Erfurt. Wir haben in die neuen Alben reingehört von Nichtseattle, Marius Müller-Westernhagen und Die Kerzen.

Der erste Eindruck täuscht: Die Songs auf „Kommunistenlibido“ von Katharina Kollmann alias Nichtseattle machen erst nicht viel her, dann aber will man sie nicht mehr missen.

Das Cover des Albums „Kommunistenlibido“ von Nichtseattle.
Das Cover des Albums „Kommunistenlibido“ von Nichtseattle. © Staatsakt/Bertus

Fast so sparsam instrumentiert wie Springsteens „Nebraska“, allerdings mit elektrischer Gitarre, erzählt sie in ihrer freidrehenden und schön-schrammigen Poesie über das Leben, innen wie außen. Video-Tipp: Einzigartig auch ihr Tanz vorm Marx-Kopf in Chemnitz im Clip „Ein Freund“.

Das Cover des Albums „Das eine Leben“ von Marius Müller-Westernhagen.
Das Cover des Albums „Das eine Leben“ von Marius Müller-Westernhagen. © Sony Music

Gut zehn Jahre firmierte er nur als Westernhagen, nun veröffentlicht Marius Müller-Westernhagen sein neues, in etwa 20. Album „Das eine Leben“ wieder unter seinem vollen Namen. Die fidele Platte spart nicht mit Gesellschaftskritik, die Pandemie wird verflucht und, klar, das Leben reflektiert – mit gut 70 Jahren reich an Erfahrung. Seinen Deutschrock versetzt Westernhagen mit Hilfe gestandener New Yorker Studiocracks erneut mit Blues, Soul, Country und jeder Menge eingängiger Melodien. Gelungenes Alters.., nein, Spätwerk.

Das Cover des Albums „Pferde & Flammen“ von Die Kerzen.
Das Cover des Albums „Pferde & Flammen“ von Die Kerzen. © Staatsakt

Deutsch und Englisch locker-flockig zu verknüpfen ist ein Markenzeichen des Austro-Pop, siehe Falco oder Bilderbuch. Die Kerzen aus Ludwigslust in Mecklenburg-Vorpommern übernimmt diese Kulturtechnik mühelos und mehr: Sie fährt nicht nur im Song „Cabriolet“ mit Vollgas und pumpendem Bass zurück in die Achtziger. Die Band lebt derweil in Berlin und auf ihrem zweiten Album „Pferde & Flammen“ den großen Popentwurf, stark orientiert an New Wave als wäre es ewig 1984. Bereits im ersten Stück lassen Tears for Fears grüßen.