Berlin. Igel erwachen bei milden Temperaturen früher aus dem Winterschlaf. Warum das den Wildtieren schadet – und wie man ihnen helfen kann.

Igel überbrücken die nahrungsarme Zeit im Winter mit Schlaf. Im Spätsommer und Herbst fressen sie sich ein Fettpolster an, das ihren Körper monatelang ohne Nahrungsaufnahme mit der nötigen Energie versorgt. So war es zumindest bisher. Denn nun wird der Klimawandel zum Problem für die kleinen Tiere und ihren Biorhythmus.

Denn durch die wärmeren Winter erwachen viele Igel früher aus dem Winterschlaf. Dadurch verbrauchen sie früher mehr Energie – und die Speicher werden schneller leer.

In milden Wintern wachen Igel schneller auf

Normalerweise liegt die Durchschnittstemperatur im Februar in Deutschland bei 1,5 Grad, so der Deutsche Wetterdienst. Doch in diesem Jahr verwandelte sich der Wintermonat in einen Frühlingsmonat: Die Termometer erreichten stolze 6,6 Grad – im Durchschnitt.

Für die Igel bedeutet die milde Witterung einen verkürzten Winterschlaf. Statt von November bis März, wie der Naturschutzbund Deutschland e. V. (Nabu) informiert, wachen Igel bereits im Februar auf. Auch das Paarungsverhalten wird durch die hohen Temperaturen beeinflusst: Die Nachkommen werden dadurch früher geboren – und sterben häufiger bei Kälteeinbrüchen.

Weniger Nahrung für Igel durch Insektensterben

Doch nicht nur das Wetter führt zu Problemen beim Winterschlaf: Auch der Rückgang der Insektenpopulation lässt die Igel früher aufwachen. Denn um den fünfmonatigen Winterschlaf ohne Nahrung zu überstehen, müssten die kleinen Säugetiere laut Nabu zuvor Unmengen von Insekten fressen. Dann fahren sie ihren Stoffwechsel auf ein Minimum herunter und senken ihre Körpertemperatur.

Besitze ein Igel zu wenig Fett – etwa, weil es zu wenig Insekten zu fressen gab –, reiche die Energie nicht aus, um die Körperfunktionen während des Winterschlafs aufrechtzuerhalten. Igel, die wegen aufgebrauchter Fettreserven zu früh aufwachen, fänden keine Nahrung und würden verhungern.

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Bei Mangelernährung werden Igel schneller krank

Wenn Igel hungern, sind sie meist auch geschwächt. Wie beim Menschen können Krankheitserreger bei Unterernährung schlechter bekämpft werden und Wunden heilen langsamer aus. Wenn zudem die Lieblingsspeisen der Igel – laut Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (Bund) vor allem Käfer und Schmetterlingslarven – nicht ausreichend verfügbar sind, müssen die Igel auf weniger beliebte Alternativen wie Schnecken und Regenwürmer ausweichen.

Diese sind laut dem Bund aber häufig Überträger von Parasiten wie Saug- oder Bandwürmern. Fressen Igel beispielsweise Schnecken, könnten sich die Würmer im Körper ausbreiten und lebensbedrohliche Schäden an allen inneren Organen anrichten.

Wann brauchen Igel Hilfe?

„Igel, die bei anhaltendem Bodenfrost oder Schneefall tagsüber unterwegs sind und Anzeichen von Unterernährung zeigen, krank oder verletzt sind, brauchen Hilfe“, so der BUND. Untergewichtige Tiere seien an einer Einbuchtung hinter dem Kopf, der sogenannten Hungerlinie, zu erkennen. Kranke Igel wiederum fielen durch einen unsicheren Gang auf, seien apathisch und würden sich auch bei Berührung nicht zusammenrollen. Auch die Augen stünden nicht halbkugelförmig hervor, sondern seien eingefallen und schlitzförmig.

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Sollten Igel gefüttert werden?

Der Bund Naturschutz Bayern empfiehlt, untergewichtige Igel im Frühjahr und Herbst zu füttern. Als Igelfutter sei eine Mischung aus Katzenfutter, Igeltrockenfutter und ungewürztem Rührei am besten geeignet. Alternativ sei auch reines Katzenfutter möglich, wenn es getreidefrei ist und einen hohen Fleischanteil hat. Außerdem mögen Igel laut Bund Naturschutz gekochtes Geflügel, angebratenes Hackfleisch und getrocknete Insekten.

Wie kann ein Igel aufgenommen werden?

Hilfsbedürftige, unterkühlte Igel können laut Nabu für eine kurze Zeit im Haus aufgenommen werden. Dabei sollte vor allem für Wärme gesorgt sein. Der Nabu empfiehlt zum Beispiel ein Frotteetuch, in das der Igel eingewickelt werden kann, oder eine lauwarme Wärmflasche. Eine Unterbringung im ungeheizten Keller, Gartenhäuschen oder Freigehege sei dagegen nicht empfehlenswert, da das Tier dann seine Energiereserven ausgleichen müsse, um seine Körpertemperatur zu halten. Der Igel würde dann trotz Nahrungsangebot nicht zunehmen. Wer einen unterernährten Igel findet und sich nicht selbst um ihn kümmern möchte, kann das Tier in einer Igelstation oder einem Tierheim abgeben.