Karlsruhe. Nicht immer ist klar, wann Fluggästen Entschädigungen zustehen – und wie hoch sie sein müssen. Der BGH hat für mehr Klarheit gesorgt.

Bei Flugreisen läuft längst nicht immer alles wie geplant. Verspätungen, Ausfälle oder auch eine verweigerte Mitnahme können den Reiseplan schon mal auf den Kopf stellen. In vielen dieser Fälle können sich Reisende auf ihre Fluggastrechte berufen und entschädigt werden. Aber immer wieder gibt es auch Fälle, in denen die Regeln nicht ganz eindeutig sind.

Dementsprechend regelmäßig muss sich auch der Bundesgerichtshof (BGH) mit Fällen beschäftigen, in denen es um Ausgleichszahlungen oder Schadensersatzansprüche im Reiserecht geht. Nun ist ein Grundsatzurteil gefallen.

BGH in Karlsruhe: Entschädigung gilt auch für Hotelkosten

Flugpassagiere, die wegen erheblicher Verspätung eine Ausgleichszahlung der Fluggesellschaft erhalten, müssen sich diese auf weitere Schadenersatzforderungen anrechnen lassen. Dieses Grundsatzurteil hat der Bundesgerichtshof am Dienstag verkündet. Damit wurden die Klagen mehrerer Flugreisender endgültig abgewiesen, die zusätzlich zur Ausgleichszahlung Ersatz für Hotelkosten und Mietwagen einklagen wollten.

Der für das Reiserecht zuständige X. Zivilsenat des BGH entschied über zwei Fälle. Im einen hatten mehrere Personen in einem Reisebüro eine Urlaubsreise gebucht. Die Flüge führten von Frankfurt nach Las Vegas und zurück, darüber hinaus umfasste die Reise verschiedene Hotelaufenthalte. Da die Airline den Hinflug verweigerte, flogen sie am Folgetag über Vancouver nach Las Vegas, wo sie mehr als 30 Stunden später als geplant eintrafen.

Sie verlangten vom Reisebüro neben der Ausgleichszahlung von 600 Euro pro Person Ersatz der für die beiden ersten Tage angefallenen Mietwagen- und Hotelkosten, die Erstattung einer Übernachtung in einem anderen als dem gebuchten Hotel sowie die Rechtsanwaltskosten. Im zweiten Fall ging es um eine Flugreise, die drei Personen von Frankfurt nach Windhoek gebucht hatten. Vom Ankunftsort aus wollten sie eine Rundreise durch Namibia antreten.

Der Abflug verzögerte sich, so dass die Fluggäste ihr Reiseziel einen Tag später als vorgesehen erreichten. Auch hier verlangten die Reisenden über die Ausgleichszahlung von je 600 Euro pro Person hinaus die Kosten für die Hotelübernachtung in Windhoek sowie Ersatz für eine Übernachtung in der Safari Lodge. Denn diese hatten sie aufgrund der Verspätung nicht mehr erreicht, dennoch war die gebuchte Unterkunft berechnet worden.

BGH: Schadenersatzforderungen und Ausgleichszahlungen verrechnen

Die Kunden müssen sich nun mit der Entschädigung von 600 Euro pro Person zufrieden geben, die sie aufgrund der Verspätung beziehungsweise des Flugausfalls erhielten. Denn, so der BGH, Schadenersatzforderungen und Ausgleichszahlungen seien gegeneinander zu verrechnen. Die beanspruchten Zusatzkosten für Hotelübernachtungen und Mietwagen lägen jedoch unterhalb der bereits erhaltenen 600 Euro pro Person.

Rechtlich beruhen Schadenersatzforderungen wegen zusätzlicher Hotelübernachtungen und Mietwagenkosten auf deutscher Gesetzgebung. Die Ausgleichszahlungen für Flugverspätungen gehen dagegen auf die europäische Fluggastrechteverordnung zurück.

In dieser europäischen Verordnung heißt es jedoch, dass „die gewährte Ausgleichsleistung auf einen Schadensersatzanspruch angerechnet werden kann.“ Von einer Vorlage der Fälle an den Europäischen Gerichtshof sah der BGH ab.

In einem anderen Fall entschied der EuGH, dass Fluggästen keine Entschädigung zusteht, wenn es zu einer Flugverspätung wegen einer Reifenpanne kommt.

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