Baie Sainte Anne. Kann eine Nuss wirklich sexy sein? Auf den Seychellen im Indischen Ozean stellen sich Reisende diese Frage. Nur dort wächst die Coco de Mer, die erotischste Frucht der Welt. In den Koffer passt sie nicht.

Hobby-Botaniker geraten bei ihrem Anblick ins Schwärmen, Teenies kichern verlegen und kriegen schon mal rote Köpfe, prüde Amerikanerinnen halten ihren Kindern die Augen zu. Keine Pflanze auf der Seychellen-Insel Praslin ruft so emotionale Reaktionen hervor wie die Coco de Mer.

Einzigartig ist die Riesen-Nuss nicht nur wegen ihrer Seltenheit, Größe und ihres stattlichen Preises. Höchst bemerkenswert ist vor allem ihr Aussehen: Die weibliche Frucht sieht aus wie das weibliche Geschlechtsorgan, der männliche Baum präsentiert sich mit einem extrem phallischen Blütenstand. Die Coco de Mer ist ausgesprochen sexy, sie gilt zu Recht als die erotischste Frucht der Welt.

Nur auf zwei Inseln wachsen die Palmen

Die Pflanze wächst nur auf den Seychellen, etwa 5000 Exemplare stehen im Vallée de Mai auf Praslin, einem fast 20 Hektar großen Hochtal, das die Unesco schon 1983 zum Weltnaturerbe erklärt hat.

Hunderte Touristen drängeln sich Tag für Tag durch den Dschungel mit den riesigen Palmenblättern. Irgendwann stehen sie andächtig vor den Eltern der Coco de Mer: den mächtigen Seychellenpalmen, die nur auf Praslin und der kleinen Nachbarinsel Curieuse überlebt haben.

Das Missverständnis mit dem Meer

Fremdenführer Louis ist Coco-de-Mer-Experte. Den merkwürdigen Namen Meeresnuss, so erzählt er, verdanke sie einem Missverständnis: "Immer wieder plumpsten Nüsse ins Meer, die dann von der Strömung an weit entfernte Küsten von Indien, Südafrika oder den Malediven geschwemmt wurden. Und weil sie dort niemand hat wachsen sehen, meinte man, dass sie vom Meeresboden stammen müssen", erzählt Louis.

Fasziniert war man schon immer von der Coco de Mer, auch wenn man wenig von ihr wusste. Louis freilich kennt sich aus. Bis zu 20 Kilo schwer kann eine einzelne Meeresnuss werden, bis zu 20 Jahre braucht sie, bis sie ausgewachsen ist und befruchtet werden kann – mit den größten Samen im gesamten Pflanzenreich, die von den männlichen Palmen stammen, deren Blütenstand aussieht wie ein meterlanger Penis.

Bis die Samen im Erdreich zu keimen beginnen, vergehen Monate, und es dauert ein Jahr, bis sich das erste Blatt zeigt. Jedes neue Blatt braucht wiederum ein Jahr. Wie genau die Befruchtung funktioniert, hat die Wissenschaft noch nicht herausgefunden.

Reiche schätzten die verlockende Frucht

So oder so: Die Coco de Mer galt immer als Frucht der Versuchung, und sie war heiß begehrt. Weil er mit riesigen Gewinnen rechnete, brachte ein französischer Landvermesser die kostbaren Samen nach Europa – und heizte damit tatsächlich einen wahren Kaufrausch unter den Reichsten der Reichen an. Kaiser Rudolf II. hat für eine Nuss angeblich 4000 Goldstücke bezahlt. Im britischen Empire wurde ein Exemplar mit 400 Pfund Sterling gehandelt - nach heutiger Kaufkraft etwa 60.000 Euro.

Natürlich möchten auch heute noch manche Besucher des Vallée de Mai eine Coco de Mer mit nach Hause nehmen. Schmuggeln kann man die Riesennuss schlecht. Besser ist es, zur Seychelles Island Foundation zu gehen. Die hat immer welche auf Lager und stellt dafür auch eine amtliche Ausfuhrgenehmigung aus. Zu zahlen sind für das seltene Souvenir 200 Euro Exportgebühr - und am Flughafen ein happiger Aufschlag für 20 Kilo Übergepäck.

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