Erfurt. Zum 25. Geburtstag des Erfurter Seniorenbeirats sprachen wir mit Gudrun Stübling. Sie ist die Vorsitzende des Erfurter Seniorenbeirats.

Über Interessenvertretung, Nachwuchssorgen und die Vielfalt von Ehrenamt sprachen wir zum 25. Geburtstag des Erfurter Seniorenbeirats mit der Vorsitzenden Gudrun Stübling.

Wenn es keinen Seniorenbeirat gäbe, woran würden es die Erfurter merken?

Das geht bei den Bänken in der Stadt los und hört bei den vier städtischen Seniorenklubs auf. Einen fünften mahnen wir gerade an. In der Aufzählung gäbe es den Badetag für Senioren in Hohenfelden vielleicht nicht mehr, kleinere Preise im Theater und der freie Museumseintritt am 1. Dienstag im Monat entfielen. Schotte und Kinoklub würden Senioren wohl nicht mehr extra mit Terminen wahrnehmen. Selbst der Buga-Dialog wäre ohne uns Alte weniger wirksam.

Sie verbessern einerseits Alltagsbedingungen, sind jedoch als ehrenamtlicher Beirat auch unverzichtbare Kommunikationsbrücke zwischen Stadtpolitik und einer großen Gruppe Erfurter....

Unsere Senioren-Foren, viermal im Jahr, greifen dazu spezielle Themen auf: von Pflege über Sicherheit bis zum Seniorenbericht. Letzterer ist ein Alleinstellungsmerkmal der Stadt Erfurt. Ohne unseren Protest wäre er aber wohl in der Verwaltung nicht zu Ende gebracht worden.

Ein Bericht – wäre das ein Verlust gewesen?

Ein Bericht, der Weichen in der Stadtpolitik stellt. Wir vertreten 60.000 Erfurter über 60 Jahre. Wir hätten unsere alterstypischen Wünsche und Vorstellungen nicht einbringen können. Das würde allen fehlen. Ohne die Arbeit des Beirates blieben ihnen auch viele Stadtratsvorlagen unbekannt und es gäbe keine Stellungnahmen unsererseits. Preiserhöhungen und die Streichung der grünen Sozialkarte für den Nahverkehr wären leichter durchsetzbar.

Sie erinnern auch an die Lebensleistung der alt Gewordenen, halten so Beispiele für Stadtentwicklungen wach?

Ein Beispiel war die Iga. Die heutigen Senioren haben sie damals mit aufgebaut. Als das große Blumenbeet verschwinden sollte, wurde in Handarbeit ein großer Teppich mit Blüten gefertigt, der an dieses Garten-Denkmal erinnert, letztlich haben wir mit Erfolg den Erhalt gefordert.

Stichwort: lebenslanges Lernen/Bildung im Alter.

Aus dem Seniorenbeirat kam der Anstoß für das Erfurter Kolleg, eine Vorlesungsreihe für Senioren an der Uni Erfurt. Wir machen zudem gemeinsame Veranstaltungen sowohl mit Schülern wie auch mit Gruppen anderer Kulturkreise. Wir haben eine Seniorenredaktion bei Radio F.R.E.I. und seit 13 Jahren eine eigene Sendung. Wir bilden uns auch selbst weiter, an der Volkshochschule und im Erfahrungsaustausch beim Landes­seniorenbeirat sowie mit den Seniorenbeiräten von Mainz, Magdeburg und Dresden. Wir schreiben Beiträge im Amtsblatt und sind für Publikationen wie den Senioren- und Pflegeratgeber sowie das monatliche Veranstaltungsheft, speziell für Senioren, aktiv.

Welcher Aufwand steht hinter dem Ehrenamt, beispielsweise der Vorsitzenden?

Zweimal wöchentlich hat der Seniorenbeirat in der Geschäftsstelle am Ring Sprechstunden, besetzt ist fast täglich dank der Unterstützung durch das Hauptamt der Stadtverwaltung. Es gibt viel Büroarbeit, Schriftverkehr und Konzepte, das Beurteilen von Dokumenten. Dazu kommen cirka drei Außentermine je Woche.

Der Seniorenbeirat wird wie das Stadtparlament alle vier Jahre berufen. Wen vertreten die Mitglieder?

Die Erfurter Vereine und Verbände sowie Parteien: von Arbeiter-Samariter-Bund bis Stadtverband der Kleingärtner. Wir sind 23 stimmberechtigte und zwei beratende Mitglieder, eins davon ist der Amtsleiter für Gesundheit und Soziales. Mitglieder des Beirates arbeiten in den Gremien der Stadt mit wie im Fahrgastbeirat, Ausländerbeirat und Kriminalpräventiven Rat, als Seniorensicherheitsberater.

Das Netzwerk, es reicht noch weiter?

Wir nehmen an Ausschusssitzungen teil, besuchen Heime, beteiligen uns an Sozialgipfeln.

Im Beirat ist Themenvielfalt angesagt!

Die Arbeitsgruppe Kultur/Freizeit/Bildung organisiert jährlich beispielsweise ein Frühlingssingen, ein Gartenfest und den Literaturwettbewerb „Federlesen“ mit Nach-Lesen in Heimen und Begegnungsstätten durch. Dazu kommt ein Themennachmittag zur interkulturellen Woche in Kooperation mit der Volkssolidarität sowie Musiknachmittage. Wir sind bei den Stadtteilfesten dabei, kulturell und mit einem Informationsstand, führen dort viele Gespräche.

Jetzt feiert der Seniorenbeirat erst einmal 25. Geburtstag. Was sind Ihre Wünsche?

Der Festakt findet am Montag, 1. April, im Rathaus statt, nur für Eingeladene. Ich wünsche mir eine Begegnung mit früheren und jetzigen Aktiven und Partnern. Und für die 2019 anstehende Neuwahl fehlen uns dringend jüngere Senioren, die etwas bewirken wollen. Wir sind zurzeit vier Aktive, die älter sind als 80 Jahre. Da stehen Veränderungen an.