Landkreis. Jahresrechnung 2018 nur durch Entnahme aus der Rücklage ausgeglichen. Landrat Harald Henning: Die berechtigte Kritik nehme ich an

Der Landkreis ist mit einem Makel aus dem vergangenen Haushaltsjahr gegangen. In der Jahresrechnung 2018 steht ein Fehlbetrag der laufenden Rechnung in Höhe von 698.054,98 Euro, musste Landrat Harald Henning (CDU) den Kreistagsmitgliedern in ihrer letzten Sitzung der laufenden Legislaturperiode verkünden.

Die Finanzlücke entstand, weil deutlich weniger Geld aus dem Verwaltungshaushalt, in dem alle laufenden Einnahmen wie Steuern, Gebühren und Zuweisungen sowie fortdauernde Ausgaben wie Personal- und Sachkosten festgeschrieben sind, in den Vermögenshaushalt zugeführt werden konnte als geplant. Es gab also weniger Einnahmen und mehr Ausgaben im laufenden Geschäftsbetrieb als erwartet, so dass für Investitionen und andere vermögenswirksame Dinge ein geringerer Betrag zur Verfügung gestellt werden konnte als vorgesehen. Statt dem in Höhe der Kredittilgung gesetzlich festgelegten Pflichtbetrag von knapp 1,7 Millionen Euro wurde tatsächlich nur knapp eine Million Euro vom Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt zugeführt.

Damit fehlten dort Einnahmen, was nur durch eine höhere Entnahme aus der Rücklage kompensiert werden konnte. 1.333.007,24 Euro mussten aus der Reserve abgezweigt werden, sie schrumpfte auf 226.700 Euro. Der Jahresabschluss 2018 war so zwar am Ende in seiner Gesamtheit ausgeglichen. Sein „Sparbuch“ aber hat der Landkreis kräftig geplündert und nun kaum noch etwas auf der hohen Kante.

„Dieses Ergebnis war nicht unbedingt das, was ich wollte“, gab Henning zu. Er habe Maßnahmen eingeleitet, dass der Fehlbetrag ausgeglichen werden kann. Und es sei ihm wichtig gewesen, dass der alte Kreistag den Jahresabschluss 2018 noch beschließt.

Dass der Landrat diese Fakten kurz vor der Wahl auf den Tisch legte, anerkannte der SPD-Fraktionsvorsitzende Jörg Hopfe. Zugleich verwies er aber darauf, dass noch nie ein so großer Fehlbetrag in laufender Rechnung zu verzeichnen gewesen sei und fragte: Wie konnte das passieren?

Hopfe nutzte seine letzte Kreistagssitzung (er tritt zur Wahl nicht mehr an), um sich detailliert mit dem Zahlenwerk auseinanderzusetzen, verwies unter anderem auf die Überschreitung von Anordnungskompetenzen, auf überplanmäßige Ausgaben und neu gebildete Reste im Vermögenshaushalt in Höhe von 4,5 Millionen Euro. Fast 60 Prozent der geplanten Investitionen seien nicht erfolgt. Die Frage entstehe, ob die Haushaltsaufstellung realistisch gewesen sei.

„Er hat recht, es ist schlimm“, räumte Henning ein. Entscheidend für ihn sei aber, dass dem Landkreis kein Schaden entstanden sei. Auf Konsens stieß auch seine Einschätzung, dass der Leiter Finanzverwaltung Henning Schwittay – recht kurzfristig mit der Aufgabe betraut – eine gute Arbeit geleistet habe.

Einige Dinge seien jedoch nicht so gelaufen, wie er es sich wünsche. Bei einigen Haushaltsstellen hätten es die Mitarbeiter nicht geschafft, alle Rechnungen noch 2018 zu stellen.

Schuldenstand: 36,1 Millionen Euro

Hinzu kamen einige Amtsleiterwechsel, die lange Krankheit des Ende 2018 in den Ruhestand verabschiedeten Kreiskämmerers und die Entscheidung, 500.000 Euro Personalkostenrücklage zu bilden. Das heißt, diese Summe, die 2018 auf Grund von unbesetzten Stellen oder langer Krankheit nicht für Personal ausgegeben wurde, wurde ins Jahr 2019 geschoben und damit die Kreisumlage gestützt. Sie musste so nicht erhöht werden. Dass es 2018 einen Fehlbetrag der laufenden Rechnung geben würde, habe man seinerzeit nicht geahnt.

Man werde nun aber darüber reden müssen, Gebühren und Kreisumlage zu erhöhen, kündigte der Landrat an. Auch die Personalkosten seien ein ganz wichtiger Punkt. Man müsse genau schauen, welche Stellen wiederbesetzt werden können.

Die von Hopfe genannten Ausgabereste im Vermögenshaushalt seien vor allem entstanden, weil sich Projekte verzögerten. Zum einen, weil es sehr schwierig sei, akzeptable, bezahlbare Angebote im Baubereich zu erhalten. Zum anderen, weil Förderbescheide nicht wie erhofft eintrafen.

Dass es keine freie Spitze mehr gebe, ein Schuldenstand in Höhe von 36,1 Millionen Euro eine Menge Holz sei und ein Personalkonzept eigentlich schon im November 2018 vorgestellt werden sollte, betonte Ralf Hauboldt, Vorsitzender der Fraktion Die Linke/Freie Wähler. „Das sind alles Dinge, die unschön sind und in Verantwortung des Landrats stehen“, sagte er. Man solle aber in die gleiche Richtung ziehen, um den Landkreis voranzubringen.

Dank für die klaren Feststellungen sprach der Vorsitzende der CDU/FDP-Fraktion, Siegmar Schmidt, aus. Er verwies darauf, dass den Kommunen ihrem Finanzbedarf entsprechend zu wenig Geld bereitgestellt werde, nannte die Rücklageentwicklung „besorgniserregend“ und sieht voraus, dass man für den Haushalt 2020 über eine Erhöhung der Kreisumlage reden müsse.

Letztlich wurde die Jahresrechnung 2018 bei einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen beschlossen und auch der Landrat per Mehrheitsbeschluss entlastet. Henning zum Schluss: „Die berechtigte Kritik habe ich verstanden und nehme sie an. Wir werden die Fehler abstellen, das habe ich hiermit versprochen.“