Washington. Die Abgeordnete sprengt die republikanische Partei und droht mit Abwahl-Chaos im Kongress. Könnte „MTG“ Trumps Vize-Kandidatin werden?

Unter den republikanischen Radikalen, die im Kielwasser von Donald Trump in den Kongress von Washington gespült wurden, ist sie das mit Abstand extremste Exemplar: Marjorie Taylor Greene.

Die streitversessene Abgeordnete aus Georgia verkörpert für viele Polit-Analysten auch in konservativen Zirkeln geradezu prototypisch das aktuelle Problem der amerikanischen Konservativen.

Man (und frau) kann dort heutzutage ohne konzeptionelle Substanz, dafür nur mit Radau, Invektiven, verschwörerischen Behauptungen und wüsten Anklagen gegen den politischen Gegner Erfolg haben und sogar als potenzielle Vizepräsidentschafskandidatin an der Seite Trumps für den kommenden November gehandelt werden.

„MTG“ schießt rhetorisch so schnell und scharf wie ein Maschinengewehr

An diesem Wochenende steht „MTG”, wie die 50-Jährige gerufen wird, auch weil sie rhetorisch so schnell und scharf schießt wie ein Maschinengewehr, wieder im Rampenlicht.

Ihn will Marjorie Taylor Greene in die Wüste schicken: Mike Johnson, Parteifreund und Sprecher des Repräsentantenhauses, bei einer Standpauke der krawallfreudigen Abgeordneten.
Ihn will Marjorie Taylor Greene in die Wüste schicken: Mike Johnson, Parteifreund und Sprecher des Repräsentantenhauses, bei einer Standpauke der krawallfreudigen Abgeordneten. © AFP | SAUL LOEB

Für den Fall, dass Mike Johnson, ihr Parteikollege und Sprecher des Repräsentantenhauses über die seit Monaten geplante 60-Milliarden-Dollar-Militärhilfe abstimmen lässt, will Taylor Greene den Antrag auf Abwahl des „Speakers” stellen. Grund: Sie sieht die Ukraine von Nazis unterwandert, hat viel Sympathie für die Positionen Wladimir Putins und hält jeden US-Dollar, der nach Kiew fließt, für verschwendetes Geld.

MTG macht sich bei ihrem Feldzug zunutze, dass die hauchdünne Mehrheit der Republikaner Johnson kaum Spielraum lässt. Und mit dem Abgeordneten Thomas Massie hat sie einen Mitstreiter bei der Forderung: Solange nicht das Problem der illegalen Einwanderung an der Grenze zu Mexiko gelöst ist, dürfe es keine außenpolitischen Geschenke mehr geben.

Thomas Massie, Republikaner aus Texas, hat sich von Marjorie Taylor Greene anstecken lassen. Auch er will Mike Johnson abwählen, wenn die Ukraine-Hilfe durchgesetzt wird.
Thomas Massie, Republikaner aus Texas, hat sich von Marjorie Taylor Greene anstecken lassen. Auch er will Mike Johnson abwählen, wenn die Ukraine-Hilfe durchgesetzt wird. © Getty Images via AFP | MICHAEL A. MCCOY

Greene, Massie und einige andere finden, dass Johnson mit seiner Vorgehensweise die Linie des demokratischen Präsidenten Joe Biden übernommen und die eigene Partei betrogen hat. Tatsache ist aber: Der überwiegende Teil der gemäßigten Republikaner sieht das völlig anders, will der Ukraine helfen und hält Greenes Aktionen für „politisch selbstmörderisch”.

Gemäßigte Republikaner halten ihre Aktionen für „politisch selbstmörderisch”

Ihr Minderheitenstatus ficht die ehemalige Leiterin eines Fitnessstudios nicht an. MTG geht an keinem Mikrofon vorbei, um ihre Anmerkungen zum Tagesgeschehen unter die Leute zu bringen. Für ein Wahlkampfvideo legte sie sich mit einem Kaliber-50-Präzisionsgewehr auf einen Pick-up-Truck und jagte ein Hybridauto mit der Aufschrift „Sozialismus“ in die Luft. Dazu passt: Einige der schlimmsten Amokläufe der jüngeren US-Geschichte, sagt MTG, seien inszeniert worden, um das Verfassungsrecht auf das Tragen von Schusswaffen zu kippen.

Umringt von Mikrofonen und Kameras fühlt sie sich am wohlsten. Viele Kritiker halten es für falsch, dass die meisten Medien Marjorie Taylor Greene jederzeit ein Forum bieten.
Umringt von Mikrofonen und Kameras fühlt sie sich am wohlsten. Viele Kritiker halten es für falsch, dass die meisten Medien Marjorie Taylor Greene jederzeit ein Forum bieten. © KENT NISHIMURA/The NewYorkTimes/Redux/laif | KENT NISHIMURA/The NewYorkTimes/

Taylor Greene ist Tabellenführerin im informellen Wettbewerb um die meisten rassistischen, antisemitischen und antimuslimischen Entgleisungen. Im Wahlkampf 2020 fabulierte sie von einer „Invasion der Muslime“ in der Regierung. Schwarze waren für sie „Sklaven der Demokraten“. Später verglich sie die Corona-Maskenpflicht mit Hitlers Nationalsozialisten und deren Politik gegenüber den Juden.

Waldbrände durch Laserkanonen im Weltraum verursacht?

Als in Kalifornien Waldbrände wüteten, äußerte sie allen Ernstes den im QAnon-Kult kreisenden Verdacht, das Feuer könnte von Laserkanonen im Weltraum verursacht gewesen sein – alles finanziert von einer jüdischen Bankiers­familie.

MTG ist die schrillste Joe-Biden-Hasserin im Parlament. Bei der Rede zur Lage der Nation im vergangenen Jahr bezichtigte sie den ersten Mann im Staate vor 28 Millionen TV-Zuschauern neunmal laut, deutlich und rüpelhaft der Lüge. Sie pfeift auf das, was man im parlamentarischen Betrieb „decorum“ nennt. Also Anstand, Etikette und Dezenz.

Dass inzwischen auch ehemalige Mitstreiter nur noch die Augen verdrehen (der radikale „freedom caucus” innerhalb der republikanischen Fraktion, circa 35 Leute, hat Taylor Greene ausgeschlossen), ist ihr egal.

Joe Biden ist ihr verhasst. Marjorie Taylor Greene ist immer an vorderster Front zu finden, wenn es gilt, den Präsidenten zu beschuldigen.
Joe Biden ist ihr verhasst. Marjorie Taylor Greene ist immer an vorderster Front zu finden, wenn es gilt, den Präsidenten zu beschuldigen. © IMAGO/Newscom World | IMAGO/Tom Williams

Im Umkehrschluss fordert sie die beiden Amtsenthebungsverfahren (die Impeachments) gegen Donald Trump aus den offiziellen Büchern löschen zu lassen. Begründung: Die Vergehen, die Trump in der Russland-Affäre vor der US-Wahl 2016 und im Zusammenhang mit dem Sturm aufs Kapitol im Januar 2021 begangen hat, habe es nie gegeben.

Seit Jahren schon redet sie einer Spaltung der Vereinigten Staaten das Wort. Sie verlangt, dass sich die republikanisch regierten Bundesstaaten von denen separieren müssten, in denen die Demokraten an der Macht sind.

Donald Trump, Ex-Präsident, hält Marjorie Taylor Greene für eine Spitzenpolitikerin.
Donald Trump, Ex-Präsident, hält Marjorie Taylor Greene für eine Spitzenpolitikerin. © DPA Images | CURTIS MEANS

Für die Lösung des Drogenelends durch Fentanyl und Co. hat sie dies im Angebot: „Ich verstehe nicht, warum wir einen Krieg in der Ukraine kämpfen, es aber nicht wagen, endlich die mexikanischen Kartelle zu bombardieren, die täglich unsere Leute vergiften.”

Donald Trump hält große Stücke auf MTG. Er nennt sie eine Säule seiner Maga-Bewegung – „Make America Great Again“.