Weimar/Paris. Professor Tiago Oliveria de Pinto knüpft weltweite Netzwerke und bereichert damit auch das Musikleben in Thüringen.

Die Unesco-Kommission in Paris verlängert den Weimarer Unesco-Lehrstuhl für Transkulturelle Musikforschung um weitere vier Jahre. Das hat der Lehrstuhlinhaber an der Franz-Liszt-Hochschule, Professor Tiago de Oliveira Pinto, auf Nachfrage unserer Zeitung jetzt bestätigt. Die hochkarätige Auszeichnung ist undotiert, jedoch ging ihr eine unabhängige Prüfung aller Lehr- und Forschungsaktivitäten auf Herz und Nieren voraus. An deutschen Hochschulen existieren lediglich 13 von derzeit rund 750 Unesco-Lehrstühlen weltweit, unter denen der Weimarer als einziger in der Musikwissenschaft angesiedelt ist.

Musikkulturen ohne wertende Vorzeichen betrachten

Pinto freut sich vor allem über die praktischen Vorteile des Adelsschlags: "Dieser Titel schließt uns viele Türen auf", sagt der 62-Jährige und verweist auf Projekte mit Unterstützung des Deutschen Akademischen Austauschdiensts (DAAD) oder des Auswärtigen Amtes. Der polyglotte Brasilianer mit deutschem Pass, seit zwölf Jahren in Weimar, versteht sich dabei nicht als Musikethnologe, sondern betrachtet Musikkulturen weltweit ohne wertende Vorzeichen: gleich ob Volksmusik, Pop oder "Klassik" und lieber in der Gegenwart als in der Ge- schichte. "Die einzige Kategorie ist für mich der musizierende Mensch", erklärt er.

Dennoch liegt ein Akzent auf der Bewahrung und Erforschung immateriellen Kulturerbes. So machte sich Pinto mit seinem Team verdient um den kostbaren Schatz an traditioneller afghanischer Musik, die wie durch ein Wunder beim Rundfunk in Kabul der Zerstörungswut der Taliban entgangen ist. Zugleich unterstützen die Weimarer die Musikausbildung in Kabul - und laden immer wieder auch exzellente Virtuosen nach Europa ein; diese Safar-Konzerte tragen inzwischen einen Nimbus. Andere Themen des umtriebigen Professors waren und sind die Musik der indigenen Völker in Amazonien, in Usbekistan, Japan, Grönland und Tansania, die Choro-Musik in Brasilien oder das Spiel auf der chinesischen Zither Gugin. Und ebenso, wie er weltweit Netzwerke knüpft, profitieren fast alle Fachbereiche seiner Hochschule von diesen Kontakten. Zu den neuen Vorhaben zählt ein Projekt über afrikanische Einflüsse auf die Musik Kolumbiens und des brasilianischen Bundesstaates Bahia sowie - im Verbund mit der Universität Haifa und dem Jiddish Summer - über jüdische und arabische Musik.