Erfurt. An den Thüringer Landgerichten wird auch in Pandemie-Zeiten weiter verhandelt. Doch die Auswirkungen von Corona werden deutlicher.

An Thüringer Landgerichten wird Corona zum Trotz weiter verhandelt. Das trifft insbesondere auf Strafsachen zu, bei denen die Angeklagten in Untersuchungshaft sitzen. Alle aktuellen Entwicklungen im kostenlosen Corona-Liveblog

Dennoch: Die Auswirkungen werden deutlicher. In Gera hat die 11. Strafkammer ein bereits begonnenes Sicherungsverfahren vertagt und die anstehenden Januar-Termine aufgehoben. In Mühlhausen wird der Prozessbeginn gegen zwei mutmaßliche Rechtsextremisten ganz verschoben – statt am 26. Januar soll die Hauptverhandlung nun erst im März starten.

"Die Richter müssen in der gegenwärtigen Phase die schwere Abwägung zwischen Infektionsschutz und Verfahrensförderung durch Verhandlung und Beweisaufnahme treffen, die stets Personenkontakt und Infektionsrisiko mit sich bringen", sagt ein Sprecher des Landgerichts Gera auf Anfrage. Am Zugang zum Justizzentrum gibt es verschärfte Kontrollen. Beim Betreten wird beispielsweise die Körpertemperatur kontaktlos gemessen. In den Gerichtssälen ist die Platzkapazität beschränkt – dennoch wird die Öffentlichkeit gewahrt. In kleineren Räumen finden zwei Zuschauer Platz, in größeren bis zu 30. Während in der Strafabteilung die Verfahren durch Verhandlungen weiter gefördert werden, läuft das in Zivilsachen meist auf dem schriftlichen Weg.

Homeoffice in der Justiz die Ausnahme

Die Gerichte und die vier Staatsanwaltschaften in Thüringen sind laut Justizministerium jederzeit in der Lage, ihren verfassungsmäßigen Auftrag zu erfüllen. "Zugleich bleibt die richterliche Unabhängigkeit auch in Pandemie-Zeiten unangetastet", erklärt ein Justizsprecher auf Anfrage. Alle Thüringer Richter und Staatsanwälte seien bereits vor der Pandemie mit Laptops ausgestattet worden. Allerdings können nur etwa zehn Prozent von ihnen aus dem Homeoffice über geschützte Zugänge auf das Gerichtsnetzwerk zugreifen.

Entscheidungen mit Fristen werden sichergestellt

Zudem verfügen die größeren Justizstandorte im Freistaat über mobile Videokonferenzanlagen, die es ermöglichen Gerichtsverhandlungen auch online abzuhalten. Der Zugang zu diesem System sei für die beteiligten Richter, Staatsanwälte, Verteidiger und Angeklagte mit Laptops möglich. Allerdings räumt das Justizministerium ein, dass die Leistungsfähigkeit des Moduls noch nicht die Anforderungen der Justiz erfülle.

Sollten die Pandemiesituation und Erlasse der Landesregierung öffentliche Verhandlungen unmöglich machen, würden die Gerichte sicherstellen, dass Richter alle die Entscheidungen treffen können, die wegen vorgegebener Fristen keinen Aufschub dulden.

Am Landgericht Erfurt läuft unter Pandemie-Vorgaben das Verhandlungsgeschehen ebenfalls weiter, teilt ein Sprecher mit. Auch hier sind zum Beispiel in den Verhandlungssälen Plexiglasscheiben installiert worden. Zudem arbeiten die Beamten in der Geschäftsstelle jetzt in zwei Schichten und die Mitarbeiter der Wachtmeisterei wurden auf mehrere Räume verteilt. Homeoffice oder Telearbeit sei allerdings nicht möglich. "Dazu fehlen die technischen Voraussetzungen", sagt der Gerichtssprecher.

Im Landgericht Meiningen, hier sind ebenfalls erhebliche Schutzmaßnahmen zur Pandemiebekämpfung getroffen worden, hofft man darauf, dass bald mehr Mitarbeitende im Homeoffice arbeiten können. Bisher sei das den Richtern vorbehalten, sagt ein Sprecher. "Die angekündigte erhebliche Aufstockung von sogenannten Token wird dazu führen, dass auch andere Mitarbeiter des Landgerichtes zu Hause Akten erledigen können. Dies wird insbesondere in der Zivilabteilung des Landgerichtes geschehen, welches in Thüringen Pilotprojekt für die Einführung der E-Akte ist", ist man in Meiningen optimistisch.

Auch am Landgericht Mühlhausen wirkt sich die Corona-Pandemie aus – insbesondere in "der Dauer der Hauptverhandlungen in Strafsachen", teilt eine Sprecherin mit. Heimarbeit werde insbesondere von den Richtern im Zivilbereich umgesetzt, teilweise auch von Rechtspflegern. Die Büros am Landgericht seien so strukturiert worden, dass nur noch einen Arbeitsplatz pro Raum existiert oder zwei, die durch eine Plexiglasscheibe getrennt sind.