Wilhelmsthal. Experten für landwirtschaftliche Wildhaltung schauen sich in Wilhelmsthal um. Glänzers Konzept erntet Anerkennung.

Mit einer Exkursion zum Wilhelmsthaler „Jägerhof“ ist die Bundesfachtagung für landwirtschaftliche Wildhaltung, die vom 26. bis 28. April in Tabarz stattgefunden hatte, am Sonntagvormittag ausgeklungen. Schon das parkartige Gelände samt seiner imposanten Bauwerke rechts und links der Bundesstraße 19 dürfte den Tagungsteilnehmern aus ganz Deutschland einen überraschenden Anblick geboten haben.

Dass sich zudem hier traditionsreiche Kulturlandschaft mit neuen Ideen zu einem wahren Juwel der „Waldwellness“ zusammentun, erläuterte ihnen vor Ort dann Dr. Jürgen Glänzer. Der Zahnarzt aus Eisenach erwarb die Anlage 2010 und richtete ein Gehege ein, in dem 22 Sika-Wildtiere leben.

„Für das Objekt gab es viele Interessenten, die einen Reiterhof, einen Center-Park und ähnliches planten. Mein Nutzungskonzept aus Wild, Natur und Tourismus ist zukunftsträchtig“, sagte Glänzer und ergänzte: „Die sehr zutraulichen Tiere eignen sich bestens für touristische und pädagogische Zwecke.“

Sika ist eine auch Ostasien stammende Wildart, die in Statur und Verhalten dem heimischen Rotwild ähnelt, aber wesentlich kleiner ist. Zum „Fototermin“ erschienen fast alle der 22 im „Jägerhof“ lebenden Tiere. Foto: Stefanie Krauß
Sika ist eine auch Ostasien stammende Wildart, die in Statur und Verhalten dem heimischen Rotwild ähnelt, aber wesentlich kleiner ist. Zum „Fototermin“ erschienen fast alle der 22 im „Jägerhof“ lebenden Tiere. Foto: Stefanie Krauß © zgt

Der Bildungsbereich – Schulklassen besuchen das Wildtiergehege schon seit längerem – und die Gastronomie sollen künftig ausgelagert, die sanierten Bungalows an Feriengäste vermietet werden. Wie die Ferienhauslichtung in Ruhla passt das Vorhaben zu Thüringens Forderung nach derartigen Ruhepolen, übrigens ganz ohne W-Lan, und ebenso stimmt es mit den Richtlinien von Denkmalschutz und -pflege überein, die bei dem historischen Ensemble keine geringe Rolle spielen.

Bereits 1743 als Gasthof „Auerhahn“ ins herzogliche Jagdrevier südlich der Wartburg und somit auch in das Schlosspark-Areal eingebunden wurde es 1938 zum „Gaujägerhof Thüringen“ umgebaut, wo nach Görings Plänen auch Wildtiere gehalten werden sollten. Dass die bronzene Hirschgruppe im Karthausgarten ursprünglich den Eingang zum Jägerhof zierte und an die in Wilhelmsthal traditionelle Gatterhaltung von Rotwild erinnert, wissen sicher die wenigsten Eisenacher.

Fünf Millionen Euro will Glänzer investieren

Ab 1942 dienten die Gebäude als Lazarett, wurden nach Ende des Zweiten Weltkriegs zur Fachschule für Neulehrer umfunktioniert, beherbergten dann eine Bezirksjugendschule der FDJ und schließlich das SED-Erholungsheim Wilhelmsthal. Das schöne, nach dem Mauerfall herrenlose Objekt wieder als Gasthof zu revitalisieren, misslang am Ende und mündete nach 1998 in Verfall und Vandalismus.

„Alles, was nicht niet- und nagelfest war, ist damals ausgebaut und verscherbelt worden“, beschreibt Glänzer den Zustand, in dem er die 4,5 Hektar große Anlage seinerzeit vorfand. Nach der Theorie vieler Fachvorträge sahen sich die Tagungsgäste – Wildtierhalter, Landwirte, Verbandsvorstände – nun vor der anpackenden Praxis von Glänzers „Grünlandpflege mit Pfiff“. Das alles nötigte ihnen ehrlichen Respekt ab, derweil Hirsche, Rehe und Kitze mit den typischen Pfeifgeräuschen angelaufen kamen, um sich aus nächster Nähe bewundern zu lassen.

Etwa fünf Millionen Euro müsse er noch aufwenden, bekannte ein zuversichtlicher Glänzer. „Alle nötigen fach- und sachlichen Nachweise hat er längst erbracht“, ergänzte Elmar Gerth, Vorsitzender der Thüringer Wildzucht. „Unser Verbandsmitglied betreibt hier eines der in Westtüringen nur wenigen Wildtiergehege mit landwirtschaftlicher Nutzung und verbindet dies alles auch noch mit weiteren Aspekten.“

Mit Lob und Anerkennung sparte keiner. Bayerns Vorstandschef Max Weichenrieder bewunderte „den Mut des Kollegen, solch ein finanzielles Risiko auf sich zu nehmen.“ Doch auch er hielt das Konzept für erfolgversprechend. „Sein Wild hat sehr viel Platz, sodass er die Herde noch vergrößern könnte.“

Das möglicherweise bestandsgefährdende Problem durch Wolfsrudel, auf das die Tagungsgäste aus Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg aufmerksam machten, existiert in Thüringen noch nicht.