Großfahner. Das Modell „Friedel“ der PGH Fahrzeugbau Großfahner war die einzige Alternative zum „Klappfix“

„Unserer hatte eckig Ecken, der im Westen abgerundete“, bringt Eberhard Büchner die offensichtlichen Unterschiede der Wohnwagen Ost und Wohnwagen West auf den Punkt. Und er gab zu, dass einige Ideen durchaus aufgegriffen wurden. Er war dabei, als die ersten Wohnwagen der DDR Gestalt annahmen – teilweise noch unter freiem Himmel, weil es nicht für jeden Bereich Produktionsgebäude gab. Dass es in Großfahner einmal einen Fahrzeugbau gab, in dem Bestellungen aus der gesamten Republik auf Halde lagen – daran kann sich heute kaum noch jemand erinnern.

Pro Jahr wurden ab 1966 bis zu 150 Wohnwagen gebaut – bis zur Wende konnte der Bedarf nicht gedeckt werden. Das Modell „Friedel“ war in der ganzen DDR bekannt und begehrt. Daneben gab es nur den berühmten „Klappfix“ und Wohnwagenkonstruktionen Marke Eigenbau. Der „Friedel“, dessen Name laut Büchner in einer Schnapslaune entstand (eine der beiden Frauen in der Belegschaft hieß Frieda) war Teil des offiziellen Lieferprogrammes des DDR-Fahrzeugbaus. Und er war keineswegs eine von der Partei geplante Verbesserung der Lebensqualität. Er entstand aus der Not heraus, weil in Großfahner nach einem neuen Markt gesucht werden musste.

Vom Bauwagen zum Camping-Wohnwagen

Denn zum Beginn waren es Bau- und Zirkuswagen, die in Großfahner repariert und umgebaut wurden (Foto links). Der VEB Zentralzirkus ließ regelmäßig Bauwagen zu Wohnwagen für das Fahrende Volk umbauen. Eine Gruppe von Handwerkern um Huldenreich Moths hatte im Juni 1960 eine PGH (Produktionsgenossenschaft des Handwerks) gegründet, in der alle notwendigen Gewerke für dieses Gewerbe vertreten waren. Eberhard Büchner war Schmied und übernahm die Arbeiten am Fahrgestell, es gab Tischler, Sattler – insgesamt sieben Mitarbeiter hatten reichlich zu tun. Als sich abzeichnete, dass die Reparatur der Bauwagen konzentriert werden soll, und dies nicht in Großfahner, suchte man nach einem Ersatz. Und fand diesen bei einer Campingmesse in Düsseldorf. Campingwohnwagen – so etwas gab es in der DDR noch nicht.

Eberhard Büchner kann sich noch gut an den Prototyp erinnern, der danach angefertigt wurde. 1965 war er fertig (Foto rechts). Man habe lange getüfftelt, um mit dem zur Verfügung stehenden Material die Idee umsetzen zu können.

Auf einer Achse wurden eine Schlafgelegenheit für zwei Personen, eine Spüle mit Gaskocher, ein Kleiderschrank und Sitzgelegenheiten untergebracht. Es musste für Stauraum gesorgt werden, für eine funktionierende Entlüftung – und vor allem musste die Holzrippenkonstruktion wetterdicht sein. Als alles fertig war fehlte nur noch die Farbgebung. Der Hammerschlaglack musste mehrmals neu aufgebracht werden, weil er einfach nicht halten wollte, erinnert sich Büchner, der Prototyp habe viel Zeit, Nerven und Geld gekostet.

Aber der Aufwand hat sich gelohnt Letztendlich gefiel der Prototyp, als er präsentiert wurde, er erhielt seine technische Zulassung und durfte in Kleinserie gefertigt werden. Die Nachfrage war groß, letztendlich durfte in Großfahner erweitert, eine neue Halle gebaut werden. Auf 33 Mitarbeiter stieg die Belegschaft an. Sogar auf der Leipziger Messe durfte er präsentiert werden. Wie schnell produziert werden konnte, bestimmte aber trotzdem die in der DDR üblichen Beschaffungsprobleme. Kupplungen mussten zugekauft werden, Plexiglas für die Scheiben war eine Rarität. Immer wieder kam es zu Verzögerungen, fehlte Material. Ständig gab es Veränderungen und Verbesserungen, durch die sich der Verkaufspreis von ursprünglich 10.500 Mark auf zuletzt 23.000 Mark erhöhte.

Auch die Auslieferung über den Verladebahnhof in Döllstädt machte Probleme. Nicht immer gab es geeignete Wagen für den Transport. Als in Döllstädt nicht mehr verladen wurde, mussten die Hänger sogar bis nach Walschleben gebracht werden. Bereits vor dem Verkauf hatten sie so schon zahlreiche Kilometer absolviert. Denn dazu kommt noch die Hin- und Rückfahrt nach Neudietendorf, wo die Campinganhänger lackiert wurden.

Ein Vorteil des kleinen Betriebes war es, dass die Ferienplätze stets für andere Orte vergeben werden konnte. Je nachdem, wo die dafür freigestellten beiden „Friedel“ platziert werden konnten. Es ging in den Meyersgrund bei Stützerbach, nach Rathenau, Plau am See oder nach Moritzburg. Dazu gab es den betriebseigenen Skoda – ein Trabant hätte die Last des Wohnwagens nicht geschafft, zumal erst die späteren Modelle eine Auflaufbremse hatten, die Ur-Version noch vom Auto gebremst werden musste.

Ab Februar 1990 wurde die Produktion eingestellt. Bestellungen wurden storniert, es standen bis zu 30 Wohnwagen auf Halde. Inzwischen sind auch diese alle verkauft, als Schnäppchen für 7000 Mark bevor die Westmark kam. Irgendwo sind diese heute mit Sicherheit noch auf Achse. Einer steht sogar im Werksmuseum des Reisemobil-Herstellers Hymer in Bad Walsee.

Insgesamt wurden in Großfahner etwa 1000 Camping-Wohnwagen gebaut. Einige der Wohnwagen werden demnächst wieder an ihren Geburtsort zurück kommen, wenn im September vom Heimatverein zum zweiten Mal zum „Friedel-Treffen“ eingeladen wird. Dann ist auch Eberhard Büchner wieder ein gefragter Mann. Der 85-Jährige weiß noch ganz genau, was zu tun ist, wenn es im „Friedel“ irgendwo klemmt. Er hat ihn schließlich mitentwickelt.

Friedel-Treffen auf dem Sportplatz von Großfahner, 13. bis 15. September, Info: www.heimar.grossfahner.de