? Mit der Abwägung der Folgen. Das Interesse der AfD an der Außervollzugsetzung trete hinter der Notwendigkeit der Infektionsschutz-Grundverordnung zurück, begründeten sie ihre damalige Entscheidung. „Die gerügten Grundrechtsverletzungen sind mit Blick auf das von der Verordnung verfolgte Ziel eines effektiven Infektionsschutzes von eher geringem Gewicht und deshalb vorübergehend hinzunehmen“, so die Verfassungsrichter. Der Staat sei zum Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit der Bürger „nicht nur berechtigt, sondern auch verfassungsrechtlich verpflichtet“, erklärten sie zu dem von ihnen abgelehnten Eilantrag.

So begründet die AfD die Normenkontrollklage

Im Hauptverfahren, das jetzt beginnt, geht es darum, ob die Regeln, die Persönlichkeitsrechte beschneiden, Bestand haben. „Wir haben keine Corona-Krise, wir haben eine Lockdown-Krise“, hatte der stellvertretende parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Stefan Möller, die Normenkontrollklage begründet. Als Beispiele nannte Möller Einschränkungen im Versammlungsrecht, die einige Wochen im Frühjahr galten, sowie die Erfassung persönlicher Daten von Gaststättenbesuchern. „Es gäbe mildere Mittel, mit denen der Staat seine Schutzpflichten wahrnehmen könnte“, argumentierte Möller, der Jurist ist.

Problematisch sei zudem, dass die Einschränkungen auf Verordnungen der Regierung und nicht auf vom Landtag beschlossenen Gesetzen basierten. Darauf hat die Politik inzwischen reagiert. Die Thüringer Verordnung zum Lockdown, die derzeit gilt, sah einen Parlamentsvorbehalt und damit ein Mitspracherecht der Abgeordneten vor, der Bundestag beschäftigt sich mit einem überarbeiteten Infektionsschutzgesetz.