Kommerziell erst erfolglos, aber nach der Trennung zum musikalischen Einflüsterer. Christian Werner über das Album „#1 Record“ von Big Star.

Musikalisch liegen vielleicht nicht unbedingt Welten zwischen Velvet Underground und Big Star. Aber ein paar tiefe Gräben muss man schon mit großen Schritten überwinden. Und doch gibt es einen größten gemeinsamen Nenner der beiden Bands: Zu Lebzeiten waren sie verkannt, im Nachgang gelangten sie zu spätem Ruhm.

Es gibt diesen berühmten Satz, dass Velvet Underground während ihrer aktiven Zeit nicht mal tausend Alben verkauft haben sollen, aber tausend Bands hätten sich wegen ihrer Alben gegründet. Eine den Mythos belebende Formel, die sich mühelos auch bei Big Star anwenden lässt.

Andere Künstler haben die Hits

Künstler wie R.E.M, Wilco und Beck nennen die Gruppe aus Memphis, Tennessee, als wichtigen Einfluss auf ihre eigene musikalische Evolution. Anfang bis Mitte der 1970er-Jahre aber war die später viel rezipierte Band kommerziell rigoros erfolglos. Die Alben lagen wie Blei in den Regalen, wichtige musikalische Köpfe gingen stiften nach dem ersten Album (Gitarrist und Sänger Chris Bell) und dem zweiten (Bassist Andy Hummel). Album Nummer drei wurde gar erst 1978, vier Jahre nach Auflösung der Gruppe, veröffentlicht.

Das Cover des Albums „#1 Record“ von Big Star.
Das Cover des Albums „#1 Record“ von Big Star. © Concord/Universal

Dabei war ihnen der Erfolg nicht fremd: Als Mitglied von The Box Tops hatte Alex Chilton – einer der Big-Star-Gründer und -Sänger – 1967 mit „The Letter“ einen Nummer-eins-Hit. Eine Marke, die er mit seiner zweiten Band nicht mal ansatzweise erreichte. Hits machten aus ihren Songs andere, zu anderen Zeiten. Etwa die Bangles mit „September Gurls“ (1986) oder Cheap Trick mit „In the Street“ (1999) als Titelsong der Sitcom „Die wilden Siebziger“.

An den Ambitionen kann es jedenfalls nicht gelegen haben. Die waren hoch gesteckt: Das erste Album aus dem Jahr 1972 war unbescheiden mit „#1 Record“ betitelt und enthält
Power-Pop-Songs wie „The Ballad of El Goodo“ und das bereits erwähnte „In the Street“. Aber auch die Adoleszenz-Hymne „Thirteen“, die es auf Coverversionen in zweistelliger Anzahl bringt und eines der schwelgerischsten Stücke akustischer Popmusik ist, das je eine Mikrofon-Membran zum Vibrieren gebracht hat.

Mike Mills von R.E.M. hat der britischen Tageszeitung The Guardian in einem Interview einst verraten, dass die Platte für ihn bei den ersten Durchläufen perfekt klang. Er habe gedacht, wenn er einmal die Möglichkeit haben sollte, Musik machen zu können, sollte sie genau so klingen. Der Rest, Sie wissen schon, ist Geschichte.

Reinhören!

Wir haben die Playlist zum Krisen-Modus. Hören Sie unsere Auswahl an Songs für die Heimarbeit, zur Kurzweil oder für andere Ablenkungen in Selbstquarantäne. Die Titel werden mit jeder neuen Folge unserer Kolumne erweitert. Und hier erfahren Sie, warum die Songs ausgewählt wurden.

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