Erfurt. Thüringens Ministerpräsident flog mit dem Hubschrauber, während der Chauffeur die Limousine parallel dazu fuhr, um ihn dann am Zielort abzuholen. Seine Vorgängerin hielt es ähnlich.

Er hat es auch getan. Bodo Ramelow ist zu Terminen geflogen – derweil sein Fahrer nebst Dienst-BMW vorneweg fuhr. Der Vorteil für den Ministerpräsidenten: In Hannover, Rüsselsheim oder Berlin stand dann das gewohnte Gefährt bereit. Zumeist fuhr das Auto dann auch ohne den Linken zurück.

Insgesamt 15 solcher Leerfahrten hat die Landesregierung in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage des FDP-Abgeordneten Dirk Bergner aufgelistet. Ramelow sei parallel dazu im Hubschrauber geflogen, heißt es in der Antwort der zuständigen Finanzministerin Heike Taubert (SPD). Die Flüge hätten der „Zeitersparnis wegen der engen Terminlage“ gedient. Zum ebenfalls abgefragten Anlass der Reise könnten aber „aufgrund der Einstufung des Ministerpräsidenten als zu schützende Person keine öffentlichen gemacht werden.“

Nun lassen die sich recht schnell mit diversen offiziellen Mitteilungen abgleichen. Also: Am 27. April flog-fuhr Ramelow zu einem Forum mit Gregor Gysi im brandenburgischen Stift Neuzelle. Am 11. Mai 2018 war er auf dem Katholikentag in Münster und am 7. November 2018 beim Deutsch-Russischen Dialog in Potsdam. Im Jahr 2019 besuchte er am 4. April 2019 die Hannover Messe und reiste am 3. Oktober 2019 zur Einheitsfeierei nach Kiel. Und am 16. April 2020 musste der Ministerpräsident dringend zu einer Aufzeichnung der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ in Hamburg. Es ging, natürlich, um Corona – und Ramelow sagte unter anderem, dass seine Landesregierung das „Testmanagement deutlich ausbauen“ wolle. Ein Jahr ist das jetzt her.

Die oppositionelle FDP findet die Flugfahrdienstreisen erwartungsgemäß empörend. „Wer die Menschen im Land beim Klimaschutz gängelt, sich selbst aber mit dem Hubschrauber zu Terminen fliegen lässt, während das Auto leer vorausfährt, predigt Wasser und gönnt sich selbst den teuersten Wein“, teilte Dirk Bergner mit. In diesem Zusammenhang verwies er besonders gerne darauf, dass Ramelows Dienstflüge auch schon mal in Saalburg an der Bleiloch-Talsperre starteten und endeten, wo der Ministerpräsident einen Bungalow besitzt. Auch das nahe Paska steht als Zielort auf der Liste.

Für Bergner sind derlei Anfragen ein bewährtes Instrument, um die jeweilige Regierung zu ärgern. In den Jahren 2011 und 2013 nötigte er das Finanzministerium zu dem Eingeständnis, dass neben Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht auch Innenminister Peter Huber (beide CDU) sowie die SPD-Minister Matthias Machnig und Christoph Matschie ihre Dienstwagen vorausfahren ließen, während sie selbst lieber flogen. Und im Unterschied zu Ramelow, der seine Staatskanzlei nur inländische Leerfahrten organisieren ließ, tourten die Dienstwagen Lieberknechts und ihren Minister des Öfteren nach Brüssel oder sogar bis nach Paris.

Ramelows Kabinettsmitglieder haben hingegen laut offizieller Auskunft nicht ihre Dienstwagen vorausgeschickt. Die Anfrage Bergners umfasst die gesamte vorige und die aktuelle Wahlperiode – und deckt somit nebenher auch die Amtszeit des FDP-Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich ab. Doch in den vier Wochen, in denen Bergners Fraktionskollege in der Staatskanzlei saß, kam es bekanntlich nicht zu längeren Dienstreisen.

Zu Nachreden aus der Erfurter Regierungsstraße, dass er sich wenige Tage nach seiner Wahl per Limousine in den Skiurlaub fahren ließ, mochte sich Kemmerich bislang nicht äußern.

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