Berlin. Superfoods sind kein moderner Trend. Eine archäologische Studie zeigt, dass Menschen bereits in der Steinzeit „super“ gegessen haben.

Superfoods – dieser Begriff hat in den letzten Jahren die Welt der Ernährung im Sturm erobert. Von exotischen Beeren bis hin zu grünen Blattgemüsen: Superfoods versprechen eine Fülle von gesundheitlichen Vorteilen und gelten manchem als Wundermittel für Körper und Geist. Die Begeisterung dafür ist jedoch gar nicht so modern, wie man meinen mag. Offenbar wussten sie schon in der Steinzeit, wie man „super“ isst. Eine Studie hat etwa herausgefunden, dass vor Tausenden Jahren bereits bestimmte Algen auf dem Speiseplan standen.

Algen – ein unbekanntes Superfood in Europa

Die Meerespflanzen sind wahre Nährstoffbunker. Sie sind reich an:

  • Vitaminen
  • Mineralien
  • Antioxidantien
  • essenziellen Fettsäuren

In vielen Teilen der Welt sind sie fester Bestandteil der Ernährung. In Japan wird die Nori-Alge für Sushi-Rollen verwendet. In Korea wird Seetang geröstet und gewürzt und ist ein leckerer Pausensnack. Und in China werden Algen in Suppen oder Salaten verwendet. Auch in den USA gibt es getrocknetes „Seaweed“ als gesunden Snack für zwischendurch.

In Europa ist das Superfood zwar bekannt, doch kaum jemand integriert Algen in seine tägliche Ernährung. Das war jedoch nicht immer so. Wissenschaftler der University of York und der University of Glasgow haben herausgefunden, dass Algen von der Jungsteinzeit bis ins Mittelalter zu den gängigen Lebensmitteln der Europäer gehörten. Die Studienergebnisse wurden in der Zeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht.

Die Zähne verraten die Essgewohnheiten

Die Erkenntnisse basieren auf der Analyse von Zahnresten aus verschiedenen Zeitaltern. In 28 archäologischen Ausgrabungsstätten von Nordschottland bis Südspanien wurden Überreste von 74 Individuen geborgen. Im Zahnstein der Überreste waren sogenannte Biomarker eingebettet.

Die Untersuchung dieser Biomarker im Zahnstein offenbarte winzige Spuren von Rot-, Braun- und Grünalgen sowie Süßwasserpflanzen. Bislang gab es keine direkten Beweise für den Verzehr von Algen durch den Menschen in der Vergangenheit, „weshalb sie nicht als Teil der alten europäischen Ernährung betrachtet wurden“, so die Forschenden. Doch die Befunde deuten darauf hin, „dass diese Ressourcen, die heute in Europa nur noch selten gegessen werden, bis vor relativ kurzer Zeit ein fester Bestandteil der Ernährung waren“, heißt es weiter im Bericht.

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    Die frühen Europäer waren auf den Geschmack gekommen

    Dass Menschen früher von aquatischen Ressourcen wie Algen gelebt haben, war bereits bekannt. Doch die Wissenschaft ist davon ausgegangen, dass die Algen und Süßwasserpflanzen mit der Ausbreitung von Ackerbaum, Landbesitz und vollständiger Sesshaftigkeit in der Jungsteinzeit nur noch als „marginale oder Hungernahrung angesehen oder sogar an den äußersten Küsten Europas ganz aufgegeben wurden“.

    Die Erkenntnisse belegen jedoch, dass sie bis ins frühe Mittelalter auf den Tisch kamen – und das, obwohl die Menschen theoretisch nicht mehr auf die „Ausbeutung wilder Ressourcen“ wie Algen und Süßwasserpflanzen angewiesen waren. Sie konnten inzwischen von tierischen Erzeugnissen und insbesondere Milchprodukten leben.

    Warum haben Europäer dann weiterhin Algen und andere Wasserpflanzen gegessen? Wussten sie von den gesundheitlichen Vorteilen des Superfoods? Die Forscher vermuten, dass „Wildpflanzen zur Ergänzung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse“ konsumiert wurden, „entweder aus Vorliebe oder aus Notwendigkeit“.

    Weshalb sie zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr auf dem Speiseplan standen, können die Wissenschaftler nicht erklären. „Heute sind Algen und Süßwasserpflanzen in der traditionellen westlichen Ernährung praktisch nicht mehr vertreten“, erklären die Studienautoren. Sie haben sich zu einer Hungerressource und Tierfutter entwickelt. Doch der Wandel dorthin erfolgte „wahrscheinlich über einen langen Zeitraum“.

    Forscher hoffen auf Verbesserung der heutigen Ernährung

    Die Forscher hoffen, dass die Erkenntnisse dazu beitragen, den westlichen Ernährungsplan wieder nachhaltiger und gesünder zu gestalten. Algen und Süßwasserpflanzen gehören zu „vergessenen lokalen Ressourcen“ und könnten „Anhaltspunkte für die Verbesserung der heutigen Ernährung und der Umweltauswirkungen der Nahrungsmittelversorgung liefern“, so die Autoren.

    Gemeint sind damit laut den Forschern „die negativen gesundheitlichen und ökologischen Auswirkungen der übermäßigen Abhängigkeit von einigen wenigen landwirtschaftlichen Massenprodukten“, die die westliche Ernährung prägen. Die Wiederentdeckung alternativer, lokaler, nachhaltiger Nahrungsressourcen biete großes Potenzial, die Nahrungsmittelversorgung nicht nur im Westen, sondern weltweit zu verbessern und die Abhängigkeit von der Massenproduktion zu bekämpfen.