Gotha. Die Stadt feiert 200 Jahre Museum auf Friedenstein – und hat kein Highlight parat.

In Geduld müssen sich die Ausstellungsmacher auf Gothas Friedenstein üben, die Rekonstruktion der historischen Kunst- und Wunderkammer von 1653 an ihrem authentischen Schauplatz wird noch einige Zeit auf sich warten lassen. Das ergab eine Nachfrage unserer Zeitung bei der Schlösserstiftung als Eigentümerin der Barockresidenz, die zurzeit von Grund auf saniert wird. Als Höhepunkt im aktuellen Jubiläumsjahr „200 Jahre Museum in Gotha“ kommt dieses Projekt somit nicht infrage.

Der einfache Grund: Herzog Ernst I. platzierte damals das Kabinett mit den allerkostbarsten Stücken seiner Sammlung an Naturalia und Artificialia gleich bei Bezug des neu errichteten Schlossbaus im zweiten Obergeschoss des Westturms. Und eben dieser Gebäudeteil der wuchtigen Dreiflügel-Anlage bereitet den Fachleuten der Schlösserstiftung gerade große Sorgen.

„Bereits wenige Jahrzehnte nach seiner Erbauung hatte der Turm durch tragende Zwischenwände stabilisiert werden müssen“, erklärte ein Sprecher. „Das seither grundsätzlich bewährte Tragsystem zeigt nun wiederum starke Schwächen und muss ertüchtigt werden. Erst danach ist an einen Innenausbau zu denken.“ Dauer und Kosten dieser Maßnahmen ließen sich noch nicht zuverlässig abschätzen, hieß es. Nachdem behutsam alle Einbauten entfernt wurden, geht es nun an die Statik-Untersuchungen. Erst mit deren Ergebnis weiß man, wie heikel die Sanierung dort wird.

Vorerst bleibt die Kunstkammer im Nordflügel aufgestellt

Ansehen können Gäste auf Friedenstein die illustren Exponate gleichwohl: Schon 2009 richtete man auf Initiative des damaligen Direktors Martin Eberle die Kunst- und Wunderkammer im Nordflügel ein. Dort protzt seitdem der gewichtige Dinglinger-Elefant als einzigartige Goldschmiede-Arbeit, versetzen Nautilus-Pokale auch heutige Betrachter in Staunen und sorgt der hohe Lederstiefel, den Kurfürst Johann Friedrich I. seinerzeit in der Schlacht bei Mühlberg einbüßte, mit seiner kuriosen Geschichte mindestens für ein Schmunzeln.

Die Kunst- und Wunderkammer auf Friedenstein birgt einzigartige Schätze - und so manche Überraschung.
Die Kunst- und Wunderkammer auf Friedenstein birgt einzigartige Schätze - und so manche Überraschung. © Stiftung Schloss Friedenstein | Marcus Glahn

Inzwischen hat ein Team des aktuellen Friedenstein-Direktors, Tobias Pfeifer-Helke, die historischen Einrichtungs- und Aufstellungspläne der Ernst‘schen Kunstkammer entdeckt und 2021 in einem Prachtband publiziert. Bis sie diese Vision aber in die Praxis umsetzen dürfen, kann es noch Jahre dauern. Einstweilen versucht man, zumindest via Internet-Website mit einer virtuellen „Welt im Kabinett“ Akzente zu setzen.

Unterdessen hat Stiftungsratsvorsitzender und Oberbürgermeister Knut Kreuch (SPD) das Jahr 1824 als Startpunkt für öffentliche Museen in seiner Stadt identifiziert. Zum Beleg zitiert Kreuch aus einer Verfügung Herzog Friedrichs IV. in der Überlieferung Ernst Friedrich von Schlotheims, der somit als erster Museumsdirektor auf Friedenstein gelten dürfte, dass „jedem Fremden und jeder nicht mehr als drey Personen zählenden fremden Familie der Besuch der Herzoglichen Museen, als der Kunstkammer, der Gemälde- wie der Kupferstichsammlung, des chinesischen Kabinetts und der Antiken-Abgüsse (...) gegen Erhebung einer Eintrittskarte gestattet“ sei.

Kreuch hält, wie eine Sprecherin der Stiftung erklärte, einen Vortrag zum Thema; darüber hinaus werde der Jahrestag auf Friedenstein nicht mit besonderen Ausstellungen oder Aktionen gefeiert. Es sei, ließ sie wissen, „kein so großes Jubiläum, wie man meinen könnte“.

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