Weimar. Europa, Ottilie und ein ratloser Mann: Walter Sachs stellt Skulpturen und Zeichnungen in der Kunsthalle Harry Graf Kessler aus

Die Tuschezeichnung „Europa“ von Walter Sachs ist 1998 entstanden. Im Licht der Wahlen am 26. Mai scheint die Illustration der griechischen Sage von der Königstochter und dem Stier aktueller denn je. Zu sehen ist das Bild in der Ausstellung „Körper und Linie“, die Walter Sachs anlässlich des Bauhaus-Jubiläums in der Kunsthalle Harry Graf Kessler gestaltet hat.

Zwanzig Bildwerke, acht Skulpturen und verschiedene Künstlerbücher umfasst die Schau, die Wolfgang Holler, Generaldirektor der Museen der Klassik-Stiftung, und Oberbürgermeister Peter Kleine (parteilos) am heutigen Freitagabend eröffnen. Klaus Wegener begleitet die Vernissage auf der Klarinette. Zur langen Museumsnacht am Samstag führt Walter Sachs ab 19 Uhr persönlich durch die Kunsthalle.

Skulpturen berühren, um sie zu verstehen

Ganz ausdrücklich erlaubt der Künstler den Besuchern, seine Skulpturen anzufassen, den glatten Stein zu befühlen, der sich fast weich anfühlt – etwa am Rücken der Flusspferddame „Ottilie“. Die Statue wurde aus Grauwacke gemeißelt, einem anthrazitfarbenen Sandstein, der in Ostthüringen abgebaut wird. Beim Berühren der Statue könne man den Ausdruck der Figur weiter erforschen, meint Walter Sachs. „Konturen und Oberflächen von Skulpturen senden ihre eleganten oder rauen Signale an Augen- und Tastsinn.“ Besonders bei „Er hat sich bemüht“ ist das sinnvoll: Die männliche Figur zeigt mit erschöpfter, ratloser Mimik, der aufrechten Haltung und einer offenen Hand, dass er sich alle Mühe gegeben hat, ein Ziel zu erreichen.

Walter Sachs verrät, dass Literatur und Religionsgeschichten ihn zu den Werken angeregt haben. Sie seien auch „nicht ganz unpolitisch“, wie die Zeichnungen links des Eingangs beweisen. Neben der „Europa“ sind die „fröhlichen Geier“ zu sehen. Die Greifvögel laben sich am Leid anderen und beobachten vergnügt die Krisen Europas.. Der Holzschnitt „Vögel im Gezweig“ verbildlicht dem Künstler zufolge die Vielstimmigkeit unserer Zeit. Verschiedenste Meinungen werden von überall laut. Dabei eine eigene Stimme zu finden, zwischen Fakten und persönlichen Ansichten zu unterscheiden, werde schwieriger. Eine Überarbeitung hat das größte Werk der Ausstellung, „die Verkündigung“, erfahren. Das 1989 erstmals fertiggestellte Gemälde mit biblischen Motiven hat Walter Sachs in diesem Jahr neugestaltet.

Ausstellung ab Freitag, 17. Mai, 19 Uhr, bis Sonntag, 28. Juli; täglich außer montags 10 bis 17 Uhr, zur Museumsnacht, 18. Mai, 17 bis 24 Uhr