Erfurt. Kurt Kylian war mit seinem lebendigen Schreibstil gern gelesen, was nicht viele DDR-Journalisten vor der Wende von sich sagen konnten. Im Alter von 92 Jahren ist „Kuky“, wie ihn Kollegen und Freunde nannten, jetzt gestorben.

Kurt Kylian ließ sich nicht gern etwas vormachen. Als Journalist wollte er schreiben, was er sah oder was seine Fantasie daraus machte. In der DDR-Zeitungslandschaft waren ungefilterte Reportagen ungewöhnlich. Zu groß die Gefahr vor ungeschönten Wahrheiten. So nah wie für die von Kurt Kylian erdachte Zeitungsrubrik „In fremder Haut“ kamen Redakteure der realen Arbeitswelt in der DDR selten.

Erwartungen an ideologische Floskeln umschiffte Kuky, wie ihn alle nannten, mit Fabulierfreude und Sprachmalerei. Übertreibungen störten ihn dabei nicht. Im Winter fielen die Raben schon mal vor Kälte starr vom Himmel. Eine teerglänzende Talsperre im Thüringer Wald assoziierte bei ihm einen gestrandeten Wal. Wie der dahin gekommen sein könnte, spielte keine Rolle.

Kurt Kylian war gelernter Melker im Rinderoffenstall in Weimar, als man ihn Anfang der 1960er für die Zeitung „Das Volk“ entdeckte. Die Landwirtschaftsredaktion wurde seiner Vorstellungskraft schnell zu eng. Fast drei Jahrzehnte lang prägte Originalität den Stil der Wochenendbeilage der Zeitung. Seine leutselige Hemdsärmeligkeit öffnete ihm Türen und Herzen. Herkunft und Erfolg machten ihn nahezu unangreifbar. Als Mentor hat Kurt Kylian viele junge Kollegen begleitet und ermuntert. Den journalistischen Neuanfang zur Wendezeit erlebte er schon im Un-Ruhestand. Im Alter von 92 Jahren ist er am vergangenen Donnerstag gestorben.