Spontan, improvisiert und containerweise Songs. Christian Werner über das Album „From Elvis in Nashville“.

Streng genommen, müsste man den Titel unserer kleinen Kolumne diese Woche ändern in #sonochniegehört. Der Tipp für den heimischen Plattenteller basiert zwar auf gleich drei Alben von Elvis Presley: „That’s the Way it is“ von 1970, „Elvis Country (I‘m 10.000 Years old)“ und „Love Letters from Elvis“ (beide von 1971). Aber erstmals liegt die fünftägige Session, die die Grundlage dieser Alben bilden, in ihrer ursprünglichen Form vor. So, wie man sie eben noch nicht gehört hat. Bis auf die Musiker, die im Studio waren – selbstredend.

Nashville Cats wird die Truppe genannt, die Elvis Presley an fünf Tagen oder vielmehr Nächten im Juni 1970 in den RCA-Studios der Country-Hochburg um sich schart. Auf die Hilfe dieser Profis vertrauen auch Bob Dylan, Johnny Cash, Neil Young oder George Harrison. 40 Songs sind die Ausbeute der Marathon-Session, einen weiteren Studiotag gibt es im September. Proben gehören nicht zum Konzept des Projekts; Elvis intoniert, die anderen folgen.

Lieder ohne Overdubs

Das Ergebnis dokumentiert „From Elvis in Nashville“, eine Box mit vier CDs (oder digitales Album und die Höhepunkte als Doppelvinyl). Alle Stücke sind live im Studio mitgeschnitten, ohne Overdubs, also nachträgliche Bearbeitungen oder Orchestereinspielungen, wie man sie von den eingangs genannten Alben kennt.

Das Cover des Albums „From Elvis in Nashville“ von Elvis Presley.
Das Cover des Albums „From Elvis in Nashville“ von Elvis Presley. © RCA/Legacy Recordings/Sony Music

Der pure Elvis also, ohne Netz und doppelten Boden. Zwei CDs sind randvoll mit den originalen Liedern. Die anderen beiden CDs enthalten alternative Takes, teils unveröffentlicht, und Ausschnitte der Jam-Sessions.

Der Musiker befindet sich in einer guten Phase seiner Karriere. Nach den eher mauen Sechziger-Jahren läuft es Ende des Jahrzehnts besser. Das Comeback-Special, das Album „From Elvis in Memphis“ sowie die Hits „In the Ghetto“ und „Suspicious Minds“ machen Elvis künstlerisch und beim Publikum wieder relevant.

Die Aufnahmen in Nashville sind die nächste Stufe des kreativen Hochs: ohne Schnörkel vom Herz über den Mund ins Mikro. Auch wenn Songschreiber sich aktuell nicht darum reißen, für den King zu komponieren, wie das ausführliche Booklet erläutert. Doch Elvis sucht die Bandbreite: Er spielt Country, Bluegrass, Gospel, Honkytonk, Balladen und Rockstücke wie „Patch it up“.

Er wählt Songs seiner Jugend, bedient sich bei zeitgenössischen Songwritern und Wegbegleitern wie Willy Nelsons „Funny how Time slips away“, Simon and Garfunkels „Bridge over troubled Water“, die Version von Jerry Lee Lewis’ „Whole lotta shakin‘ goin‘ on“ ist ausufernd. Elvis scheint trotz des Kraftaktes ganz bei sich.

Reinhören!

Wir haben die Playlist zum Krisen-Modus. Hören Sie unsere Auswahl an Songs für die Heimarbeit, zur Kurzweil oder für andere Ablenkungen in Selbstquarantäne. Die Titel werden mit jeder neuen Folge unserer Kolumne erweitert. Und hier erfahren Sie, warum die Songs ausgewählt wurden.

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