Thüringer Geburtshelferinnen erwarten eher keinen Babyboom bedingt durch die Pandemie. Verbände fordern zum Schutz von Schwangeren, einen früheren Impfanspruch für Hebammen.

Eisenach/Jena/Erfurt (dpa/th) – Der Thüringer Hebammenlandesverband hofft, dass auch Hebammen bei der Reihenfolge für Corona-Impfungen zügig berücksichtigt werden. «Das wäre sehr wünschenswert, weil wir mit einer vulnerablen Gruppe arbeiten», sagte die Landesvorsitzende Annika Wanierke im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf Schwangere. Wanierke verwies zudem darauf, dass sich teils Hebammen in Kliniken schon auf Impflisten eintragen durften.

Für Schwangere selbst sind die Corona-Impfstoffe laut Ständiger Impfkommission (Stiko) beim Robert Koch-Institut zunächst nicht zugelassen. Stattdessen gehören der Verordnung zu Corona-Impfungen des Bundesgesundheitsministeriums zufolge aber enge Kontaktpersonen von Schwangeren zumindest zu dem Kreis, der mit hoher Priorität Anspruch auf die Schutzimpfung hat.

Folgerichtig sollten Mitarbeiter in der Schwangerschaftsbetreuung und Geburtshilfe diesen Anspruch haben, forderten auch die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, die Bundesarbeitsgemeinschaft Leitender Ärztinnen und Ärzte in der Frauenheilkunde und Geburtshilfe und der Deutsche Hebammenverband (DHV). Höchste Priorität haben etwa die Menschen, die 80 Jahre oder älter sind, Pflegeheimbewohner und -mitarbeiter.

Zu Spekulationen darüber, ob die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Auflagen und Aufforderungen, zuhause zu bleiben, zu einem Anstieg bei der Geburtenrate führen könnte, will sich Wanierke derweil nicht hinreißen lassen. Dazu sei es noch zu früh.

«Ich vertrete den Standpunkt, dass es perspektivisch nicht zu einem signifikanten Anstieg kommen wird», sagte Andrea Lesser mit Blick auf die Entwicklung hierzulande. Die Chefärztin der Klinik für Frauenheilkunde am Eisenacher St. Georg Klinikum ist auch stellvertretende Vorsitzende des Thüringer Landesverbands des Berufsverbands der Frauenärzte. Sie rechne eher mit dem Gegenteil, dass Familienplanung deutlich zurückhaltender angegangen werde. Verlustängste, Arbeitslosigkeit und andere existenzielle Sorgen beschäftigten viele Menschen in der Pandemie.

Auch der Direktor der Klinik für Geburtsmedizin am Uniklinikum Jena, Ekkehard Schleußner, geht aus ähnlichen Gründen nicht von einem Babyboom aus. «Unsichere Zeiten, wie es die Corona-Pandemie zweifelsohne ist, führen nicht zu mehr Geburten. Stattdessen schieben Paare ihren Kinderwunsch auf, soweit es möglich ist», so Schleußner.