Washington. Demokraten und Republikaner wollen den Megastar als Präsidenten der USA. Johnson ziert sich – noch. Dabei überraschen die Umfragewerte.

Soll statt Joe Biden oder Donald TrumpDwayne „The Rock“ Johnson ins Weiße Haus? Was sich ein Jahr vor der Präsidentschaftswahl in den USA wie eine Satire auf „Titanic“-Niveau anhört, hat einen seriösen Hintergrund.

Wissend um die hartnäckige Unbeliebtheit des Amtsinhabers und seines mutmaßlichen Herausforderers haben Emissäre von Demokraten und Republikanern beim Hollywood-Megastar ernsthaft den Willen zum Wechsel in die Politik abgefragt.

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Johnson, bekannt aus „Baywatch”, „Die Mumie kehrt zurück“, „Fast & Furious“ oder „Jumanji“ ziert sich – noch. Auf entsprechende Interview-Fragen sagte der 51-Jährige, auf Sicht werde er sich „sicher“ mit dem Thema beschäftigen. Im Moment wolle er seinen jüngsten Töchtern (7 und 5) als Papa zur Verfügung stehen.

Gerüchte um mögliche Ambitionen des kahlköpfigen Muskelmannes, der aus einer samoanisch-amerikanischen Wrestler-Familie kommt und in dem Jahr geboren wurde, als der amtierende Präsident Joe Biden erstmals in den Senat gewählt worden war (1972), gab es schon vor der Präsidentschaftswahl 2020.

Wahl in den USA: The Rock wäre ein „ernstzunehmender Bewerber“

Damals sagte der auf knapp 300 Millionen Dollar Privatvermögen taxierte Schauspieler und Multi-Unternehmer (Fitness-Industrie, Football etc.), er fühle sich geschmeichelt und werde dem Gedanken mehr Aufmerksamkeit beimessen, „wenn es das ist, was die Leute wollen“. Danach verschwand die Spekulation aus den Schlagzeilen. Johnson, der vor 20 Jahren den Republikanern zuneigte und heute offiziell als parteiunabhängig eingetragen ist, warf sich im Wahlkampf vor vier Jahren für Biden und Vizepräsident Kamala Harris in die Bresche.

Wird von beiden großen Parteien in den USA für präsidiabel gehalten: Dwayne „The Rock“ Johnson, einer der bestbezahlten Schauspieler Hollywoods. Hier vor dem Kapitol im November 2023 nach einem Treffen mit dem Mehrheitsführer des Senats,  Chuck Schumer.
Wird von beiden großen Parteien in den USA für präsidiabel gehalten: Dwayne „The Rock“ Johnson, einer der bestbezahlten Schauspieler Hollywoods. Hier vor dem Kapitol im November 2023 nach einem Treffen mit dem Mehrheitsführer des Senats, Chuck Schumer. © DPA | Jacquelyn Martin

Mittlerweile geht er offen damit um, dass Vertreter beider Parteien gelinde gesagt um ihn buhlen. Dabei, so Johnson in jüngsten Interviews, seien ihm intern erhobene Umfragewerte präsentiert worden. Fazit: „Danach wäre ich mit 50 Prozent Zustimmung ein ernstzunehmender Bewerber.“

„Ich glaube, unser Volk ist so geteilt wie nie zuvor“

Johnson nannte die Situation „surreal“. „Mein Ziel war nie die Politik. Ehrlich gesagt, gibt es vieles, was ich an der Politik hasse.“ Gleichzeitig sagt „The Rock“: „Ich glaube, unser Volk ist so geteilt wie nie zuvor. Niemals habe ich so viel Angst und Unsicherheit und auch Wut gespürt. Das ist kein gutes Gefühl. Ich liebe Amerika. Und es tut mir in der Seele weh, dass unser Land im Moment so geteilt wirkt.“

Für den bekannten Kolumnisten David van Drehle Grund genug, sich massiv für Johnson starkzumachen. In einem gut 3500 Mal teils wütend, teils euphorisch kommentierten Beitrag für die „Washington Post“ beschreibt van Drehle, dass Johnson „genau das ist, was wir brauchen, um den Kreislauf der Verzweiflung zu durchbrechen“.

Hintergrund: Rund zwei Drittel der Amerikaner wollen laut frischen Umfragen weder Amtsinhaber Joe Biden noch den wahrscheinlichen republikanischen Wieder-Herausforderer Donald Trump im nächsten November zur Auswahl vorgesetzt bekommen. Der eine gilt als zu alt, der andere als kriminell.

Viele Amerikaner halten Amtsinhaber Joe Biden, der gerade 81 Jahre geworden ist, für zu alt, um eine zweite Amtszeit zu meistern.
Viele Amerikaner halten Amtsinhaber Joe Biden, der gerade 81 Jahre geworden ist, für zu alt, um eine zweite Amtszeit zu meistern. © ddp/abaca press | Pool

Eine zum 81. Geburtstag von Biden am Montag öffentlich gewordene Befragung des TV-Senders NBC ergab, dass Trump Joe Biden mit 46 % zu 44 % knapp schlagen würde, wäre heute die Wahl. Und dass Biden vor allem bei jungen Wählern (unter 30), Latinos und Afroamerikanern seinen 2020 überlegenen Vorsprung vor Trump nahezu komplett eingebüßt hat.

Donald Trump ist nur vier Jahre jünger als Biden. Aber der republikanische Präsidentschaftskandidat wird nicht als alt wahrgenommen.
Donald Trump ist nur vier Jahre jünger als Biden. Aber der republikanische Präsidentschaftskandidat wird nicht als alt wahrgenommen. © SOPHIE PARK/The NewYorkTimes/Redux/laif | SOPHIE PARK/The NewYorkTimes/Red

Das wichtigste Destillat aus den Zahlen aber war nach Ansicht von Analysten, dass republikanische wie demokratische Wähler und Wählerinnen jede Alternative zu Trump und Biden mit deutlichem Vorsprung bevorzugen würden. „Die Sehnsucht nach einem jungen, neuen, unverbrauchten Gesicht, das keine Altlasten mit sich schleppt, ist in den Lagern beider Parteien immens“, sagte ein republikanischer Funktionär aus Maryland dieser Zeitung.

Für Johnson, der mit Verweis auf seine zwei noch minderjährigen Töchter Jasmine Lia und Tiana Gia eine politische Laufbahn akut nicht anstrebt, würde sich hier ein Tor öffnen, sagen Analysten.

„Jeder, der den Kerl kennt, mag ihn“

Ein Leser der „Washington Post“ schrieb: „Jeder, der den Kerl kennt, mag ihn. Sein Gesicht und sein Name sind so bekannt wie der Weihnachtsmann. Er hat Charisma, einen erfolgreichen Unternehmergeist und einen beeindruckenden emotionalen Intelligenzquotienten. Johnson ist eloquent und schlau. Er hat einen feinen Sinn für Humor. Er kann richtig von falsch unterscheiden und fürchtet sich vor niemandem. Was sonst muss ein Präsidentschaftskandidat mitbringen.“

Vor fast zehn Jahren traf Dwayne Johnson (L) in Washington auf den damaligen Präsidenten  Barack Obama.
Vor fast zehn Jahren traf Dwayne Johnson (L) in Washington auf den damaligen Präsidenten Barack Obama. © Corbis/VCG via Getty Images | WHITE HOUSE POOL (ISP POOL IMAGES)

Den Einwand, Johnson besitze keine innen- wie außenpolitische Erfahrung, kontert van Drehle unter anderem so: „Stellen Sie sich die Auswirkungen auf die amerikanisch-chinesischen Beziehungen vor, wenn der neue Präsident ein Mann ist, dessen Filme in chinesischen Kinos über 1,3 Milliarden Dollar eingespielt haben.“

US-Stars in der Politik? Jesse Ventura und Arnold Schwarzenegger haben es vorgemacht

Ginge „The Rock“ in die Politik, er wäre kein Exot. Ronald Reagan war ebenfalls Schauspieler, bevor er (über den Zwischenschritt des Gouverneurs von Kalifornien) Präsident wurde. Johnsons ehemaliger Wrestling-Kollege Jesse Ventura schaffte es in den 90er Jahren bis zum Gouverneur von Minnesota. Da landete auch „Terminator“ Arnold Schwarzenegger, der nach langer Filmkarriere in Kalifornien das Amt des Quasi-Ministerpräsidenten bekleiden durfte. Clint Eastwood, politisch einige Etagen tiefer angesiedelt, war Bürgermeister von Carmel. Hollywood-Star Matthew McConaughey schließlich liebäugelte bis vor Kurzem mit einer Kandidatur für das Amt des Gouverneurs in Texas.

Sympathieträger mit Köpfchen. Wenn  Dwayne Johnson in Talkshows auftaucht, sind gute Einschaltquoten programmiert.
Sympathieträger mit Köpfchen. Wenn Dwayne Johnson in Talkshows auftaucht, sind gute Einschaltquoten programmiert. © Getty | Nbc

„The Rock“, so urteilen Insider in politischen Denkfabriken in Washington, hat quer durch alle Alters- und Sozialschichten „viel mehr Strahlkraft – er könnte es schaffen“.