Erfurt. Der Vorsitzende der jüdischen Landesgemeinde Thüringen, Reinhard Schramm, sieht Antisemitismus als zunehmendes Problem.

Auf Israel bezogener Antisemitismus wird auch für die jüdische Landesgemeinde in Thüringen nach Beobachtungen ihres Vorsitzenden Reinhard Schramm zunehmend zum Problem. «Das ist für uns sehr spürbar», sagte er der Deutschen Presse-Agentur vor einer für Dienstagabend geplanten Online-Veranstaltung anlässlich des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus.

Er selbst erhalte Briefe, in denen Judenfeindlichkeit mit Kritik am israelischen Staat und dessen Palästina-Politik verbrämt und klassische antisemitische Stereotype aufgegriffen würden. Schwerpunkt des Gedenkens ist für die Landesgemeinde in diesem Jahr neben der Erinnerung an die Holocaust-Opfer der Antisemitismus der Gegenwart.

Dabei geht es vor allem um die Auseinandersetzung mit der internationalen Bewegung BDS («Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen»). Diese fordert unter anderem den Boykott israelischer Waren. Der Bundestag hat sie als antisemitisch eingestuft. Gerade in Deutschland müsse dies nachdenklich stimmen, sagte Schramm. «Wenn BDS-Aktivisten in Kaufhäusern und Läden israelische Waren mit dem Aufkleber "Kauft nicht!" bekleben, erinnert das an die Boykottaktion der Nazis 1933: "Kauft nicht bei Juden!"», heißt es in seinem Redemanuskript für die Veranstaltung am Vorabend des Gedenktags.

In den letzten Monaten des Zweiten Weltkrieges hatten sowjetische Truppen am 27. Januar 1945 das deutsche Vernichtungslager Auschwitz befreit. In Deutschland ist dieses Datum seit 1996 offizieller Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. In diesem Jahr soll eine Freiluftausstellung vor dem Thüringer Landtag mit Porträts des Fotografen Stefan Hanke an 16 Holocaust-Überlebende erinnern; mehrere Gedenkveranstaltungen wurden wegen der Pandemie ins Internet verlegt.