Wartburgregion. „Wartburgmobil“ und private Busunternehmen wollen nachjustieren. Nachverkehrsplan bleibt aber maßgeblich. Es knirscht hinter den Kulissen

„Katastrophe“, so beschreiben Fahrgäste das, was sich seit dem Start des Sommerfahrplanes des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in der nördlichen Wartburgregion und Eisenach abspielt. Selbst von politischer Seite wie der CDU Werra-Hainich gibt es mittlerweile Alarm. So könne man das nicht stehen oder besser, fahren lassen.

Was den beiden Mitarbeiterinnen im Service-Punkt am Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) seit dem Inkrafttreten des Fahrplanes am 1. Juni abverlangt wird, übersteigt mitunter deren Kräfte, ist nervenaufreibend, denn die Kette der Beschwerden, Nachfragen und Unmutsäußerungen reißt nicht ab.

„Noch keine neuen Fahrpläne eingetroffen“, dieser gedruckte Hinweis findet sich im Service-Punkt gleich mehrfach. Die Mitarbeiterinnen müssen sich wieder und wieder erklären. Die Druckerei, bei der das Verkehrsunternehmen „Wartburgmobil“ (VUW) 4500 Fahrpläne hat drucken lassen, habe Lieferschwierigkeiten, sagt Sprecherin Jeanette Heinz. Aber das ist aus Sicht zahlreicher Fahrgäste nur eines von vielen Übeln.

Die Kritiken kommen aus fast allen Bereichen des Nordkreises, allen voran von Menschen aus Gemeinden, die nicht direkt an den Bushauptlinien liegen, aus Hallungen, Frankenroda oder Ebenshausen, aus Dankmarshausen, Berka/Werra, aus Deubach, aus dem Raum Ruhla, aber auch aus Eisenach, denn im Stadtbusverkehr haben Busfahrgäste Probleme benannt: Busse, die angeblich gar nicht fahren oder die zu spät kommen.

Die Anzeigetafeln auf dem ZOB in Eisenach funktionierten seit Tagen kaum oder gar nicht, sagen selbst Busfahrer. Die klagen über grenzwertige Arbeitsbedingungen bei der VUW. „Es gibt Busfahrer, die gerne Krawall machen“, entgegnet die VUW-Sprecherin.

Menschen irren auf der Suche nach dem Abfahrtssteig auf dem ZOB umher. Schulen haben sich bei der VUW in Bad Salzungen ob der Verhältnisse bei der Schülerbeförderung beschwert, denn es sind Busse gestrichen oder Linie zusammengelegt worden. Die Konsequenz: übervolle Busse.

Mitunter blieben Schüler stehen, etwa in Mosbach. Berufspendler oder Lehrlinge auf dem Weg zu ihren Arbeitsorten sind vom abgespeckten Busangebot betroffen, müssen jetzt zum Teil früher losfahren, um Anschlüsse zu bekommen, lautet Kritik. Im sozialen Netzwerk Facebook sah sich der Fahrgastbeirat der Wartburgregion um Frank Rothe genötigt, eine eigene Plattform zu installieren, um Beschwerden zu sammeln. Rothe moderiert und leitet die Fälle alle an die VUW und die drei Firmenverbünde weiter, die als Konzessionäre auf drei Linienbündeln im Altkreis Eisenach fahren (wir berichteten). Alle versprechen, so weit wie möglich im Fahrplan nachzujustieren. Doch ganz so einfach geht das nicht. Am Nahverkehrsplan und dem Grundsatz des sogenannten Taktsystems, feste wiederkehrenden Hin- und Rückfahrtszeiten, werde man nichts ändern. So sieht das auch Vizelandrat Udo Schilling (CDU). Genau so haben Stadtrat Eisenach und Kreistag den ÖPNV beschlossen. Und es dürfe nicht teurer werden. Mit vier Millionen Euro pro Jahr vom Kreis und 52.000 Euro aus Eisenach ist der Zuschuss für die Konzessionäre gedeckelt.

„Im Moment ist die Situation extrem angespannt, aber wir kriegen das hin“, verspricht Schilling. Tatsächlich sind die Fronten zwischen der VUW und den privaten Busunternehmen verhärtet. Die Privaten befürchten sogar, dass sie durch die VUW platt gemacht werden sollen. Nichts davon sei nachvollziehbar, so VUW-Chef Horst Schauerte

Vizelandrat Schilling spricht von einem derzeitigen Kampf an zwei Fronten. Auf der einen Seite die Fahrgastkritiken, auf der anderen Seite der Zwist zwischen „Wartburgmobil“ und den neun privaten Busunternehmen. „Die Privaten haben sich als reiner Dienstleister gut 20 Jahre lang dem Wettbewerb nicht stellen müssen und sind nun als Konzessionäre gefordert, eigenverantwortlich zu agieren, Fahrpläne entsprechend wirtschaftlich zu erarbeiten“, sagt Schilling.

Die Privaten kontern damit, dass die Politik einen 30 Jahre gewachsenen ÖPNV über den Haufen geworfen habe und man nun viel zu viele Leerkilometer fahre, „heiße Luft“ sozusagen. Die VUW habe es da einfach. Sie sei Aufgabenträger und Busunternehmen in einem, habe das Heft in der Hand und könne finanziell aus dem Vollen schöpfen. „Wir werden Fahrpläne nachjustieren, aber uns sind Daumenschrauben angelegt“, sagt Busunternehmer Jörg Thiele. Für VUW-Chef Schauerte ist das Klagen auf hohem Niveau. Das jetzige Konstrukt sei auch Wunsch und Wille der privaten Busunternehmen gewesen. Fahrplanänderungen seien grundsätzlich immer möglich, solange der Nahverkehrsplan erfüllt wird und im VUW-Etat entsprechendes Geld vorhanden sei.

Der Kreistag sei den privaten Unternehmen mit seinem Beschluss entgegengekommen und habe die Leistung bewusst nicht ausgeschrieben. Auch die Deutsche Bahn hatte um den Auftrag gebuhlt, ergänzt der Vizelandrat. Schauerte verspricht eine weitere Nachbesserung der VUW-Fahrpläne, was jedoch nicht ad hoc passieren könne. Und er bietet den privaten Busunternehmen Hilfe im Management, schließlich soll der ÖPNV aus einem Guss funktionieren. Die Privaten sagen selbstbewusst: das können wir alleine.

Dass die VUW gerade einige Busfahrer verloren hat und deshalb 1500 Euro Kopfgeld für neue Fahrer zahlt, aus Steuergeld, ist nur einer von weiteren Nebenschauplätzen.