Bad Langensalza. In den Turm geschaut (13 und 14): Im Naturgarten des BUND tragen Burg- und Rundturm zur Märchen-Atmosphäre bei

Gleich zwei Stadtmauertürme gibt es im Naturgarten des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) in Bad Langensalza. Der sogenannte Burgturm gilt sogar als der älteste von allen in der früheren Stadtbefestigung. Wie er künftig genutzt wird, ist ebenso offen wie bei seinem etwas kleineren Nachbarn, dem Rundturm.

Wer den Naturgarten vom Grabenweg her durch eine schmiedeeiserne Tür in der Stadtmauer betritt, könnte sich in ein Märchen versetzt glauben. Schöne alte Bäume zieren das von der alten Mauer an zwei Seiten eingerahmte Areal, es gibt lauschige, bunt bewachsene Ecken, ein uralter Brunnen ist zu sehen, ein Brotbackofen, ein Teich, ein bemalter Bauwagen und der dominante Turm in der Ecke wirkt, als ob gleich Rapunzel ein Fenster öffnet und ihr Haar herunterlässt.

Der Garten ist nach der jüngst erfolgten Umgestaltung vorzeigbarer denn je. 25 Jahre lang beherbergte der große Eckturm auf seinen drei Etagen eine Umweltbibliothek. Inzwischen ist er fast leergeräumt: „Die Bibliothek wurde in den letzten Jahren fast gar nicht mehr genutzt“, begründet der Vorsitzende des BUND, Gunther Wurschi, bei einem Ortstermin. Nach und nach seien die Bestände auch veraltet. Jetzt suche man eine neue Nutzung.

Denkbar wäre zum Beispiel eine Ausstellung zur Umweltbildung, der sich der Verein mit dem Garten selbst und seinem Fachwerkhaus samt Café an der Burggasse ohnehin verschrieben hat. So etwas aufzubauen sei allerdings aufwendig, koste Zeit und Geld, weiß Wurschi: Wenn die Ausstellung modernen Ansprüchen genügen soll, müsse sie interaktiv sein, inklusive elektronischer Medien.

Ähnlich sieht es mit dem sogenannten Rundturm aus. Er hat, nur von innerhalb des Gartens zu sehen, oben eine Art „Wachstube“ mit Fenstern zum Garten hin. Um den Raum zu erreichen, geht es auf Treppen direkt an der Stadtmauer hoch. Auch dieser Raum ist momentan leergeräumt. Er könnte künftig für Besucher des Gartens als ein meditativer Ort der Stille dienen, nennt Wurschi eine weitere Idee.

Der Rundturm hat ein malerisches Türmerzimmer. Die Stadtmauer zeigt hier ihre Originalhöhe.
Der Rundturm hat ein malerisches Türmerzimmer. Die Stadtmauer zeigt hier ihre Originalhöhe. © Daniel Volkmann

Links und rechts dieser Wachstube ist übrigens zu sehen, wie hoch die Stadtmauer einst tatsächlich war: Die Abschnitte steigen auf den Rundturm zulaufend bis in die originale Höhe an. Im unteren Teil des Turms stehen alte Geräte wie ein Pflug und ein Butterfass. Sie waren einst Teil einer Ausstellung zur bäuerlichen Landwirtschaft. Auch hier würden neue Ideen gesucht.

Die Nutzung ist eine der zentrale Fragen im Denkmalschutz. Einerseits bewahrt sie Bauten vor dem langsamen Verfall. Andererseits schränkt sie die Möglichkeiten ein. So wären beispielsweise eine Ferienwohnung im Burgturm sicher der Renner, würde aber wohl nie genehmigt, weiß Wurschi.

Dass der Naturschutzverband auch hier Vorbild ist, hat er sogar schriftlich: Für die Sanierung des Turms mit viel ehrenamtlichem Engagement und äußerster denkmalpflegerischer Rücksicht nach Übernahme des Gartens 1991 erhielt er 1994 den Hessisch-Thüringischen Denkmalpreis.

1993 entdeckten die Sanierer unter einem Zwischenboden sogar frühbarocke Deckenmalereien wieder, die im „Türmerzimmer“ im 3. Stock seitdem zu sehen sind. Wie schwer der Turm damals geschädigt war, von Schwamm befallen und in Teilen sogar einsturzgefährdet, belegt eine Dokumentation.

Warum heißt der Turm aber Burgturm und woher kommt die Annahme, dass er der älteste von allen ist? Davon berichten das Stadtmauer-Buch von Gisela Münch und Nachforschungen während der Sanierung Anfang der 90er-Jahre. Demnach lasse die singuläre Bauweise – er gleicht keinem anderen Turm – und der Zustand der Steine von Turm und angrenzender Mauer auf ein höheres Alter schließen. Möglicherweise sei der Turm ein Überrest einer ehemaligen Burg, auf die auch der Name „Burggasse“ hindeute.

Die Bad Langensalzaer Stadtmauer

Die heutige Altstadt von Bad Langensalza war einst durch eine weitläufige Stadtmauer geschützt. Trotz vieler Abrisse im Laufe der Jahrhunderte sind bis heute noch weite Teile der Befestigung erhalten. Von den ehemals mehr als 30 Türmen können heute noch 16 und ein Gartenhäuschen auf der Mauer betrachtet werden.

Diese stilisierte Grafik verdeutlicht, an welchem Punkt der Stadtmauer sich der Rundgang gerade befindet.
Diese stilisierte Grafik verdeutlicht, an welchem Punkt der Stadtmauer sich der Rundgang gerade befindet. © Andreas Wetzel

Im Jahr 1212 erhob Kaiser Otto IV. die Dryburg mit der umgebenden Siedlung Salza zur Stadt. Damit einher ging das Recht der Stadtbewohner zum Bau einer schützenden Befestigung.

Der erste Stadtmauerring mit etwa 1,5 Kilometern Länge umschloss die Altstadt, was etwa dem Areal zwischen Erfurter Tor, Mauergasse, Lindenbühl/Herrenstraße, Bornklagengasse, Wiebeckplatz, unterer Mühlhäuser Straße, Dryburg, Jüdengasse, Kurpromenade und Erfurter Straße entspricht.

Mit dem Bau des zweiten Stadtmauerrings wurde 1356 begonnen. Die Übergänge zwischen beiden Ringen bildeten ein nicht mehr erhaltener Rundturm neben dem Butterturm sowie der Tellerturm an der Kurpromenade.

Quelle: Gisela Münch, Die mittelalterliche Stadtbefestigung von Bad Langensalza, Verlag Rockstuhl