Berlin. Archäologen legen die Grabkammer des chinesischen Kaisers Xiaomin frei. Seine Todesumstände gleichen einer “Game of Thrones“-Episode.

  • Forscher haben das Grab von Xiaomin, einem chinesischen Kaiser, entdeckt
  • Die Grabstätte ist über 1400 Jahre alt
  • Die dort entdeckten Fundstücke geben einige Geheimnisse über das Leben des Monarchen preis

Die Geschichte von China ist reich an Machtkämpfen, Intrigen und Verrat. Mehrere Male zerbrach das riesige Kaiserreich in verschiedene Dynastien, die sich leidenschaftlich bekriegten. Das beste Beispiel für diese bewegte Vergangenheit ist der Kaiser Xiaomin, dessen kurze Herrschaft in einem solchen Machtkampf gewaltsam endete. Archäologen haben nun die circa 1466 Jahre alte Grabkammer des Kaisers entdeckt und seiner Geschichte ein wichtiges Beweisstück hinzugefügt.

Die Forscher der "Shaanxi Acadamy of Archeology" fanden das Grab von Xiaomin in der Nähe der Stadt Xi'An, der alten Hauptstadt des chinesischen Kaiserreichs in der Provinz Shaanxi. Es besteht aus einer einzelnen Grabkammer, deren Eingang von vier in die Erde eingelassenen Terrassen umgeben ist. Insgesamt ist das Grab 56,84 Meter lang und liegt 10 Meter unter der Erdoberfläche. Damit ist es ein verhältnismäßig schlichtes Grab für einen chinesischen Kaiser. Immerhin ließ sich Chinas erster Kaiser, Qin Shihuangdi, in einem gigantischen Mausoleum begraben, das von einer 8000 Mann starken Terrakotta-Armee bewacht wird.

Die Grabkammer des chinesischen Kaisers Xiaomin wurde wohl in der Vergangenheit geplündert. Archäologen konnten trotzdem viele spannende Objekte freilegen.
Die Grabkammer des chinesischen Kaisers Xiaomin wurde wohl in der Vergangenheit geplündert. Archäologen konnten trotzdem viele spannende Objekte freilegen. © IMAGO / Xinhua / Shaanxi Academy of Archaeology

Kaiser Xiaomin, der 542 als Yuwen Jue geboren wurde, gilt als Gründer der im Jahr 557 entstandenen Nördlichen Zhou-Dynastie. Zu dieser Zeit war China in mehrere nördliche und südliche Reiche aufgeteilt, die von 420 bis 589 miteinander konkurrierten. Als "Himmlischer Prinz" herrschte er nur ein paar Monate über dieses nördliche Reich Chinas, bevor er abgesetzt und ermordet wurde. Obwohl seine Grabkammer in der Vergangenheit geplündert wurde, machten die Archäologen laut der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua einige interessante Entdeckungen.

Grabinschrift: War der Kaiser nur Herzog?

Die Forscher legten insgesamt 146 Objekte frei, die die Grabräuber wohl entweder übersehen oder für nicht wichtig erachtet haben müssen. Darunter befinden sich mehrere Terrakotta-Figuren und Keramiken, die dem Toten beigegeben wurden. Doch die mit rotem Zinnober bemalte Grabinschrift ist die wohl wichtigste Entdeckung, die die Archäologen machten.

Terrakotta-Figuren wie diese fanden die Archäologen in der Grabkammer reichlich.
Terrakotta-Figuren wie diese fanden die Archäologen in der Grabkammer reichlich. © IMAGO / Xinhua / Shaanxi Academy of Archaeology

So wurde Xiaomin darauf als Herzog Yuwen Jue und nicht als Kaiser bezeichnet. Es handele sich dabei um den ersten physischen Beweis, dass Xiaomin vor seinem Tode die Kaiserwürde aberkannt bekam – und erst posthum wieder erhielt. Bisher war dieser Umstand nur aus historischen Schriften bekannt. Die Inschrift lässt damit tief in die brutalen Ränkelspiele der damaligen Zeit blicken.

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"Game of Thrones" in China: Politisches Chaos in der Zhou-Dynastie

So lesen sich der Anfang und das Ende der Nördlichen Zhou-Dynastie wie eine Episode der erfolgreichen Fantasy-TV-Serie "Game of Thrones". Der emeritierte Stanford-Professor für Geschichte Albert Dien zeichnet auf "Live Science" die Umstände von Xiaomins Machtergreifung und Ermordung nach. Demnach sei Xiaomin von seinem Cousin und Vormund, dem Kriegsfürsten Yuwen Hu, als Herrscher installiert worden.

Xiaomin, der Sohn eines mächtigen Generals, rebellierte jedoch gegen die Kontrolle seines Vormunds Hu. Hu ließ ihn daraufhin entmachten und ein paar Monate später exekutieren. Ein anderer Bruder von Jue, Yuwen Yu, folgte ihm auf den Trohn. Doch auch den ließ der Kriegsfürst Hu vergiften. Bis 572 kontrollierte Hu daraufhin mit mehreren Herrscher-Marionetten die Nördliche Zhou-Dynastie. Erst noch ein anderer Bruder Xiaomins, Yuwen Yong, bereitete seinem brutalen Treiben ein Ende. Er ließ Hu ermorden und ernannte sich selbst zum Kaiser.

Xiaomin wurde so erst 37 Jahre nach seinem Ableben durch seinen Bruder wieder die Kaiserwürde verliehen, wie der Historiker Dien berichtet. Von diesen turbulenten Zeiten zeugt bis heute die Grabinschrift, die ihn nach dem Willen seines Mörders Hu auch noch 1466 Jahre nach seinem Tod als "Herzog" deklariert.

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