Weimar. Nach wie vor kommt es in Pflegeheimen zu Corona-Ausbrüchen – mit teils verheerenden Folgen. Ein Fall in Rudolstadt zeigt, wie wichtig die Impfungen sind.

In Thüringer Pflegeheimen sind binnen vier Wochen 253 Senioren an oder mit einer Corona-Infektion gestorben. Die Zahl der registrierten Todesopfer stieg von Anfang November bis Anfang Dezember von 1474 auf 1727, wie aus Zahlen das Landesverwaltungsamtes hervorgeht.

Dazu kommen noch 160 Fälle, die im Jahr 2020 händisch erfasst wurden, wie eine Sprecherin mitteilte. Für ganz Thüringen registrierte das Robert Koch-Institut seit Anfang November 539 Todesfälle in Verbindung mit einer Corona-Infektion.

Ein Drittel von 141 Heimbewohnern nicht geimpft

In Thüringen hatte es zuletzt immer wieder größere Corona-Ausbrüche in Pflegeheimen gegeben. In der K&S Seniorenresidenz in Rudolstadt-Cumbach etwa starben im Laufe des Novembers 18 Bewohner an oder mit Corona. Bei 14 von ihnen bestand kein vollständiger Impfschutz.

Von den 141 Heimbewohnern war rund ein Drittel nicht geimpft, hieß es in einer Mitteilung des Landratsamtes. Bei einer ersten Meldung von vergangener Woche hatte das Landratsamt berichtet, dass Angehörige von Heimbewohnern diesen von der Impfung abgeraten hatten.

Nach Angaben des Thüringer Gesundheitsministeriums habe es in dem Heim zumindest genügend Angebote fürs Impfen gegeben. Dazu hätten auch Auffrischungsimpfungen gehört. Für Booster-Angebote sei ein mobiles Impfteam bereits am 20. Oktober in dem Heim gewesen, teilte das Ministerium am Samstag auf Anfrage in Erfurt mit.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach spricht von Unvernunft

"Nach allem, was wir bisher wissen, haben die tragischen Ereignisse in Rudolstadt ihren Ursprung in der bewussten Ablehnung der Corona-Schutzimpfung durch sehr viele Bewohnerinnen und Bewohner oder ihre Angehörigen. Das macht tief betroffen", erklärte ein Ministeriumssprecher.

Nach Angaben des zuständigen Gesundheitsamtes habe es trotz der Impfangebote in dem Seniorenheim eine relativ große Gruppe von 50 Ungeimpften unter insgesamt 141 Bewohnerinnen und Bewohnern gegeben. Die Zahl der Toten, von denen 14 keinen vollständigen Impfschutz hatten, stieß auf Fassungslosigkeit unter anderem des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach, der von Unvernunft sprach.

Stiftung Patientenschutz fordert Aufklärung

Ein Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz forderte Aufklärung und erklärte: "18 Corona-Tote in einem Pflegeheim dürfen sich in Deutschland nicht wiederholen". Von den gestorbenen Heimbewohnern hatte nur eine Person drei Impfungen erhalten, drei weitere waren doppelt geimpft.

Nach Angaben des Ministeriumssprechers war das Heim in Rudolstadt seit Anfang November von Corona-Fällen betroffen. Ein erster Bewohner sei am 5. November gestorben, dann die anderen bis zum 25. November. Die Totenscheine seien teilweise mit Verzögerung ausgestellt worden. "Dadurch kam es zu einer Häufung der Meldungen in einem sehr kurzen Intervall." Bei den Gestorbenen sei SARS-CoV-2 per PCR-Test nachgewiesen worden.

So ist die Lage derzeit im betroffenen Heim

Nach Angaben des regionalen Gesundheitsamts habe es in dem Heim keine Probleme bei der Umsetzung der Hygienekonzepte gegeben. Dazu habe die Absonderungen infizierter Bewohner gehört. Aktuell gebe es keine neuen Corona-Infektionen in dem Heim in Rudolstadt.

Die Kassenärztliche Vereinigung sowie niedergelassene Ärzte böten in Thüringen seit September Auffrischungsimpfungen in Pflegeeinrichtungen an. Das Gesundheitsministerium appellierte erneut an die Thüringer, Impfangebote zu nutzen und sich so vor einem schweren Krankheitsverlauf zu schützen.

Ausbruch nach Hygienemängeln in Heim in Jena

Auch in Jena hatte es im November einen Ausbruch mit acht Todesopfern in einem Pflegeheim gegeben. Dort waren nach Betreiberangaben 88 Prozent der 120 Bewohner geimpft gewesen. Nach Angaben der Stadt habe es Hygienemängel im Heim gegeben, die Heimaufsicht stellte nur leichte Mängel in der Dokumentation fest.

Das könnte Sie auch interessieren: