Nordhausen. Die Ermittler observierten Hotels und Apotheken, überwachten Telefonanschlüsse. Schließlich spürten sie ein Netzwerk um deutschlandweite Rezeptbetrügereien auf. Jetzt gibt es ein Urteil.

Zwei Apothekenrezeptfälscher aus Brandenburg sind vom Amtsgericht Nordhausen in Thüringen zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Laut Urteil von Mittwoch haben sie sich in 45 Fällen des gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Betrugs und Urkundenfälschung schuldig gemacht. Ein 58 Jahre alter Apothekenmanager wurde zu drei Jahren und zehn Monaten, seine 61 Jahre alte Ehefrau zu drei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt.

Eine pharmazeutisch-technische Assistentin erhielt eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten Haft. Das Gericht sah bei ihr einen geringeren Tatbeitrag und wertete zu ihren Gunsten, dass sie sofort nach der Festnahme im Mai 2019 reinen Tisch gemacht hatte. Die 32-Jährige muss 100 Sozialstunden leisten. Das Urteil gegen sie ist rechtskräftig.

Ohne Betrügereien wären Apotheken 2015 Pleite gegangen

„Die Angeklagten sind professionell durchdacht und mit hoher krimineller Energie vorgegangen“, sagte Richterin Eva Balk in der Urteilsbegründung. Ohne die Betrügereien wären die beiden Apotheken des angeklagten Ehepaares bereits 2015 Pleite gegangen.

Die Richter blieben geringfügig unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die vier und dreieinhalb Jahre Haft für die beiden Apotheker gefordert hatte. Über die Schadenswiedergutmachung von rund 80 000 Euro will das Gericht gesondert entscheiden.

In vierjährigen Ermittlungen sei rund 400 Fällen in mehreren Bundesländern nachgegangen worden: Mit Rezeptfälschungen habe das Trio teure Medikamente erschwindelt und diese dann in den eigenen Apotheken in Brandenburg verkauft, hieß es. Anschließend seien echte Rezepte bei den Krankenkassen eingereicht worden.

Der 58-Jährige sei ein „Intensivtäter“, hatte Oberstaatsanwalt Gert Störmer in seinem Plädoyer gesagt. Der Schaden sei Krankenkassen und Apotheken gleichermaßen entstanden. Weitere 98 vergleichbare Fälle sollen demnächst am Amtsgericht Königs Wusterhausen gegen den Mann und dessen Tochter verhandelt werden.

Assistentin hatte Affäre mit ihrem Chef

Die Sonderkommission „Pille“ der Kriminalpolizeiinspektion Nordhausen hatte die Assistentin und ihren Chef intensiv beobachtet und dabei Hotelzimmer und Parkdecks durchsucht, Telefone abgehört und das Pärchen observiert. Im Mai 2019 klickten die Handschellen, das Trio kam in Untersuchungshaft.

Die 32-jährige Assistentin hatte eine Affäre mit ihrem Chef. Sie sprach von einer Liebesbeziehung, er von „Freundschaft plus“. Er wohnte bei ihr, bezahlte Miete, Pferd sowie anderen Luxus. Die Apothekerin steht nach Angaben ihres Verteidigers vor dem Nichts, auch ihre Zulassung als Apothekerin werde sie verlieren.

Weitere Nachrichten zum Thema: