Wie die schwedischen Pop-Perfektionisten ihren musikalischen Kern zeigten. Christian Werner über das Album „Tourism“ von Roxette.

Das Revival der Neunzigerjahre ist scheinbar nicht mehr aufzuhalten. Doch bevor Jamba-Klingeltonpartys reüssieren, hier noch schnell unser Beitrag zum Rückblicktrend. „Tourism“ heißt unser Album der Woche, der zuweilen wenig beachtete kleine Bruder des Millionensellers und Hit-Generators „Joyride“ aus dem Jahr 1992, den Roxette während einer Tournee in Hotelzimmern und Studios auf der halben Welt eingespielt hat.

„Tourism“ ist alles andere als eine homogene Platte. Ein Zwitter aus Studio- und Livestücken, die gelungene neue (Country-)Version von „It must have been Love“ wurde sogar halb live, halb im Studio aufgenommen. Es gibt neue Songs und Zweitverwertungen von B-Seiten („Come back before you leave“) sowie von älteren Stücken („Silverblue“).

Eine Band mit echten Instrumenten

Das Album steht zudem mehr als jede andere Veröffentlichung des schwedischen Duos für alles, was man an der Band lieben kann – und hassen. Weil es genau diese Dinge vereint: die Melodien, denen man kaum entkommt. Aber auch das Technische, scheinbar Berechenbare, Programmierte. Es hat die Hits samt Nonsens-Text („How do you do“). Und es hat Herz und Wärme. Das war neu für die, die Roxette als Reizwort betrachteten.

Das Cover des Albums „Tourism“ von Roxette.
Das Cover des Albums „Tourism“ von Roxette. © EMI

Mit diesem Nebenwerk läuteten Per Gessle und Marie Fredriksson die Rehabilitation ihrer Band bei denen ein, die sich bis dahin von der glatt produzierten Oberfläche blenden ließen. Erstmals präsentierten sie sich auf einem Studioalbum zumindest teilweise als Band mit echten Instrumenten – organisch, akustisch, ohne technische Tricks.

Sicher, der Zeitgeist spielte eine Rolle, die Unplugged-Welle rollte immer weiter und Zurück-zum-Handgemachten war nach den notorisch technologischen Achtzigern das Ding der Stunde. Das Konzept war ebenfalls en vogue: U2 zogen mit „Achtung Baby“ und dem kleinen Schwesteralbum „Zooropa“ gleich.

Organischer und akustischer Klang

Roxette waren oft für das Posieren mit Rickenbacker-Gitarren kritisiert worden und dafür, dass sie Musiker wie Tom Petty zu Vorbildern zählten. Für viele Musikkritiker ging das mit der Musik nicht zusammen. Nun zeigte die Band, dass es doch passte.

Nie klangen sie organischer, geerdeter als mit Songs wie „So far away“, „The Heart shaped Sea“ oder die runtergestrippte Fassung von „Things will never be the same“. Ein Weg, den Per Gessle solo bis in die Neuzeit weitergehen wird, leider nicht immer mit seiner Hauptband.

Reinhören!

Wir haben die Playlist zum Krisen-Modus. Hören Sie unsere Auswahl an Songs für die Heimarbeit, zur Kurzweil oder für andere Ablenkungen in Selbstquarantäne. Die Titel werden mit jeder neuen Folge unserer Kolumne erweitert. Und hier erfahren Sie, warum die Songs ausgewählt wurden.

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