Seitenroda. 350 Gefangenenakten des Thüringer Staatsarchivs werden auf der Leuchtenburg erschlossen.

Dick ist die Akte über den jungen Friedrich Schmidt aus Dorndorf - die Niederschrift einer wahren Tragödie. Ursprünglich war der 1695 geborene Theologiestudent wegen Aufsässigkeit gegenüber der Obrigkeit zu neun Monaten Zuchthaus verurteilt worden. Doch schließlich hat er die Jahre 1728 bis 1735 zwangsweise auf der Leuchtenburg verbracht. Man diagnostizierte „Melancholie“ bei ihm, die sich an warmen Tagen in „zunehmender Tollheit“ äußerte. Die Empfehlung deshalb, ihn in ein „enges hölzernes Behältnis“ zu sperren, wurde tatsächlich veranlasst. Was aus Schmidt geworden ist, muss erst noch aufgearbeitet werden.

Ebenso wie viele weitere Geschichten, die sich auf der Leuchtenburg zwischen 1724 und 1871 zugetragen haben, als die Veste der Verbüßung von Zuchthaus- und Gefängnisstrafen diente. Bis 1848 war hier auch eine Irrenanstalt untergebracht, bevor diese nach Stadtroda verlegt wurde. „Mitunter lebten 150 bis 200 Häftlinge hier“, erzählt die Direktorin der Leuchtenburg, Ulrike Kaiser. „Ihre Namen und Geburtsdaten waren bekannt, aber jetzt bekommen wir Einblicke in die Lebensgeschichten über Briefe, Führungszeugnisse, Personenbeschreibungen, Verhörprotokolle, Krankenakten und weitere Dokumente.“ Lebensgeschichten, verwoben mit Burggeschichte, dokumentiert in bestens erhaltenen, bislang unerschlossenen Akten.

Bis vor einer reichlichen Woche lagerten diese noch in Altenburg. „Wir haben einen Kooperationsvertrag mit dem Staatsarchiv geschlossen und 350 Akten, also gut zweieinhalb laufende Meter, auf die Burg geholt, um sie zu erschließen und zu digitalisieren“, erzählt Ulrike Kaiser. Man nutze die coronabedingte Schließzeit der Burg für diese Forschungsarbeit und danke dem Staatsarchiv für sein Entgegenkommen. Seite für Seite entziffert die Stiftungsdirektorin nun gemeinsam mit Jens Hild, Chronist und Bürgermeister von Großeutersdorf, die Handschriften, während Marcel Dumont die Digitalisierung der Akten vornimmt.

Auch die von Elisabeth Franke aus Seitenroda, die wegen siebenfacher unehelicher Schwangerschaft von 1806 bis 1821 mehrfach auf der Burg inhaftiert war. Oder die 210-seitige Akte vom gewaltsamen Ausbruch acht Inhaftierter im Oktober 1806. Es sind spannende Kriminalgeschichten, die für die Familienforschung zugänglich gemacht werden, künftig aber auch in weitere Ausstellungen einfließen könnten, zumal sie vieles über das Leben auf der Leuchtenburg erzählen. Doch noch steht man ganz am Anfang dieser Fleißarbeit.