Berlin. Intervallfasten ist ein sehr beliebter Trend, der gesundes Leben und Abnehmen verspricht. Es kann aber auch das Leben verlängern.

Die gesundheitlichen Vorteile des Intervallfastens sind noch nicht eindeutig bewiesen. Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung liegen zu wenige klinische Studien vor, die an Menschen ausgeführt wurden. Hoffnung machen allerdings Tierstudien: Hier gibt es Ergebnisse, die gesundheitliche Vorteile des Intervallfastens nahelegen, etwa die von Victoria Acosta-Rodríguez von der University of Texas. Sie veröffentlichte mit ihrem Team 2022 eine Studie, die zeigt, dass Intervallfasten das Leben der Mäuse verlängert. Und das bis zu 35 Prozent.

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Dazu nutzten sie einen Apparat, der die Tiere in festgelegten Zeiträumen mit Futter versorgte. Die Tiere lebten während der Studie in Einzelkäfigen, damit die Ergebnisse so vergleichbar wie möglich blieben. Die Forschenden teilten die über 200 Mäuse in sechs verschiedene Gruppen ein.

  • Gruppe 1 war die Kontrollgruppe. Sie durften so viel fressen, wie und wann sie wollten. Die restlichen Gruppen erhielten dann 30 bis 40 Prozent weniger Futter.
  • Gruppe 2 erhielt die tägliche Futterration (Neun Futterpellets) zu Beginn des Tages. Innerhalb von zwei Stunden fraßen die Tiere alles auf und warteten dann für 22 Stunden auf die nächste Fütterung.
  • Gruppe 3 erhielt, wie Gruppe 2, die Ration im Ganzen. Allerdings zum Beginn der Nacht, der natürlichen Aktivitätszeit von Mäusen. Auch hier war innerhalb von zwei Stunden alles weg.
  • Gruppe 4 erhielt die Tagesration über einen Zeitraum von 12 Stunden. Alle 90 Minuten bekamen sie einen Futterpellet. Den ersten gab es mit Beginn des Tages, den letzten dann am Abend.
  • Gruppe 5 erhielt das Futter in der gleichen Verteilung wie Gruppe 4. Einziger Unterschied: die Fütterung folgte über die zwölf Stunden der Nacht, also wieder während der natürlichen Aktivitätszeit der Tiere.
  • Gruppe 6 erhielt die tägliche Ration gleichmäßig über 24 Stunden verteilt.

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Der erste Blick gilt der Kontrollgruppe. Die Tiere in dieser Gruppe überlebten durchschnittlich 792 Tage, also etwas über zwei Jahre. 75 Prozent ihres Futters fraßen die Mäuse in der Nacht, also ihrer natürlichen Aktivitätszeit.
Die Gruppen zwei bis sechs erhielten dann zum einen 30-40 Prozent weniger Futter, zum anderen hatten sie längere Fastenperioden. Die Gruppen zwei und drei fasteten für 22 Stunden, Gruppen vier und fünf für zwölf Stunden.

Unbegrenzte Nahrung sorgt für das kürzeste Leben

Die ernüchternde Erkenntnis direkt vorweg: die Mäuse der Kontrollgruppe, die so viel fressen durften, wie und wann sie wollten, lebten am kürzesten. Die Lebensdauer von etwa zwei Jahren entspricht damit auch der durchschnittlichen Lebenserwartung einer Labormaus. Wildlebende Hausmäuse kommen laut Umweltbundesamt lediglich auf eine Lebensdauer von etwa einem Jahr.

Die Mäuse der Gruppe 6 erhielten ihre kalorienreduzierte Futterration über den Tag verteilt. Im Lauf von 24 Stunden bekamen sie regelmäßig einen Futterpellet. Das verlängerte ihre durchschnittliche Lebensdauer um 10,5 Prozent im Vergleich mit der Kontrollgruppe. Sie lebten im Schnitt 875 Tage. Die Forschenden schlossen daraus, dass bereits eine Diät mit weniger Kalorien lebensverlängernd wirken kann. Ganz ohne Intervallfasten.

Die Mäuse, die außerhalb ihrer natürlichen Aktivitätszeit gefüttert wurden, blieben im Vergleich zu den Mäusen, die nachts gefüttert wurden zurück. Egal ob sie dabei für 22 Stunden (Gruppe 2) oder für zwölf Stunden (Gruppe 4) fasten mussten. Die Tiere, die während ihrer natürlichen Aktivitätszeit fraßen, lebten durchschnittlich länger, als diejenigen, die ihren Biorhythmus unterbrechen mussten, um zu fressen.

Größte Lebensverlängerung bei Intervallfasten mit weniger Kalorien

Die kalorienreduzierte Diät in Kombination mit Intervallfasten verlängerte das Leben der Mäuse allerdings mehr als eine reine Kalorienreduzierung. Die tagsüber fressenden Mäuse lebten bei einer Fastenzeit von zwölf Stunden 18,9 Prozent länger, durchschnittlich 942 Tage. Bei einer Fastenzeit von 22 Stunden lebten sie 21,1 Prozent länger, hatten also eine Lebenszeit von 959 Tagen.
Die größten lebensverlängernden Effekte zeigten sich bei den Mäusen, die

  • kalorienreduziert fraßen,
  • während ihrer natürlichen Aktivitätszeit – also nachts – Futter bekamen
  • und in Intervallen fasteten.

Dazu zählten die Mäuse der Gruppen drei und fünf. Die Tiere, die für zwölf Stunden fasteten, lebten durchschnittlich 1058 Tage, also 33,6 Prozent länger als die Tiere der Kontrollgruppe. Bei Gruppe drei, die 22 Stunden fastete, verlängerte sich das Leben auf 1068 Tage, also um 34,8 Prozent.

Auch der Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme spielt eine Rolle

Der Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme ist also ebenfalls für das verlängerte Leben verantwortlich. Die Forschenden konnten bei allen Mäusen, die kalorienreduziert ernährt wurden, einen ähnlichen Körperfettanteil und ein ähnliches Körpergewicht feststellen. Diese Punkte konnten also nicht der Grund für das längere Leben sein.

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Allerdings fanden die Forschenden heraus, dass der Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme Auswirkungen auf die Gene hat, die den Biorhythmus der Mäuse steuern. Genetisch bedingte Entzündungen im Alter konnten über das Fasten teilweise wieder ausgeglichen werden. Am effektivsten war dieser Ausgleich, wenn während der natürlichen Ruhephase gefastet wurde.

Der Zeitpunkt des Fütterns spielte auch eine Rolle bei der Lebensverlängerung.
Der Zeitpunkt des Fütterns spielte auch eine Rolle bei der Lebensverlängerung. © IMAGO / Westend61 | Unbekannt

Die Lebensverlängerung im Überblick

  • Lebensdauer: 792 Tage, 0 Prozent Lebensverlängerung, Kontrollgruppe, unbegrenzt Futter
  • Lebensdauer: 875 Tage, 10,5 Prozent Lebensverlängerung, kalorienreduzierte Diät, Fütterung gleichmäßig über 24 Stunden
  • Lebensdauer: 942 Tage, 18,9 Prozent Lebensverlängerung, kalorienreduzierte Diät, Fastenzeit: 12 Stunden, Fütterung über 12 Stunden, tagsüber (außerhalb der Aktivitätszeit)
  • Lebensdauer: 959 Tage, 21,1 Prozent Lebensverlängerung, kalorienreduzierte Diät, Fastenzeit 22 Stunden, Ration am Stück, Fütterung tagsüber (außerhalb der Aktivitätszeit), in zwei Stunden alles gefressen
  • Lebensdauer: 1058 Tage, 33,6 Prozent Lebensverlängerung, kalorienreduzierte Diät, Fastenzeit: 12 Stunden, Fütterung über 12 Stunden, nachtsüber (innerhalb der Aktivitätszeit)
  • Lebensdauer: 1068 Tage, 34,8 Prozent Lebensverlängerung, kalorienreduzierte Diät, Fastenzeit 22 Stunden, Ration am Stück, Fütterung nachtsüber (innerhalb der Aktivitätszeit), in zwei Stunden alles gefressen

Gesündere Mäuse – Gesündere Menschen?

Auf den Menschen übertragen würde das bedeuten: Wer tagsüber kalorienreduziert isst und während der Nacht – der natürlichen Ruhephase – fastet, erfährt die erfolgreichsten Resultate. Aber ob sich ähnliche Effekte auf den Menschen übertragen lassen, ist bisher noch unklar.

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Das sieht auch der Ernährungsexperte Dr. Matthias Riedl so. Er ist unter anderem aus der NDR-Sendung „Die Ernährungs-Docs“ bekannt. In seinem „Gesünder-leben-Podcast“ erklärte Riedl, die Studien seien noch uneinheitlich in der Aussage, was die Beurteilung, ob Intervallfasten wirke oder nicht, schwer mache. Dennoch bezeichnet er sich als „großen Fan von Intervallfasten“. In der Kombination mit gesundem Essen und artgerechter Ernährung habe es eine Wirkung. Zum Beispiel bei der Verbesserung und Verhinderung von Diabetes Typ 2. Das Fazit des Docs: „Ich kann das nur empfehlen.“

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