Shanghai. In Teilen Chinas herrschen zurzeit über 35 Grad. Die Regierung greift zu kuriosen Methoden – und öffnet alte Bunker als Rückzugsorte.

  • Auch in China sorgen Hitzewellen und fehlender Regen für Probleme, insbesondere in großen Städten
  • Die Regierung hat deshalb nun alte Bunkeranlagen geöffnet, um kühle Räume zu öffnen
  • Es ist davon auszugehen, dass sich auch in China die Auswirkungen des Klimawandels in den nächsten Jahren noch stärker zeigen dürften

Eine erdrückende Hitze hat Shanghai diesen Juli in eine riesige Outdoor-Sauna verwandelt: Die meisten Frauen bewegen sich ausschließlich mit ausladenden Sonnenschirmen durch die Straßenschluchten des Geschäftsviertels, die Männer schlängeln sich im Slalom durch den vorhandenen Schatten. Und in den pittoresken Cafés der französischen Konzession bleiben die Gastgärten und Dachterrassen bis in die späten Abendstunden leer. Wer es sich leisten kann, verbringt die Tage durchgehend klimatisiert.

Hitze: China ächzt unter Temperaturen von über 35 Grad

Die Volksrepublik China wird diesen Sommer von einer beispiellosen Hitzewelle heimgesucht, die noch früher begann als gewöhnlich: In weiten Teilen des Landes erreicht die Tageshöchsttemperatur bereits seit Mitte Juni konstant über 35 Grad. In der Hauptstadt Peking wurde die 40-Grad-Marke in diesem Jahr bereits häufiger durchbrochen als in den letzten Jahrzehnten zuvor.

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Eine kürzlich veröffentlichte Studie der staatlichen Wetterbehörde gibt Aufschluss darüber, wie überdurchschnittlich stark China vom Klimawandel betroffen ist. So ist die Temperatur im Reich der Mitte seit 1900 statistisch alle zehn Jahre um 0,16 Grad angestiegen – höher als im globalen Durchschnitt. Immer lauter melden sich chinesische Klimaforscher zu Wort: Sie mahnen dazu an, dass es dringende Investitionen benötigt, um die Städte für die globale Erderwärmung zu wappnen.

Um seinen Bürgern einen Rückzugsort bei der Hitze zu bieten, hat die chinesische Stadt sich entschieden, seine Luftschutzbunker für die Allgemeinheit zu öffnen.
Um seinen Bürgern einen Rückzugsort bei der Hitze zu bieten, hat die chinesische Stadt sich entschieden, seine Luftschutzbunker für die Allgemeinheit zu öffnen. © picture alliance / NurPhoto | CFOTO

Dabei hat die Regierung seit der Jahrtausendwende durchaus beachtliche Fortschritte erzielt: Chinas Metropolen sind mittlerweile deutlich grüner, zudem werden bei der Planung von neuen Stadtvierteln stets auch Kälteinseln – etwa in Form von künstlichen Seen oder der Begrünung von Außenfassaden – eingeplant.

Hitzeschutzmaßnahme: Regierung öffnet Luftschutzbunker

Dennoch helfen insbesondere im schwülen Süd- und Zentralchina nur mehr unkonventionelle Methoden: Die Städte Hangzhou, Wuhan und Chongqing haben diesen Sommer ihre vorhandenen Luftschutzbunker geöffnet, damit die Bevölkerung diese als Kühlinseln nutzen kann. Viele der Anlagen stammen noch aus der Zeit der japanischen Invasion Ende der 1930er Jahre. Mittlerweile wurden die Untergrund-Räume mit Klimaanlagen, Fernsehern und Tischtennis-Platten ausgestattet. Sie bieten Schutz für Seniorinnen und Senioren, die sich oftmals keine Klimaanlage leisten können.

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Abseits der individuellen Gefahr eines Hitzetods stellen die Temperaturen auch eine Bedrohung für die Lebensmittelversorgung dar. Sowohl beim Anbau von Reis als auch Sojabohnen ist wie bei vielen landwirtschaftlichen Produkten dieses Jahr mit Einbrüchen der Ernteerträge zu rechnen. Und zwar aus unterschiedlichen Gründen: Die Maisproduktion im nordchinesischen Hebei wurde durch die anhaltende Dürre gefährdet. In der Provinz Henan im Landesinneren hingegen sind es die Regenfluten, welche die Weizenfelder zerstört haben.

Vor allem ältere Menschen sollen in den Bunkern vor der Hitze geschützt werden. Sie erhalten dort Tee und Wasser, können den Internetzugang nutzen und Fernsehen schauen.
Vor allem ältere Menschen sollen in den Bunkern vor der Hitze geschützt werden. Sie erhalten dort Tee und Wasser, können den Internetzugang nutzen und Fernsehen schauen. © picture alliance / CFOTO | CFOTO

Hitze belastet auch die chinesische Wirtschaft

Die Landwirtschaft passt sich bereits an die neuen Verhältnisse an. Immer mehr Früchte und Gemüsesorten werden statt auf offenen Feldern in Gewächshäusern angebaut, wo die Temperatur besser kontrolliert werden kann. Forscher arbeiten zudem konstant daran, Reissorten zu entwickeln, die auch mit weniger Wasser auskommen.

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Doch sämtliche Maßnahmen können die bereits jetzt massiven Folgen der Erderwärmung auf die Wirtschaft nicht überdecken. Durch den immensen Strombedarf der Klimaanlagen bricht mittlerweile im Sommer regelmäßig die Energieversorgung in einigen Teilen Chinas zusammen, was mitunter auch den Betrieb in den Fabriken für Tage lahmlegt. 2022 schätzte eine Forschergruppe der chinesischen Akademie der Wissenschaften, dass die klimabedingten Einbußen des Landes bereits im Jahr 2100 deutlich über vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen werden.

GeographieChina ist das drittgrößte Land der Welt nach Landfläche und teilt seine Grenzen mit 14 Ländern
BevölkerungMit über 1,4 Milliarden Menschen ist es das bevölkerungsreichste Land der Welt
WirtschaftChina ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt und ein führender Akteur in Bereichen wie Produktion, Export, Technologie und erneuerbare Energien
Politisches SystemDie Kommunistische Partei Chinas ist die herrschende Partei des Landes. Es handelt sich dabei um eine sozialistische Einparteienrepublik

Angesichts der angespannten Lage ist es also umso wichtiger, dass sich die chinesische Regierung bei der globalen Debatte um den Klimaschutz wieder stärker engagiert. Am Sonntag wird erstmals seit Jahren der US-Klimabeauftragte John Kerry nach Peking reisen. In der Volksrepublik wird er viel zu besprechen haben: Denn China ist nicht nur der mit Abstand größte Produzent von erneuerbaren Energien, sondern gleichzeitig auch der weltweit stärkste CO2-Verursacher.