Berlin. Die mögliche Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine spaltete am Dienstagabend die Meinung der Gäste bei “Markus Lanz“.

"Ich bin wirklich froh, dass Sie in der Opposition sind", schmetterte SPD-Politiker Ralf Stegner seinem Bundestagskollegen Roderich Kiesewetter von der CDU gegen Ende entgegen. Grund für den Ausbruch ist die hitzige Diskussion über die Ukraine und die unterschiedlichen Haltungen der beiden geladenen Gäste zu möglichen Waffenlieferungen.

Ebenfalls im Studio war Kerstin Münstermann, Journalistin bei der "Rheinischen Post", doch durch das anhaltende Sich-Gegenseitig-ins-Wort-fallen-und-in-Rage-reden der beiden Männer kann sie nur wenig Sätze einwerfen, auch wenn sie damit meistens ins Schwarze trifft.

"Markus Lanz“ – Das waren die Gäste:

  • Ralf Stegner, SPD-Außenpolitiker
  • Roderich Kiesewetter, CDU-Politiker
  • Kerstin Münstermann, Journalistin

Lanz: Kiesewetter fordert Taurus für die Ukraine

Was also sind die Haltungen, die an diesem Abend bei Markus Lanz aufeinandertreffen? Mit Blick auf die gegenwärtige Situation in der Ukraine und das Leid der Bevölkerung betonte Kiesewetter einmal mehr die Notwendigkeit, deutsche Taurus-Marschflugkörper zu liefern. Diese können per GPS Ziele in bis zu 500 Kilometer Entfernung erreichen.

"Wir müssen mehr tun", forderte er. Waffen wir Taurus könnten der Ukraine helfen, die russischen Versorgungslinien abzutrennen. "Wäre doch klasse, wenn die russischen Truppen auf der Krim deswegen aufgeben müssten!" Ihm zufolge gehe es dabei nicht um das Recht des Stärkeren, sondern darum, dass "die Stärke des Rechts wiederhergestellt ist".

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Stegner: Nicht nur auf Militärkarte setzen

Stegner hingegen warnte, dass die Lieferung von Marschflugkörper ein ganz anderes Eskalationspotenzial darstellen könnten. Eine Sorge, die Kiesewetter nicht teilt. Für die andauernde Eskalation sei schließlich nicht dir Ukraine, sondern Wladimir Putin verantwortlich. Er verweist darauf, dass auch Großbritannien und Frankreich bereits Marschflugkörper geliefert hätten, dies allerdings an Bedingungen geknüpft, die die Ukraine erfülle.

Ein Argument, dass den SPD-Mann Stegner nicht überzeugt. Er sieht die Forderung nach immer mehr Waffen generell kritisch. Stattdessen plädierte er dafür, "nicht nur auf die Militärkarte zu setzen, sondern auch "mit Ländern in Südamerika, in Afrika, auch mit China zu reden, die möglicherweise mehr Einfluss auf Russland haben" als Deutschland, um Wladimir Putin "dazu zu drängen, zu kapieren, dass er keines seiner Kriegsziele erreicht." Was ihn in der aktuellen Debatte jedoch befremdlich erscheine, sei, dass alle jene, die sich für Friendsverhandlungen einsetzen, schnell in den Verdacht der "Putin-Propaganda" gelangen würden.

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Hat der Kanzler Angst vor Putin?

Sein Eindruck sei manchmal eher, dass sich Bundeskanzler Olaf Scholz von ein paar Telefonaten mit Putin habe einschüchtern lassen, entgegnete Kiesewetter, und deshalb besonders zögerlich vorgehe. Das sei grundsätzlich falsch, widersprach Stegner heftigst: "Die Besonnenheit von Olaf Scholz ist keine Angst, sondern Vernunft." Immerhin würde der Bundeskanzler "mit seiner politischen Verantwortung" nicht nur dafür haften, dass die Ukraine unterstützt wird, sondern auch, "dass der Krieg sich nicht weiter ausweitet, dass wir keine Kriegspartei werden".

Besonders aneinander gerieten die beiden Politiker, als es um den Anschlag auf die Nord-Stream-Pipeline am 26. September 2022 ging. Jüngsten Berichten zufolge soll die Spur in die Ukraine führen. Für Kiesewetter eine vorschnelle Behauptung. "Die Indizienkette ist noch nicht aufgeklärt", betonte er bei Lanz und spricht von einer False-Flag-Aktion.

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Heftige Diskussionen um Nord-Stream-Anschlag

Also ein Verschleierungsmanöver, um vom wahren Drahtzieher abzulenken und die Ukraine im Westen zu diskreditieren. Insbesondere kritisierte er die strategische Kommunikation der Bundesregierung. Dadurch entstehe in der Öffentlichkeit der Eindruck, "dass man unwidersprochen hinnimmt, dass es in die Ukraine führt". Für ihn sei es indes besonders wichtig, den Fall offen zu halten.

"Sie verrennen sich doch regelrecht", rief ihm Stegner entgegen. Für die Behauptung, dass der Anschlag eine False-Flag-Aktion gewesen sei, "spricht nahezu nichts. Mir wäre das auch sympathischer, weil es einfacher wäre", fügte er hinzu.