Straßburg. Das Aus für Einweg-Trinkhalme, Plastikteller und weitere Wegwerfartikel ist beschlossen. Das Verbot gilt ab 2021. Für Verbraucher ändert sich einiges.

Es ist eine drastische Maßnahme im Kampf gegen den Plastikmüll: In Deutschland und der gesamten EU sind eine Reihe von Einwegprodukten aus Plastik wie Teller oder Trinkhalme ab 2021 verboten.

Das EU-Parlament beschloss am Mittwoch endgültig eine entsprechende Richtlinie. Das Gesetz nimmt auch den Kampf gegen Zigarettenkippen auf und sieht zahlreiche weitere Änderungen vor, die Verbraucher zu spüren bekommen.

Der harte Kurs soll eine Trendwende beim Plastikverbrauch einleiten und vor allem die Zunahme an Plastikmüll in den Weltmeeren zu stoppen. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) sieht einen „wichtigen Meilenstein“. Doch der Bundesverband der Industrie warnt: „Gut gemeint, aber in vielen Teilen nicht gut gemacht“. Für den Normalverbraucher ist vor allem das Aus für Plastik-Einwegprodukte spürbar.

Diese Plastik-Artikel werden aus dem Verkehr gezogen:

  • Trinkhalme
  • Teller
  • Besteck
  • Luftballonstäbchen
  • Rührstäbchen (zum Beispiel für den Kaffee)
  • Wattestäbchen (für den privaten Verbrauch)
  • Verpackungen aus aufgeschäumtem Polystyrol, wie sie beim To-Go-Kauf von heißen Lebensmitteln oder Getränken benutzt werden

Verboten wird außerdem sogenanntes „oxo-abbaubares Plastik“, ein Material mit Metallbeimischung, das zum Beispiel für dünne Beutel und Verpackungen verwendet wird und im Müll in kleinste Mikroteilchen zerfällt. Wichtig zu wissen: Diese Produkte dürfen zwar in zwei Jahren nicht mehr verkauft werden – wer sich privat vorher mit Plastik-Einwegartikeln eindeckt, darf sie aber weiter verwenden.

Verboten werden nach EU-Darstellung nur solche Produkte, die leicht ersetzbar sind – die Liste umfasst jene Artikel, die mehr als 70 Prozent des in den Meeren schwimmenden Plastikmülls ausmachen.

Wie reagieren Handel und Industrie?

Die deutsche Industrie ist misstrauisch: „Es werden Produkte aus Kunststoff verboten, die Unternehmen rechtmäßig herstellen“, sagt BDI-Umweltexperte Claas Oehlmann unserer Redaktion. „Die Gefahr besteht, dass die Politik die einmal beschlossene Verbotsliste nach und nach um weitere Produkte erweitert.“

Große Fast-Food-Ketten prüfen bereits selbst Alternativen. Starbucks hat angekündigt, den Plastikhalm 2020 abzuschaffen. Auch Handelskonzerne wie Rewe oder Lidl bereiten schon den zügigen Abschied von Plastik-Einwegprodukten vor. Doch das Plastikverbot ist nicht alles.

Zigaretten könnten teurer werden

Für andere Plastikprodukte wie Feuchttücher oder Plastiktassen sollen auffällige Warnhinweise vorgeschrieben werden, die die Verbraucher über die Umweltrisiken und die beste Entsorgung aufklärt.

Vor allem der Zigarettenindustrie drohen neue Kosten. Wenn in den Filtern, wie bisher üblich, Plastik verarbeitet ist, dann müssen sich deren Hersteller an den Kosten für Einsammeln und Entsorgung solcher Zigarettenreste in der Öffentlichkeit beteiligen. Auf den Zigarettenpackungen muss ein Warnhinweis zur Umweltbelastung gedruckt werden: Die Filter gelten als eines der größten Plastik-Müllprobleme.

Die EU erwartet, dass die Hersteller jetzt rasch Alternativen ohne Plastik entwickeln. Doch die Unternehmen wehren sich gegen die neuen Belastungen, deren Höhe noch nicht abschätzbar ist. Wie die Hersteller reagieren, ist deshalb bislang unklar – aber über Preiserhöhungen wird in der Branche bereits diskutiert.

Gut möglich, dass Zigaretten in absehbarer Zeit teurer werden. Offiziell heißt es beim Verband der Zigarettenindustrie noch, man wolle über Preiserhöhungen nicht spekulieren.

McDonald’s, Burger King und andere Fastfoodketten müssen umplanen

Die sogenannte erweiterte Herstellerverantwortung soll auch für andere Produkte wie Fast-Food-Verpackungen gelten. Die Unternehmen müssen dann zum Beispiel die Kosten für die Müllbeseitigung in der Öffentlichkeit tragen. Details sind aber unklar.

Für die einzelnen Regelungen müssen die Mitgliedstaaten sorgen. Die deutsche Industrie ist besorgt: „Die Hersteller sollen für das Fehlverhalten von Konsumenten zahlen, das ist der falsche Anreiz“, sagt BDI-Umweltexperte Oehlmann. Stattdessen sollte das Fehlverhalten im Umgang mit Abfall konsequenter geahndet werden. Die Industrie setzt jetzt darauf, dass die Bundesregierung bei der Umsetzung in nationales Recht „dafür Sorge trägt, dass die Kosten nicht allein an den Unternehmen hängen bleiben.“

Recycling soll forciert werden

Vorgesehen ist auch eine Verbrauchsreduzierung für Plastikartikel, für die es noch keine Alternative gibt – etwa Lebensmittelverpackungen für Obst, Gemüse oder Eis, aber auch für Getränketassen. Auch dafür sollen die Mitgliedstaaten verantwortlich sein. Sie sollen zudem dafür sorgen, dass bis 2025 90 Prozent aller Plastikartikel getrennt gesammelt und recycelt werden - der Anteil von PET-Plastikflaschen soll bis 2025 um mindestens 25 Prozent reduziert werden.

Auch an eine weitere Neuerung werden sich Verbraucher gewöhnen müssen: Deckel von Einwegflaschen aus Kunststoff müssen auch aufgeschraubt immer fest mit der Flasche verbunden sein, damit sie nicht als loser Müll die Umwelt belasten. Gegen diese Auflage war die Industrie Sturm gelaufen. Sie gilt jetzt erst nach einer Übergangsfrist ab 2024.

Umweltministerin Svenja Schulze drückt aufs Tempo

Bislang wird nach Angaben der EU-Kommission nur ein Drittel der Plastikabfälle eingesammelt und wiederverwertet. Der Rest landet überwiegend auf Müllkippen oder in der Umwelt. Um den Verbrauch von Wasser-Plastikflaschen zu reduzieren, hat die EU-Kommission bereits ein anderes Vorhaben auf den Weg gebracht: Öffentliche Trinkwasserbrunnen und der Anspruch auf billiges Leitungswasser in Restaurants sollen die Bürger animieren, mehr auf Wasser aus dem Hahn zurückzugreifen und weniger aus Plastikflaschen zu trinken.

Die EU-Mitgliedstaaten müssen die Richtlinie bis 2021 noch in nationale Gesetze fassen. Aber in Deutschland drückt Umweltministerin Schulze nach Informationen unserer Redaktion aufs Tempo. Die Vorschriften sollen „zügig“ umgesetzt werden – wo möglich noch vor 2021, heißt es im Umweltministerium.

Der CDU-Umweltpolitiker im EU-Parlament, Peter Liese, lobte den Parlamentsbeschluss. An einigen Stellen seien aber erfolgreich Übertreibungen verhindert worden. „So wird es weder ein Flugverbot für Luftballons noch Warnhinweise auf Luftballons geben, wie es die Grünen beantragt hatten“, sagte Liese. Auch der SPD-Europaabgeordnete Jo Leinen erklärte: „Gezielte Maßnahmen können die negativen Auswirkungen von Plastikprodukten auf die Umwelt erheblich verringern.“ Die Grüne-Abgeordnete Rebecca Harms meinte: „Es gibt einen Ausweg aus der Wegwerffalle.“